Die Eule - Niederrhein-Krimi
Brüder und Schwestern, dies ebenfalls zu tun. Bittet um Vergebung für die verirrte Seele.«
Sie schien sich aufzurappeln, er hörte einen Schlüsselbund klimpern, dann versuchte sie, die Bürotür zu öffnen. Sollte er sich jetzt zu erkennen geben? Nein, der Ärger konnte noch warten, bis er einen ausgedehnten Blick in die Datei geworfen hatte. Draußen geschah nichts. Dann wurde Con anscheinend unruhig, ihre Stimme schallte durch das ganze Gebäude.
»Hallo? Ist da jemand?«
Sie hat die Bürotür geöffnet, dachte Burmeester. Die war nicht abgeschlossen. Er drückte sich an die Wand, während nebenan die Türen nacheinander aufflogen. Er hörte Con durch die umgestoßenen Stühle im Versammlungsraum gehen. Ihre Schritte kamen näher. Gleichzeitig klopfte es an der Eingangstür.
Die Tür zur Putzkammer öffnete sich einen Spalt, Con drehte sich um, ging zum Eingang. Während sie die Männer vom Sicherheitsdienst nach Auffälligkeiten befragte, schlüpfte Burmeester in den Materialraum, den sie schon durchsucht hatte. Dort hörte er, wie die Männer Con versicherten, alles sei wie immer gewesen, ob sie Hilfe bräuchte. Sie verneinte.
Jetzt gab es kein Zurück und kein Vorwärts, Burmeester saß in der Falle. Er verbarg sich hinter den Gewändern und wartete auf das Ende der Nacht.
* * *
13. Mai 2010
Bei ihrer ersten Begegnung auf dem Flur der Dienststelle dachte Karin Krafft, irgendetwas ist heute anders an dem neuen Kollegen. Gero von Aha schien ihr größer, straffer, richtig entspannt wirkte er, ein Lächeln lag auf seinem Gesicht, in dem ein Dreitagebart einen dunkelgrauen Schimmer auf die Wangen legte. Sie suchte nach einem kühlen Morgengruß noch die Parallele, die sich aufdrängte. Erst als Burmeester übermüdet und mit missgelaunten Gesichtszügen, die zu seinem grauen Outfit in Knautschoptik passten, ihren Weg kreuzte, fiel es ihr ein. Von Aha hatte etwas von Obamas » Yes we can «, strahlte grenzenlosen, kraftvollen Optimismus aus. Formvollendet höflich klopfte er an ihren Türrahmen.
»Ich habe das Puzzle zusammengefügt, ich werde Ihnen die Fakten gerne vorstellen. Dazu brauche ich nur den Beamer. Wir können ruhig hier in Ihrem Büro bleiben, die Wand hinter Ihnen reicht für die Projektion.«
Karin Kraffts Antwort war von der beiläufigen Bewegung begleitet, mit der man lästige Insekten verscheucht. »Kleine Lage ist um zehn im Besprechungsraum, wie immer.«
Gero von Aha trollte sich ernüchtert zu seiner Kaffeemaschine. Er protestierte nicht, seine Stunde würde noch kommen.
Nikolas Burmeester schlich wortlos zu seinem PC . Karin Krafft unternahm keinen weiteren Versuch kollegialer Kommunikation, die anderen trudelten kurz nacheinander ein. Burmeesters Bild des Elends saß in Karins Blickwinkel.
»Bist du gestern noch einem Biber mit Appetit auf gelbe Hosen begegnet, oder was hat dich angeknabbert?«
Er druckste herum, stöpselte einen USB -Stick ein und sah Karin lange wortlos an.
»Schlafmangel, ich bin erst spät ins Bett gekommen.«
»Hast du auf dem Weg nach Bislich einen Abstecher zum Kornmarkt gemacht? Irgendwann melden die einen Zweitwohnsitz für dich dort an.«
Unwillig schüttelte er den Kopf, öffnete gleichzeitig eine Datei auf seinem Rechner, klickte sich zu einer bestimmten Seite und aktivierte den Drucker.
»Guck dir mal an, was der Laserjet produziert. Lies es genau durch, bevor du irgendwas dazu sagst.«
Er sprach in Rätseln, Karin ging kopfschüttelnd zu dem leise schnurrenden Gerät, das zwei Seiten flott hintereinander ausspuckte. Sie nahm die Papiere, überflog sie zunächst oberflächlich, las auf dem Weg zu ihrem Schreibtisch, blieb stehen, ihre Gesichtszüge erstarrten, als sie die zweite Seite in Augenschein nahm. Sie machte kehrt und ging zu Burmeester. Die Hauptkommissarin hielt ihm die Blätter vor das Gesicht.
»Wo hast du das her?«
Instinktiv wich Burmeester ein Stück zurück. »Bitte, bleib ruhig, ich hoffe, die Tragweite der Informationen lässt diese Frage in den Hintergrund rücken. Du hattest recht mit deinen Vorsichtsmaßnahmen gegenüber der GdW. Sie haben bloß nicht gewirkt. Diese Leute sind schnell und zuverlässig im Überprüfen der Daten von Neuanmeldungen. Das ist eine Art Google live, die senden ältere Yogatanten zum Spitzeln aus, Verkäuferinnen, Angestellte der Stadt, Mitarbeiter von Pflegediensten. Ein Postbote ist auch fleißig dabei, Notizen über abweichende Gewohnheiten oder falsche Angaben zu machen. Du hältst das
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