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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Tarkan, es könnte ihr einfallen, Euch zu kompromittieren.«
    Die Art wie sie ihn ansah, sich bewegte, an ihm vorbeistrich, der volle leicht offene Mund, der Blick, der an ihm herabwanderte und länger als schicklich an seinem Schritt verharrte… Es war eine Einladung zu einem Tanz. Sie mochte jung sein, aber es schien ihm, als ob sie diesen Tanz besser beherrschte als manche Ältere.
    »Bitte, Baronet«, sagte sie und beugte sich vor, um ihm die Tür zu den Quartieren des Botschafters zu öffnen und gleichzeitig einen verführerischen Einblick in das Tal ihres Busens zu ermöglichen.
    »Danke, Sera«, sagte Tarkan in neutralem, aber höflichem Ton und trat ein. Er fühlte ihren Blick in seinem Rücken und verspürte Erleichterung, als sich die Tür mit einem leisen Klicken hinter ihm schloss.
    Nach dem unliebsamen Erwachen an diesem Morgen hatte sich Tarkan beeilt herauszufinden, was dem Diener geschehen war, hatte mit dem Feldscher und dem Priester gesprochen, die den Mann untersucht hatten, sogar einige Soldaten gefunden, die in der Nacht am Hafen Dienst getan hatten. Tarkan war der Meinung, das sein Bericht vollständig und präzise gewesen wäre. Und dennoch hatte der Graf ihn zu sich zitiert, kaum dass der Baronet den Bericht beim Sekretär des Grafen abgegeben hatte. Mit unfreundlichen Worten, wie ihm der Gardist, der Tarkan die Nachricht überbrachte, mit breitem Grinsen versicherte. Offenbar hatte der Mann, ein verdienter Veteran der königlichen Garde Aldanes, bereits etwas über den Baronet vernommen und ließ an seiner Verachtung dem jungen Stutzer gegenüber wenig Zweifel.
    »Ihr seid sehr jung, Baronet von Freise«, sagte Botschafter Graf Altins jetzt, ohne sich vom Fenster abzuwenden. »Euer Vater ist der Regent. Wahrscheinlich erwartet Ihr nun von mir, dass ich Euch besonders wohlwollend behandle. Das Gegenteil wird der Fall sein, denn ich erwarte, dass ein Mann für sich selbst steht und sich nicht hinter den Rockschößen seines Vaters versteckt.«
    »Das ist mir nur recht, Graf«, sagte Tarkan kühl.
    »So? Ist es das?«, meinte der Graf mit einem leicht spöttischen Unterton in der Stimme. Der Botschafter war ein stämmiger Mann Ende vierzig, mit eisgrauem Haar und den Muskeln und der aufrechten Haltung von jemandem, der den größten Teil seines Lebens in einer schweren Rüstung verbracht hatte. Während der Barbarenaufstände vor über zwanzig Jahren hatte er sich auf dem Schlachtfeld einen Namen gemacht. Er war noch unter Königin Elande als Botschafter nach Askir bestellt worden. Sie zumindest hatte dem Mann vertraut.
    Prinz Tamin, das wusste Tarkan, war sich nicht so sicher, ob der Graf noch immer der richtige Mann für diesen verantwortungsvollen Posten war.
    »Er ist sehr konservativ«, hatte der Prinz ihm vor knapp einer Woche anvertraut, als er Tarkan zu dem Schiff begleitete, das den jungen Adligen nach Askir bringen sollte. »Er ist neuen Ideen gegenüber nicht aufgeschlossen. Für ihn gilt, dass man Dinge so handhaben sollte, wie man sie schon immer gehandhabt hat. Er ist ausgesprochen stur. Abgesehen davon gilt er als zuverlässig und besitzt einen untadeligen Ruf, den er jedoch gerade mit seinem unberechenbaren Verhalten zerstört. Du wirst ihn kennenlernen, mein Freund.«
    Jetzt, als Botschafter des Königreichs Aldane, hatte der Graf seine Rüstung gegen schwere, mit Brokat verzierte Gewänder eingetauscht, und wenn sein Arbeitszimmer ein Anhaltspunkt dafür sein konnte, dann schien er dem guten Leben kaum abgeneigt. Im Verhältnis zu den Räumen des Grafen hier in Askir lebte Prinz Tamin in der Kronburg fast schon in schlichten Verhältnissen.
    Viel mehr als den Rücken des Grafen hatte Tarkan jetzt noch nicht zu Gesicht bekommen, denn bislang hatte es der Botschafter noch nicht für nötig befunden, Tarkan mehr Aufmerksamkeit zu schenken als den Geschehnissen auf der Straße vor der Botschaft.
    »Also, von Freise, Ihr seid demnach derjenige, der verhindern soll, dass dem Prinzen hier ein Missgeschick widerfährt. Fehlt es Euch dafür nicht ein wenig an Erfahrung?«
    »Das ist wahr«, antwortete Tarkan. »Aber man sagt mir nach, ich besäße ein gewisses Talent in solchen Dingen.«
    »So, sagt man das? Nun, ich will hoffen, dass man sich nicht in Euch täuscht«, meinte der Botschafter und wandte sich endlich dem jungen Adligen zu.
    Die tiefen Falten an Nasenflügel, Kinn und Augen ließen Tarkan vermuten, dass der Botschafter die Last seines Amtes durchaus spürte. Seine Haut

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