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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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die Spuren auf dem Boden und den größten der Steine, der den Weg ganz oben auf dem Trümmerhaufen versperrte. Dann stieg er über zwei der gefallenen Felsbrocken wie über eine Treppe herauf und zog an dem obersten Stein, bis er zur Seite wegschwang. Der Einsturz war gar keiner, sondern bloß eine Ablenkung, vielleicht schon so alt wie der Gang selbst. Er sah diese Vermutung bestätigt, als er auf der anderen Seite Treppenstufen vorfand. Er zog den ausgehöhlten Stein wieder hinter sich, lauschte in die Dunkelheit jenseits des Fackelscheins und ging dann beherzt weiter.
    Bald fand er die Treppe, die steil und eng in die Tiefen des Felsens hinabführte; das andere Ende war ein dunkles Loch.
    Die Stufen waren krumm und ausgetreten. Wenn man nicht auf seine Füße achtete, war es leicht möglich zu fallen. Je weiter er in die Tiefe stieg, desto feuchter wurde die Wand, und als er die kleine Kammer am Ende der Treppe erreichte, tropfte hier und da sogar Wasser von der Decke. Dutzende von Stalaktiten hatten sich gebildet.
    Die Tür, die hier weiterführte, war einst stabil gewesen, Eiche mit schweren Eisenbändern verstärkt, jetzt war sie nur noch ein Haufen aus moderndem Holz und verrostetem Metall.
    An der Wand befand sich das Relief des Drachen, an vielen Stellen war die Farbe schon abgeblättert, nur einige Schuppen glänzten noch golden, und ein Auge glühte in unheilvollem Rot. Ein Riss spaltete das Relief vom gehörnten Kopf bis zu der Klaue, die eine Schlange am Boden festhielt.
    Wieder hielt Wiesel inne, um zu lauschen. Jetzt hörte er in der Ferne Geräusche, ein Zischen und Schnattern, schabende Laute und eine weibliche Stimme. Langsam und vorsichtig ging er weiter, und als er einen Fackelschein bemerkte, löschte er seine eigene und löste seinen Glücksbringer in der Nackenscheide.
    Vor ihm sackte der Gang ab und wandte sich nach rechts. Einen guten Schritt weit war er nun nach unten und zur Seite versetzt, doch es gab Platz genug für Wiesel, die Stelle zu passieren. Ein vier Handspannen breiter Spalt trennte den Gang hier wie ein gewaltiger Axthieb, und der Geruch von Seewasser stieg unter ihm auf. Weit war der Meeresspiegel nicht mehr entfernt, also musste der Kaisersaal auch nahe sein.
    Dann erahnte er mehr, als dass er sie sah, im Dunkeln eine eingeschlagene Tür aus Messing, die schief in den Angeln hing. Ornamente verzierten den Türrahmen aus Stein. Die schwere Metalltür war verzogen und stand offen, der Spalt mehr als groß genug, um sich geräuschlos hindurchzuwinden, ohne die Tür zu berühren.
    Auf der anderen Seite richtete sich Wiesel auf und versuchte zu erkennen, was hier im Halbdunkel der großen Halle vor ihm lag.
    Vor allem… Echsen. Dutzende von Echsen, die im unsteten Licht der zwei Fackeln, die die große Halle mehr schlecht als recht erleuchteten, in sich zusammengerollt, zum Teil allein, zum Teil wie Ratten in einem großen Knäuel, auf dem Boden schliefen. In einer Ecke des Saals, links von dem Podest, auf dem einst der Thron gestanden hatte, befand sich ein großer Metallkäfig mit verrosteten Gitterstäben, aber noch immer stabil. Darin lagen ein halbes Dutzend Frauen und ein junger Mann. Auf die Entfernung konnte er sich nicht sicher sein, aber sie schienen ebenfalls zu schlafen.
    Am schlimmsten war der große Haufen blutiger Knochen und menschlicher Überreste am Fußende der Halle, wo aufgeschlagene Schädel von dem Schicksal kündeten, das den Gefangenen bevorstand. Gleich daneben erweckte ein fast hüfthoher Stapel aus Goldbarren, in der klassischen Schweineform gegossen, Wiesels Aufmerksamkeit und ließ ihn fast vergessen, weshalb er eigentlich hier war.
    Der Schatz der gesunkenen Letira Saran. Die Echsen mussten ihn gehoben haben. Einen Moment überlegte er sich, was man mit nur einem einzigen dieser goldenen Schweine anfangen könnte, dann rief er sich zu Ordnung.
    Langsam und lautlos glitt Wiesel zur Seite und suchte einen dunkleren Schatten, um sich darin zu verstecken. Wieder hörte er eine weibliche Stimme; sie kam aus einem Durchgang zu einem Nebenraum. Offenbar schliefen nicht alle Echsen, eine von ihnen kam gerade aus dem Raum heraus, geradewegs auf Wiesel zu, und marschierte in ihrer merkwürdigen Gangart knapp an ihm vorbei. Zum Aufatmen war es jedoch zu früh, denn die Echse blieb stehen, zog die Luft durch die Nüstern und nahm Witterung auf wie ein Hund.
    Schatten und Stein, dachte Wiesel. Schatten und Stein… ich bin nicht da, geh weg, du blödes Vieh! Zum

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