Die Eule von Askir
die mächtigen Kiefer, und diesmal war eine der Echsen nicht schnell genug, Luftblasen stiegen auf, ein Stück des linken Hinterbeins und des Schwanzes lösten sich blutend, und da war der Rest der Echse auch schon ganz und gar in dem mächtigen Maul verschwunden.
Rotes Blut zog Fahnen und Nebel dort unten. Gerade sank noch eine weitere Echse inmitten von Blut und Luftblasen langsam zum Grund des Hafens, noch immer zuckte sie und versuchte mit den Vorderklauen ein Bein zu halten, das ihr über dem Knie abgetrennt worden war. Noch eine Echse fiel dem Ungeheuer zum Opfer, dann wandte sich der Räuber gemächlich ab und schwamm aus dem Hafen hinaus, den tiefen Wassern entgegen.
Die überlebenden Echsen jedoch, es mochten knapp ein Dutzend sein, verschwanden in einer dunklen Toröffnung, die dort in eine steile Steinwand führte. Über dem Tor war im Fels das Relief eines Drachen eingemeißelt, der eine Schlange zu Boden drückte. Das kaiserliche Wappen, das sich überall in der Stadt finden ließ und auch die Flagge auf der Zitadelle schmückte.
»Wir haben ihr Versteck gefunden«, sagte ein anderer Soldat atemlos mitten in das Geraune hinein, das entstand, als die Soldaten sich aufrichteten und in die Welt oberhalb des Wassers zurückkehrten, eine Welt, in der solche Ungeheuer nichts zu suchen hatten.
»Noch etwas wissen wir«, fügte eine Feder, die das Ganze beobachtet hatte, hinzu. »Habt ihr gesehen, wie die Luftblasen aufstiegen? Keinem ist vorher aufgefallen, dass diese Echsen keine Kiemen haben. Sie atmen also Luft wie wir, aber sie können sie länger anhalten. Demnach muss ihr Versteck Luft für sie bereithalten.«
»Wie ist das möglich?«, fragte ein anderer Soldat. »Dieses alte Tor liegt gut fünfundzwanzig Schritte unter Wasser.«
»Das weiß ich nicht«, antwortete die Feder. »Ich wusste nicht einmal, dass es dort unten ein Tor gibt.«
Fefre sah ein letztes Mal hinab und beobachtete, wie die tote Echse langsam auf den Boden sank, während die Strömung sie in Richtung des Seetors trug. Sie hatten das Versteck der Echsen gefunden, aber was half es ihnen?
44
»Ich halte die Panik im Hafen für unangebracht«, sagte Admiral Jilmar gerade, als es an der Tür des Besprechungsraums klopfte. Er, Schwertobrist Kelter, Stabsobrist Orikes und der Kommandant standen um einen schweren Holztisch herum, auf dem eine Karte des Hafens ausgebreitet war.
Der Kommandant richtete sich auf. »Herein!«, rief er, ohne den Blick von der Karte zu nehmen.
Zwei Soldaten des Fünften Bullen hielten vor der großen Doppeltür Wache, und als sie den gedämpften Ruf vernahmen, zogen sie für die Maestra und Santer die Tür auf. Die Maestra trat ein, und als sie nichts weiter sagte, folgte Santer. Wenn es den hohen Herren nicht passte, dachte er, dann konnten sie ihn ja wieder hinausschicken.
»Gut, dass Ihr da seid, Maestra«, sagte der Kommandant ohne Umschweife. Er gönnte Santer nur einen kurzen Blick und wandte sich dann wieder der Karte zu. »Der Admiral hat uns bereits von dem Angriff auf die Hildfas Wacht berichtet, aber es schadet wohl nichts, wenn Ihr es kurz noch einmal zusammenfasst, Admiral.«
»Gern«, antwortete der drahtige Admiral und nickte ihnen freundlich zu. Ihn kannte Desina wohl auch, dachte Santer und verbarg ein Schmunzeln. Offensichtlich kannte sie eine Menge wichtiger Leute, aber Kelter gehörte wohl nicht dazu, denn der Mann musterte sie auffällig missbilligend.
»Kommandant, Admiral, Stabsobrist«, begrüßte sie die Runde, dann wandte sie sich dem Lanzenobristen zu. »Obrist.«
»Ihr kommt zu spät, Maestra«, sagte der kühl. Die Antwort schien sogar den Kommandanten zu überraschen, denn er sah stirnrunzelnd auf. Keralos war ein großer, grauhaariger Soldat in einer unauffälligen, schmucklosen, dunklen Robe. Ein Veteran, der offenbar nicht viel auf Prunk und die Zurschaustellung seiner Macht gab. Das war auch nicht nötig, denn er besaß eine natürliche Autorität, die ihn ganz von selbst zum Zentrum in diesem Raum machte.
»Tut mir leid, ich musste noch etwas Dringliches erledigen«, erklärte Desina mit einem freundlichen Lächeln. Santer hatte seine Zweifel, ob es so freundlich gemeint war, denn ihre Stimme trug einen kühlen Unterton. Der Obrist sah sie nur aus kalten grauen Augen an und nickte förmlich.
»Jetzt ist sie ja da, Kelter«, sagte der Kommandant knapp und gab dem Admiral ein Zeichen. »Können wir beginnen?«
Admiral Jilmar räusperte sich, und in
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