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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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schimmernden Stein enthielt. Der reichte vollauf, um etwas zu sehen.
    Was es zu sehen gab, war ein langer Gang. Wiesel grübelte nicht lange darüber nach, dazu kannte er sich auf Schiffen zu wenig aus. Der Gang musste irgendwo hinführen, und wenn er erst dort war, konnte er sich immer noch den nächsten Schritt überlegen. Mit schnellen, aber leisen Schritten eilte er weiter. Sein Ziel war die Kajüte des Kapitäns, die befand sich üblicherweise am Heck, also die ganze Länge des Schiffs entfernt. Die Fenster der Kapitänskajüte waren groß genug, dass er hindurchpasste, vorhin hatte er sogar gesehen, dass eines leicht geöffnet war und immer wieder anschlug, wenn das Schiff in den Wellen schwankte, aber Wiesel hatte solch offensichtlichen Einladungen schon immer misstraut.
    Hätte das Schiff eine Mannschaft besessen, die zur Größe des Kahns passte, wäre es sogar für ihn schwierig geworden, so aber behinderte ihn nichts. Tatsächlich passierte er einen niedrigen Raum, der wohl eine Mannschaftsunterkunft war, doch die Haken, an denen die Hängematten hätten befestigt sein sollen, waren leer, von einer Mannschaft keine Spur. Dafür lag ein seltsam scharfer und fast schon beißender Geruch in der Luft, den Wiesel nicht einordnen konnte. So etwas hatte er ganz sicher noch nie gerochen.
    Das erste Anzeichen dafür, dass das Schiff nicht völlig verlassen war, hörte er erst, als er schon das Heck erreicht hatte. Es war ein dumpfes Poltern, gefolgt von einem rauen Fluch und Gelächter von mindestens zwei weiteren männlichen Stimmen. Es kam aus einem Raum, der hier links vom Gang abging. Die Tür war geschlossen, aber was Wiesel aufmerken ließ, war die Kette, mit der die Tür verschlossen worden war… Jetzt baumelte sie lose von einem Haken herab. Ein Fass stand dort, auf dem Boden daneben lag ein Becher, der hin und her rollte, zusätzlich eine dickbäuchige Flasche und eines dieser schweren Messer, die Seeleute so gern bei sich trugen.
    Für Wiesel sah das so aus, als hätte man in dem Raum jemanden eingesperrt und bis vor kurzem bewacht. Die Vermutung stimmte wohl, denn…
    »Du kleines Biest, dir werde ich beibringen, mich so zu treten, du falsche Schlange!«, rief eine wütende Stimme. Es hätte bedrohlicher geklungen, hätte der Mann nicht zugleich auch schmerzhaft gestöhnt.
    »Lass es sein, Kisar. Es geht bald los. Und Hiras hat gesagt, wir sollen die Finger von ihr lassen«, sagte eine andere Stimme. Wie bei der Unterhaltung der beiden Nekromanten zuvor verstand Wiesel die Sprache gut genug, es klang wie eine Abart von Imperial, der Handelssprache des Alten Reichs, allerdings konnten einem beim Zuhören die Ohren bluten, so wie sie hier misshandelt wurde.
    »Hiras ist nicht da, und dem Drecksstück zeig ich’s noch«, hörte Wiesel und danach ein paar dumpfe Schläge, als ob jemand in einen Sack hauen würde. Einen Sack, der nach jedem Schlag pfeifend die Luft einsog.
    »Schluss jetzt«, sagte der andere. »Sie wird ohnehin bald mit dem Schiff absaufen. Und jetzt hör auf und komm mit, bevor ich richtig wütend werde.« Als die Tür sich öffnete, war Wiesel nicht mehr zu sehen, er hing zehn Schritte entfernt hinter einem Balken, der die niedrige Decke stützte. Das Licht einer Laterne fiel in den Gang unter ihm und warf lange Schatten. Wiesel hörte das Klirren einer Kette und dann schwere Schritte, die sich entfernten.
    Entermesser, Becher und Weinflasche hatten die Kerle mitgenommen, die Kette nicht, die war wieder zwischen Türrahmen und Tür geschlungen und verhakt. Einen Moment später war die Tür auf, und Wiesel schlich vorsichtig hindurch. Es war kein großer Raum, eher eine mit Säcken, Kisten und Fässern vollgestellte Kammer, und in der Mitte hing von einem Haken in der niedrigen Decke eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren, die eine ehemals kostbare, bestickte Robe aus Seide trug, jetzt war sie zerfetzt und mit Blut getränkt. Wiesel gelang es gerade noch, den zusammengebundenen Füßen auszuweichen, als die Frau sich in der Luft wand und nach ihm trat – und das, obwohl sie wie ein Paket verschnürt war.
    Mandelförmige Augen blitzten ihn im schwachen Licht seines Leuchtsteins an, und wenn sie nicht brutal mit einem Lederband und einer Kette geknebelt gewesen wäre, hätte sie wohl auch noch ein paar wenig freundliche Worte für ihn übrig gehabt.
    Für einen Moment stand Wiesel nur sprachlos da und schaute die Frau ungläubig an, dann schüttelte er überrascht den Kopf.
    Denn es

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