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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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mussten sie in ärztliche Behandlung bringen.«
    Der Verurteilte stieß sich aus dem Kauersitz hoch und kam auf Augenhöhe mit seinem Aufpasser. Die Wut begann in ihm zu kochen, bellend ging er den Major an.
    »Ihr Schweine habt sie geopfert! Ihr tötet mich und macht Lilli kaputt. Ich habe sie doch immer beschützt, sie hätte mich nie verraten, wenn ihr sie nicht gezwungen hättet. Ihr habt sie in niederträchtige Spitzelei getrieben. Ihr habt sie benutzt ohne Rücksicht und Respekt, um euer verdammtes Exempel statuieren zu können.«
    Der unvermutet angegangene Major trat einen Schritt zurück, hob beschwichtigend die Hände. Wo war die Grenze zwischen unerträglicher Qual und letzter fairer Wahrheit gegenüber einem Todgeweihten? Er beschloss, dem Verurteilten nicht die ganze Illusion um die geliebte Tochter zu rauben.
    Er würde ihm nicht sagen, dass Lilli, die junge, unbescholtene Lilli, die Hand gierig ausgestreckt hatte, als die Stasi ihr viertausend Mark für ihre Dienste als Lockvogel für den eigenen Vater zusagte, wobei er selbst die erste Überweisung noch vor dem Todesurteil unterschrieben hatte.
    Er würde ihm nicht berichten, dass die »ideale Genossin« für die Auszeichnung mit einer Urkunde für »ehrenvolle Pflichterfüllung« vorgesehen war.
    Er würde ihm verschweigen, dass der Verlobte dieser Frau mit der von den Institutionen gerühmten großen »Treue zur Arbeiterklasse« kurz vor einer Beförderung stand.
    Alles für den Tod des Vaters.
    * * *
    Schritte entfernten sich von dem Gebäude. Burmeester bemerkte den kalten Schweiß auf seiner Stirn. Er musste schnell handeln, bevor die beiden dieses Gebäude erneut kontrollierten.
    Den Versammlungsraum hatte er entdeckt, eine Art Kammer mit Utensilien für rituelle Handlungen, Tücher erkannte er im dünnen Taschenlampenlicht, Gewänder, die auf einem rollbaren Kleiderständer hingen, gestapelte Stühle. Weiter. Es gab Toilettenräume, eine Abstellkammer mit Putzzeug, und es gab eine Tür, die sich nicht öffnen ließ. Kein Sicherheitsschloss, also reichte eine Drehung mit dem einfachen Dietrich, um sie zu öffnen.
    Burmeester befand sich in einem spartanisch eingerichteten Büro. Ein veraltetes Regal mit Broschüren und Büchern, ein Schreibtisch, ein angegilbter PC , mehrere Stühle längs der Wände, ein Telefon. Burmeester ging zielstrebig um den Tisch herum und startete den PC . Wenn es keine Aktenschränke gab, mussten die Informationen dort gespeichert sein. Die Startseite öffnete sich mit der Aufforderung, das Passwort einzugeben. Das bläuliche Licht, das den Raum unwirklich erhellte, musste durch die beiden länglichen Oberlichter nach außen dringen.
    Burmeester zog seine Jacke aus, verhüllte den Bildschirm, schlüpfte mit dem Kopf unter diese Hülle und begann zu tippen. »Gerechte der Welt«, kein Zugriff; »Con«, kein Zugriff. Sein Gehirn spulte die gesammelten Informationen über den Fall ab, vor seinem inneren Auge liefen die Berichte ab, sah er die Infowand, ein Wort nach dem anderen gab er ein, nichts. Langsam wurde es unerträglich heiß unter der Jacke, seine Augen brannten vor Anstrengung, keine zwanzig Zentimeter vom Bildschirm entfernt. Welchen Code würde diese Frau eingeben, den niemand aus dieser Weseler Gemeinschaft kennen konnte? Plötzlich wusste er es, mit souveräner Siegessicherheit gab er » STRICKER « ein. Bingo, der Desktop füllte sich mit Dateien. Burmeester überflog die Namen und entschied sich für »Mitglieder«.
    Eine Excel-Datei tat sich auf, alphabetisch geordnet, zu jedem Mitglied eine übersichtliche Liste von persönlichen Daten, Name, Adresse, Geburtsdatum, familiäre Bindung, Beruf. Alles simpel und unspektakulär, dachte er, bis ihm die roten Einträge auffielen. Da waren sie, die Informationen neben der Anmeldung. Mit den Namen der Informanten versehen, gab es eine Reihe von Einträgen wie beobachtete Treffen mit »erotischem Hintergrund«, den Besuch konventioneller Glaubenszentren, die Hinwendung zu Alkohol oder Drogen; der Besuch von Schwangerschaftskonfliktberatungen war ebenso vermerkt wie die Abschiebung der eigenen Eltern in ein Heim. Immer gab es eine lobende Erwähnung der Informationsquelle.
    Aufbau und Inhalt erinnerten an einen Spitzelbericht und an Geheimdienst. Burmeester traute seinen Augen nicht. Da schwingt das alte System aber tüchtig mit, dachte er, bevor ihm schwindlig wurde. Karin, dachte er, tippte den Buchstaben K ein, suchte sich durch bis zu Krafft, Karin. Diese

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