Die Eule von Askir
von Interesse wäre.« Der Graf fuhr sich mit der Hand über die Haare und lehnte sich in seinem schweren Stuhl zurück, während er Tarkan nachdenklich ansah. »Seht es so: Wir nehmen ihm die Arbeit ab, uns im Einzelnen zu unterrichten.« Sein klares Auge funkelte, als er weitersprach. »Ihr seid zu jung, und es mangelt Euch an der nötigen Reife, mit solchen Dingen verantwortlich umzugehen, von Freise. Ich habe meinen Protest gegen diese Entscheidung des Prinzen schriftlich festgehalten und habe sie bereits dem Prinzen mit der letzten Depesche zukommen lassen.«
»Ihr kennt mich nicht, Graf Altins«, sagte Tarkan mit ruhiger Stimme, obwohl es ihm schwer fiel, seinen Ärger zu verbergen. »Dennoch scheint Ihr auf Eurer schlechten Meinung über mich beharren zu wollen. Wollt Ihr mir nicht die Gelegenheit geben, Euch zu zeigen, dass Ihr Euch in mir täuscht?«
Der Botschafter stieß ein kurzes bellendes Lachen aus. »O doch, Baronet, die Gelegenheit werdet Ihr überreichlich erhalten! Aber ich kenne solche jungen Hengste wie Euch, und es wäre eine Überraschung, sollte ich mich täuschen.« Er beugte sich etwas vor. »Jetzt wisst Ihr, was ich von Euch denke und von der hanebüchenen Idee, das Leben des Prinzen in solch unreife Hände zu legen. Dennoch, oder genau deshalb, werde ich Euch jede Unterstützung zukommen lassen, die Ihr nur brauchen könnt. Zögert nicht, mich anzusprechen, und sei es mitten in der Nacht. Denkt nicht, dass eine Kleinigkeit zu klein wäre, um sie zu erwähnen. Kurz, ich werde mein Möglichstes tun, um dafür zu sorgen, dass Ihr die allerbesten Voraussetzungen erhaltet, das Leben unseres Prinzen zu schützen. Und wenn Ihr versagt, Baronet, werde ich ebenfalls mein Möglichstes tun, Euch zur Rechenschaft zu ziehen.«
»Gut«, sagte Tarkan. »Dann werdet Ihr mir sicher sagen können, welchen Umgang Euer Diener außerhalb der Botschaft pflegte.«
Der Botschafter sah ihn überrascht an und lachte dann. »Sicher kann ich Euch das sagen, von Freise! Ich habe ja sonst nichts zu tun gehabt, als meinem Diener nachzustellen und ihn auszuspionieren. Fragt andere im Haus, ich kann Euch nur sagen, dass er ein Interesse an den Künsten hatte. Da gibt es diese Bardin, um die hier so viel Aufhebens gemacht wird. Er schlug vor, sie für den Botschaftsball einzuladen, damit sie unseren Gästen aufspielt, und mir kam es so vor, als hätte er Interesse an ihr gehabt. Fragt sie. Er ist wie ein Hund hinter ihr herscharwenzelt.«
»Wisst Ihr sonst noch etwas? Wie diese Bardin heißt, vielleicht?«, fragte Tarkan und war fast schon erstaunt darüber, wie ruhig seine Stimme klang.
»Taride oder so ähnlich. Wenn ich sonst noch etwas wüsste, würde ich es Euch mitteilen, von Freise«, knurrte der Botschafter. »Ich denke, weiter haben wir uns nichts zu sagen, Baronet. Guten Tag.«
»Die Götter mit Euch«, erwiderte Tarkan, verbeugte sich knapp, machte auf dem Absatz kehrt und verließ mit kerzengeradem Rücken das Quartier des Botschafters. Ein königlicher Gardist stand an der Tür und wollte sie hinter ihm schließen, doch Tarkan zog die Tür selbst betont sorgfältig ins Schloss.
Der Gardist sah den jungen Adligen unbeteiligt an, er musste die gesamte Tirade des Botschafters gehört haben, doch nichts davon zeigte sich in der Miene des Mannes. Tarkan warf ihm einen Blick zu, straffte seine Schultern und ging gemessenen Schritts den Gang entlang. Sein eigenes Quartier lag am Ende, nahe der Treppe, die zur privaten Zimmerflucht des Botschafters führte. Er öffnete die Tür zu seinen Räumen, zog sie übertrieben sanft hinter sich zu und lehnte sich dann gegen das Türblatt, während er versuchte, sich zu beruhigen.
Er konnte sich kaum erinnern, in den letzten Jahren so wütend gewesen zu sein. Auf jeden Fall konnte man dem Botschafter nicht vorwerfen, mit seiner Meinung hinter dem Berg zu halten.
Wenn dies die Art von Diplomatie war, die der Graf pflegte, dann war es ein Wunder, dass Aldane nicht mit allen anderen Reichen im Krieg stand.
Tarkan trat an den Spiegel heran und musterte sich im Glas. Er war zwei Dutzend und zwei Jahre alt. War das wirklich zu jung für diese Aufgabe? Prinz Tamin war nur knapp drei Monate älter als er, und bald würde er die Verantwortung für das zweitgrößte Königreich der sieben Reiche übernehmen. Und er, Tarkan, trug die Verantwortung dafür, dass der Prinz seinen Aufenthalt in Askir überlebte. Er hoffte nur, dass er der Aufgabe auch gewachsen war.
Mit einem
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