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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Wiesel selbst. Mit roten Haaren und grünen Katzenaugen. Sie trug ein Nachtgewand aus Seide und ein goldenes Armband, reich verziert und mit Diamantsplittern besetzt. Er ärgerte sich noch heute darüber, dass er es für ein paar Silberstücke versetzen musste. Vielleicht hätte das Armband später geholfen, herauszufinden, wer Sina war.
    Andererseits hatte es ihnen beiden geholfen zu überleben.
    Sina war um ein Vielfaches neugieriger und schlauer als er. Es dauerte eine Weile, bis er es einsah, aber ab dann war ihre Partnerschaft ein voller Erfolg. Bis Wiesel versuchte, einem gewissen Wirt den Beutel vom Gürtel zu schneiden und dieser viel zu schnell für einen Mann seiner Größe reagierte – und auch nicht losließ, als Sina auf ihn zugestürmt kam und ihm empört gegen die Schienbeine trat.
    Das war sieben Jahre später gewesen, und schon damals waren Wiesel und die Sandkatze, wie andere Diebe Sina respektvoll nannten, mehr als erfolgreich gewesen.
    Immerhin, dachte Wiesel, als er leichtfüßig zu der Mole eilte, wo das schwarze Schiff vertäut war, waren die folgenden zwei Jahre die besten seines Lebens gewesen.
    Aber dann musste Sina natürlich schnurstracks in den Eulenturm hineinspazieren. Nicht, dass es ihn überraschte, dass die Tür des Turms für sie offen stand. Irgendetwas an Sina war schon immer besonders gewesen. Warum sonst sollte jemand ein Kind im Hafen ersäufen wollen?
    Alles zusammen genommen, dachte er, als er sich in den Schatten einiger passend aufgestellter Kisten drückte, schuldete er es Istvan und Sina, das hier zu Ende zu bringen. Vor allem Sina, die nicht besonders erfreut darüber schien, dass er nichts Besseres mit seinem Leben anfing. Früher hatte sie zu ihm aufgesehen, jetzt wirkte sie immer besorgt, wenn sie ihm begegnete.
    Wenn er ehrlich war, dann war sie der Grund, weshalb er sich dieses Schiff jetzt vornahm. Vielleicht würde sie ihn dann auch mal wieder mit Respekt betrachten. Vielleicht, dachte Wiesel bitter grinsend, habe ich dann auch mal wieder selbst Respekt vor mir.
    Außerdem schuldete er ihr etwas dafür, dass sie ihn damals rausgehauen hatte. Auch wenn es ihn wurmte, dass er ihr hatte versprechen müssen, nie wieder in die Zitadelle einzubrechen.

 
    36
     
     
     
    So eine große Herausforderung war das schwarze Schiff gar nicht, dachte Wiesel. Nach wie vor befanden sich drei Wachen auf dem Deck, auf dem Vor- und Achterkastell und auf dem Hauptdeck jeweils eine. Während die Deckwachen auf den meisten Schiffen hier im Hafen dazu neigten, irgendwo träge vor sich hinzudösen, war es bei diesen anders. Wie Wiesel schnell herausfand, standen sie nicht still, sondern gingen auf und ab und wechselten auch untereinander ihre Positionen. Die Planke, die das Schiff am Tag mit der Mole verbunden hatte, war eingezogen, nur zwei dicke Taue spannten sich zwischen dem Schiff und den eisernen Pollern der Mole. Dicke Bündel aus altem, in Pech getränktem Tau hingen von der Mole halb ins Wasser, immer wieder trieb es das schwarze Schiff dagegen.
    Das Schiff war so schwer, dass es die Bündel fest zusammendrückte und das Wasser, das die alten Taue aufgesaugt hatten, in einem kleinen Sprühregen herausgepresst wurde. Zwischen Schiffswand und Mole zu fallen, konnte kein gutes Ende nehmen, also musste der erste Sprung gelingen… Als sich das Schiff das nächste Mal knarzend gegen die Mole stemmte, verschwendete Wiesel keine Zeit. Er rannte los, sprang hoch, Stiefel und Hände fanden Halt an dem dicken Tau am Bug, im nächsten Moment hing er unter dem Bugspriet und lauschte den Schritten des Wächters über ihm. Unter ihm gluckerte das Wasser, es war so dunkel, dass er es kaum sehen konnte, nur ab und an glitzerte das Mondlicht auf der Oberfläche. Wiesel brauchte nicht hinabzusehen, um zu wissen, wie viel Unrat dort trieb, Holzteile von Schiffen oder kaputte Kisten, Seile, vielleicht auch leere Fässer oder die eine oder andere Leiche.
    Die Schritte entfernten sich, und im nächsten Moment war er über die Reling gehechtet und kauerte im Schatten hinter zwei fest verzurrten Fässern. Er wartete auf eine günstige Gelegenheit und schlich sich zum nächsten Abgang. Die Luke quietschte etwas, als er durch den Spalt glitt, doch das wurde von den Geräuschen des Schiffs übertönt, als es sich an den Taurollen rieb.
    Hier unten war es dunkel wie in Soltars Reich, doch Wiesel war nicht unvorbereitet. Aus einer Tasche an seinem Gürtel zog er einen Beutel heraus, der einen grünlich

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