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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Stück, das Santer nun bewundernd in seiner Hand hielt. Danach wurde der Stahl geätzt, und es ergab sich ein fließendes, gekräuseltes Muster auf der Oberfläche, das Wahrzeichen der Bessareiner Schwertschmiedekunst. Ein solcher Stahl brach extrem selten, was mit ein Grund für seine Beliebtheit war. Die fünfhundert Mal nahm Santer dem Händler nicht ab, der ihm versicherte, dass er es seinen drei Frauen und vierzehn Kindern schuldig sei, auch in fernen unfreundlichen Landen seinem Ruf als ehrlicher Händler Ehre zu machen. Aber gut zwei Dutzend Mal mochten es schon gewesen sein. Der Stahl war gut, und die Klinge lag perfekt in Santers Hand.
    Die zwei Gold, die der Händler am Anfang forderte, waren natürlich nur Wunschdenken, letztlich trennte sich Santer nur von einem seiner schwer erarbeiteten Goldstücke und zwei Silberstücken – ein Geschäft, das letztlich auch den Händler zu befriedigen schien, auch wenn der beteuerte, dass es ihn ruinieren würde.
    Santer verstaute gerade sein neu erworbenes Schmuckstück, als er sah, wie einer der Diebe einen jungen Mann in vornehmem schwarzem Leder geschickt um seinen Beutel erleichterte. Die meisten hätten es nicht gesehen, doch Santer hatte lange genug hier im Hafen Dienst getan, um zu wissen, woran man einen Dieb erkannte.
    Er ignorierte den Dieb, der an ihm vorbeirannte, aber er streckte einen langen Arm aus und fischte ein junges, abgerissen aussehendes Mädchen aus der Menge, bevor es sich hinter einer der Buden aus dem Staub machen konnte.
    Sie erkannte seine Uniform, spürte die Hand, die ihren abgemagerten Oberarm wie in einem Schraubstock hielt, und ergab sich ihrem Schicksal. Sie sah ihn nur mit großen, tränenfeuchten Augen und zitternder Unterlippe an.
    »Gib ihn her«, sagte Santer nicht unfreundlich und streckte seine freie Hand aus. Das Mädchen zögerte nur kurz und ließ den Beutel in seine Hand fallen.
    Die Schwere des Beutels überraschte sogar Santer, vor allem hatte er noch nie einen Geldbeutel gesehen, der so reich bestickt war und geradezu danach schrie, gestohlen zu werden.
    »Wie heißt du?«, fragte Santer, während er unter seinem Umhang einen Kupfergroschen hervorholte.
    »Serin«, antwortete das Mädchen schicksalsergeben. Sie wusste, was ihr bevorstand. Wenn es das erste Mal war, würde man nur ihr linkes Ohr schlitzen.
    »Kennst du die Gebrochene Klinge?«, fragte Santer. Das Mädchen nickte zögernd. Kein Wunder, hier im Hafen kannte fast jeder Istvans Gasthof. Santer hielt den Groschen hoch. »Der hier gehört dir. Aber nur, wenn du mir bei Boron versprichst, zu Istvan zu gehen und ihn zu fragen, ob er Arbeit für dich hat.« Er schüttelte ihren dürren Körper leicht. »Hast du verstanden?«
    Sie nickte. »Ja, Ser, Stabsleutnant, Ser!«, gab sie mit zitternder Stimme zurück.
    Santer verbarg ein Lächeln, offensichtlich war sie schon länger im Geschäft, wenn sie seine Rangabzeichen so gut lesen konnte.
    »Wirst du hingehen?«
    Das Mädchen nickte verzweifelt. »Ja, Ser, ich schwöre es Euch bei Boron!«
    »Na, dann geh«, sagte Santer und drückte ihr den Kupfergroschen in die schmutzige Hand.
    Sie sah ihn noch einmal aus großen Augen an, als ob sie ihr Glück nicht fassen konnte, und rannte dann davon, das Kupferstück fest umklammert.
    Santer schaute ihr nach, dann drehte er sich langsam um und sah in die strahlend blauen Augen eines gut gekleideten Aldaners, der ebenfalls dorthin sah, wo die junge Diebin eben verschwunden war. Anschließend wandte der sich Santer zu.
    »Täusche ich mich, oder habt Ihr eben gerade den Dieb gehen lassen, der mich um meinen Beutel erleichtert hat? Müsstet Ihr ihn nicht festhalten und auspeitschen, oder so etwas?«
    »Ah«, entgegnete Santer. »Habt Ihr es also doch bemerkt.«
    »Etwas zu spät, zugegeben«, antwortete der Aldaner mit einem schiefen Lächeln. »Ich dachte allerdings, es wäre ein Junge gewesen. Sie ist nicht mal in meine Nähe gekommen.«
    »Nein, er hat ihn weitergegeben, kaum dass er ihn hatte. Er rennt weg, und jemand anders verdrückt sich mit der Beute.« Santer lächelte. »Nur kam diesmal etwas dazwischen.«
    »Habt Ihr sie deshalb laufen lassen?«
    »Ja. Hier. Ich glaube, das gehört Euch.« Santer griff unter sein Wams, holte den Beutel hervor und hielt ihn dem Adligen hin.
    »Danke«, sagte der und wog den Beutel nachdenklich in seiner Hand. »Ich glaube nicht, dass ich nachzählen muss, oder?«
    »Ihr könnt es tun«, meinte Santer. »Es würde mich nur ein wenig

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