Die Eule - Niederrhein-Krimi
eingeholt?«
Karin bestellte sich eine kleine Eisportion und ein Extrahörnchen für Hannah, Maarten einen Amarenabecher. Kaum war die Bedienung verschwunden, fuhr er fort.
»Ich glaube, es gelingt lange Jahre, nicht dran zu denken. Das heißt nicht, dass sich nicht aus dem Erlebten resultierende Handlungen und Wünsche ergeben. Zwanghaftigkeiten, unerklärbare Verhaltensweisen, was weiß ich.«
Karin staunte über diesen logisch erarbeiteten Zusammenhang. »Ich werde am Montag unsere Psychologin mal fragen.«
Die Pausen, die Hannah zum Eisschlecken einlegte, waren kurz, das Wasser zog sie magisch an. Maarten strich ihr die verschwitzten Löckchen aus dem Gesicht, bevor sie wieder zum Brunnen wackelte.
»Wenn der Mann Diakon wurde, dann hat er vielleicht den Weg des Glaubens für seinen inneren Frieden gefunden.«
Karin ließ ihren Löffel sinken und starrte Maarten an. »Was sagst du da?«
»Na, ich glaube, dass für manche Menschen das Leben leichter wird durch den Glauben zu Gott. Da ist eine höhere, gerechte Instanz, eine Leitfigur zum Anlehnen, zum Verzeihen, zum Festhalten. Vielleicht ist er Diakon geworden, weil er genau dies gefunden hat.«
Karin schaute sich um, neigte sich zu Maarten und flüsterte ihm ihre Eingebung zu. »Es passt genau. Maarten, die zwei sind vielleicht sogar Geschwister.«
»Wer?«
»Na, die Garowske und der Diakon van Laak. Beide haben sich für den Glauben entschieden, der ihnen Halt gibt. Der eine in der anerkannten Kirche, und sie hat sich ein eigenes Netz gebaut, charismatisch, gradlinig. Strukturen, die sie selber braucht, hat sie für sich und andere als Regeln aufgestellt. Die könnten beide die Hölle durchgestanden haben. Morgen werden wir mehr wissen, und dann findet sich wahrscheinlich auch ein logischer Zusammenhang zu den Vorkommnissen der letzten acht Tage.«
Hannah würde nachher müde ins Bett plumpsen. Maarten beobachtete sie mit väterlichem Stolz. »Ach, ich habe uns beide übrigens für morgen bei Onkel Geerd angemeldet. Er ist entzückt und lässt dich schön grüßen.«
Karin blickte erst ihn, dann ihre Tochter an. »Morgen schon?«
»Ja, ich hätte im Moment wenig Ruhe, sie alleine in den Garten laufen zu lassen. Ich habe uns für zwei Wochen angemeldet, so lange braucht ihr doch eigentlich nie. Mit Moritz habe ich auch geredet, er wird heut schon zum Florian ziehen. Ich habe mit seiner Mutter telefoniert, sie ist einverstanden.«
Karin stocherte in ihrem Eis herum und schwieg.
»Und du wirst zu deiner Mutter ziehen.«
Jetzt blickte sie auf, als er ihre Augen gefährlich aufblitzen sah, wusste er um den Reizwert des angesprochenen Themas. Karin liebte ihre Mutter, nur konnte die Tochter die übermäßige Bemutterung schlecht ertragen und Johanna sich in ihrer Fürsorge nicht beherrschen.
»Genau das werde ich nicht machen. Ich werde mich nicht verkriechen. Ich kann schon auf mich aufpassen, vielen Dank für deine Fürsorge.«
»Es ist nur, weil ich dich nicht gern allein lasse in dieser undurchsichtigen Lage. Ich wüsste dich gerne in Sicherheit, meine Liebe. Versprich mir, dass du die Flucht ergreifst, wenn deine Sensoren Gefahr wittern, okay?«
Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Versprochen, aber ich werde es erst ausprobieren. Wenn es mir zu unheimlich wird, dann fahre ich freiwillig nach Bislich.«
Der kleine Junge mit dem Planschverbot hatte es doch noch einmal bis zum Brunnenrand geschafft und wurde, als er gerade die Hand ins Wasser tauchen wollte, von seiner Mutter zurückgeholt. Strenge Worte, Protesttränen, gestresste Eltern, ein nörgeliges Kind. Karin und Maarten schauten sich lächelnd an, während sich Hannah mit feuchten Ärmeln noch einen Happen Eis abholte.
* * *
Als sein Handy mit einem Rolling-Stones-Song rockig in die neue Offenheit mit Christiane hineinklingelte, verzog Gero von Aha das Gesicht. Sein unwilliger Ausdruck löste sich, als er den Anrufer erkannte.
»Ach, Mist, es ist schon Viertel nach sechs, stimmt, Herr Beißer, entschuldigen Sie, wir haben die Verabredung übersehen, ja, wir waren zu sehr mit den Ermittlungen beschäftigt. Ja, ich weiß, wie ich zum ›Übersee‹ komme, gut, wenn Sie die nötigen Unterlagen dabeihaben, ja, ich habe jemanden an der Seite, der mir den Weg zeigt. Ja, wir steigen sofort in die nächste Straßenbahn, ja, es sind nur zwei Haltestellen, ja, die Bahn fährt gerade vor. Ja, Sie können meiner Begleiterin vertrauen, kein Risiko.«
Er beendete das Gespräch und
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