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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Haarpracht bereits wieder entwichen war. Sie hatte ein Gesicht wie eine Katze, dachte Santer fasziniert. Ein spitzes Kinn, ein voller Mund mit überraschend roten Lippen, die bleiche Haut, die Rothaarige so oft besaßen, Sommersprossen, eine neugierige Nase, weite markante Augenbrauen, pechschwarz und im deutlichen Kontrast zu ihren grünen Augen, die zusammen mit den hohen Wangenknochen die Ähnlichkeit zu einer Katze noch verstärkten.
    »Warum?«, fragte sie und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
    Er fühlte sich ertappt. Ohne es zu bemerken, hatte er sie angestarrt wie ein Tempeljunge. Außerdem war ihre Stimme überraschend. Es war eine samtene, rauchige Stimme. Götter, dachte Santer amüsiert, er mochte wetten, dass sie den Soldaten hier Lanzenweise den Kopf verdrehte. Er meinte, ihre Stimme schon einmal gehört zu haben. Irgendwo regte sich eine alte Erinnerung, vielleicht kannte er sie doch, es hatte da mal ein kleines Mädchen gegeben…
    »Ich möchte ein Frühstück zu mir nehmen, wenn es Euch beliebt. Zudem mag ich Licht, die frische Luft und Euren Anblick«, antwortete Santer mit einem freundlichen Lächeln. »Aber wenn es Euch stört, ziehe ich mich an einen der anderen dunklen, muffigen Tische zurück und bewundere Euch aus der Entfernung.«
    Die junge Frau blinzelte, dann lächelte sie und zeigte eine Reihe ebenmäßiger weißer Zähne.
    »Also nehmt Platz, Stabsleutnant«, sagte sie dann, anscheinend selbst amüsiert, »und erzählt mir, ob Ihr auf diese Art schon viele Herzen gebrochen habt.«
    Santer lachte leise und zog sich einen Stuhl heran. »Ich dachte eben, als ich Euch sah, dass Ihr den jungen Burschen in der Zitadelle reihenweise den Kopf verdrehen müsst. Jetzt denke ich, dass Ihr schon zu oft belagert wurdet.«
    Sie neigte den Kopf leicht, und ihre Augen funkelten, als sie ihn musterte. Santer wusste, was sie sah. Er war beileibe keine Schönheit. Zu groß, zu kantig. Kurze, dreckig blonde Haare, eine Nase, die einmal zu viel gebrochen worden war, ein Kinn, das selbst seine Mutter einmal mit einem Granitblock verglichen hatte. Zurzeit kam noch ein geschwollenes Auge hinzu, das wahrscheinlich anfing, in allen Farben zu schimmern, und ein paar andere Blessuren, die er sich gestern Abend bei der kleinen Auseinandersetzung mit den Bullen zugezogen hatte. Eigentlich ein Wunder, dachte er, dass sie nicht schreiend davonrannte. Für ihn sprach nur, dass er frisch gewaschen und rasiert war und eine nagelneue Uniform trug.
    Sie stellte die Tasse ab, legte ihre Hände auf den Tisch und sah ihn neugierig aus diesen Katzenaugen an. »Schreckt Euch das ab, oder spornt es Euch an?«, fragte sie, ohne den leicht amüsierten Blick von ihm zu wenden.
    »Weder noch«, entgegnete Santer. »Ich hoffe auf das Herz einer anderen.«
    »In jedem Hafen eins?«, fragte sie.
    »Mitnichten. Das ist eine böswillige Unterstellung. Jede Frau sollte wissen, dass eine Seeschlange im Grunde ein treues Tier ist.« Santer grinste. Das Geplänkel bereitete ihm unverhoffte Freude. Die junge Schankmagd erschien und sah ihn fragend an.
    »Dasselbe wie die junge Sera«, teilte Santer ihr mit. Sie nickte und entschwand so unauffällig, wie sie gekommen war.
    »Jetzt habt Ihr mich enttäuscht«, sagte die junge Frau. »Es ist seltsam, aber ich glaube Euch. Ihr tragt nicht diesen Blick in Euren Augen.«
    »Wirklich enttäuscht?«, fragte Santer schmunzelnd.
    »Nein«, antwortete sie lächelnd. »Ich bin erleichtert. Ich habe weder Lust, belagert zu werden, noch einen Ansturm zu erleben.« Ihre Augen musterten ihn neugierig. »Sind alle Seeschlangen so direkt?«
    »Ich fürchte, ja. Ich denke, es liegt wohl daran, dass man manchmal nicht allzu lange in einem Hafen ist. Man lernt, entweder direkt zum Ziel zu kommen oder es sein zu lassen«, sagte er. »Ich habe mir einfach angewöhnt, das zu sagen, was ich denke. Entweder gefällt es oder eben nicht. So oder so sehe ich nicht ein, mich zu verstellen.«
    »Sagt Ihr denn immer die Wahrheit?«
    »So gut es geht. Manchmal ist es nicht ratsam. Meist scheint es mir jedoch der bessere Weg.« Er seufzte. »Diplomatie dürft Ihr nicht von mir erwarten. Ich ecke zu oft an.«
    Die Schankmagd kam heran und stellte einen dampfenden Becher Kafje vor ihn sowie eine Holzscheibe mit reichlich Brot, Käse, gekochten Eiern und einem Tiegel Butter. Ein gutes, solides Frühstück, genug sogar für ihn. Vorsichtig nahm er einen Schluck von dem Kafje, der erstaunlich gut war.
    Sie musterte ihn

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