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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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ausrichten werde, dass er nur Ruhe braucht.«
    »Ich werde es ihm mitteilen«, meinte Tarkan mit schmerzenden Lippen und dem Pochen seines eigenen Herzschlags im Ohr. Der jüngere Meister nickte knapp, drehte sich auf dem Fuß um und verließ den Ruheraum, während Tarkan langsam ausatmete und versuchte, den Schock zu überwinden, den ihm der Mann namens Rolkar soeben versetzt hatte. Diesen Blick aus einem blauen und aus einem schwarzen Auge würde er nie wieder vergessen. So stellten sich die Varländer ganz gewiss ihren Göttervater vor.
    Ein Schmied mit pechschwarzen Haaren und grauen Schläfen, ein Auge blau, das andere dunkel wie die Nacht. Mit einem Mal wurde ihm das Bild klar, das Jenks vor seinem Tod benutzt hatte und über das er und Taride gerätselt hatten. Tarkan hatte soeben mit dem Mann gesprochen, der seine Königin ermorden ließ.

 
    61
     
     
     
    Als Wiesel das Torhaus der alten Seefeste erreichte, die hoch auf einem steilen Felsen über dem Hafen thronte, war er nur leicht außer Atem, obwohl er die ganze Strecke vom Haus der Kurtisane bis hierher gerannt war. Jetzt, als er vor der Ruine der Burg stand, erlaubte er sich einen Moment, um die alte Festung mit neuen Augen zu sehen. Obwohl hier oben auf dem kargen Felsen kaum etwas wachsen sollte, hatten sich Bäume und Sträucher den alten Bau zurückerobert. Über Jahrhunderte hinweg hatte der Wind Erde in die Ecken und Kanten geweht, nur der alte Trutzturm war bis auf einen tiefen Spalt in einer Seite intakt geblieben. Die östliche Mauer mit den Katapulttürmen und eine Ecke der großen Halle waren noch erkennbar, andere Wälle, der Graben und ein kleinerer Turm bildeten flache Hügel und waren unter den Pflanzen nur noch zu erahnen.
    Dennoch war der Pfad zur alten Feste hinauf gut ausgetreten. Für manche boten die Gemäuer noch immer Zuflucht in der Nacht, außerdem war es nicht ungewöhnlich, dass Liebespaare hier Abgeschiedenheit und Schutz vor allzu neugierigen Blicken suchten.
    Jetzt fragte sich Wiesel, ob es ein Zufall gewesen war, dass der Kammerdiener sich hier mit ihm hatte treffen wollen. Der Treffpunkt war dort vor dem Kamin der alten Halle gewesen, ein Kamin groß genug, um zeitgleich zwei Ochsen darin zu braten.
    Für ein geübtes Auge wie das von Wiesel war es sogar in der Nacht nicht schwer gewesen, die Kratzspuren in dem Jahrhunderte alten Ruß zu bemerken und zu erkennen, dass an dieser Stelle keine Flugerde angelagert war. Und es hatte auch nicht lange gedauert, den Mechanismus zu finden, der den Gang hinter dem Kamin öffnen würde.
    In der Nacht vor dem Mord an dem Diener war es dunkel gewesen, jetzt ging die Sonne gerade erst unter. Teile von Askir lagen schon im Schatten der hohen Mauern, aber hier oben war das Licht noch gut.
    Einen Moment zögerte Wiesel, dann legte er entschlossen den Hebel um, ein lautes Knirschen war zu hören, als ein Teil des Mauerwerks neben dem Kamin nach innen schwang. Breit war der Gang nicht, kaum mehr als zwei Schritte zwischen grob behauenem Stein, der Boden schien sogar aus dem Grundgestein gehauen zu sein, auf dem die Feste errichtet worden war.
    Wasserräder entlang des Ask trieben riesige Steinsägen an, die in wenigen Atemzügen den kaiserlichen Quader aus dem Stein schneiden konnten, zwei Fuß breit und hoch, fünf Fuß lang, ein Maß, das immer noch überall Verwendung fand.
    Auch die Bauweise hatte sich wenig geändert. Alte Gebäude schienen Wiesel auch heute noch nicht wirklich alt zu sein. Die meisten Gebäude in Askir schienen für die Ewigkeit gebaut. Der unbehauene Stein und der bröckelige Mörtel in dem Gang vor ihm behagten ihm hingegen gar nicht.
    Auf dem Weg hierher hatte er zwei Fackeln gestohlen, jetzt zündete er eine mit seiner Zunderbüchse an. Es dauerte etwas, bis der pechgetränkte Stoff Feuer fing. Mit erhobener Fackel betrat Wiesel den Gang, vier, fünf Schritte brachten ihn zu dem Einsturz, den er vor drei Nächten schon gefunden hatte. Vor den Steinen, die den Weg versperrten, erkannte er die Reste alter Lager, mehr als einmal hatte hier schon jemand einen sicheren Platz für die Nacht gesucht.
    Der Weg durch die alten Schächte, der Desina und ihn einst zur alten Kaiserhalle geführt hatte, war für einen Erwachsenen kaum passierbar, es musste einen anderen Weg geben. Das Modell hatte ihm einen Gang gezeigt, der im behauenen Fels steil nach unten führte. Die Frage war nur, ob es dieser Gang hier war.
    Sorgsam musterte Wiesel den Einsturz im Licht der Fackel,

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