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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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nachdenklich. »Ich wünschte, mehr Männer wären so«, sagte sie dann. »Ich finde es ermüdend, immer hinter Worten die wahre Bedeutung erraten zu müssen. Ich kann einen Mann wie Euch gebrauchen.«
    Santer verschluckte sich und fing an zu husten. Nur mit Mühe kam er wieder zu Atem, wischte sich die Tränen aus den Augen und sah sie fassungslos an. »Nun«, sagte er dann mit rauer Stimme. »Das war direkt. Aber ich muss ablehnen. Auch wenn ich mich geschmeichelt fühle.«
    Einen Moment sah sie ihn überrascht an, dann wurde sie zu seiner Überraschung rot.
    »O Götter«, rief sie dann. »So war das nicht gemeint!«
    »Wie dann?«, fragte er neugierig, während er fasziniert zusah, wie ihr die Röte weiter ins Gesicht stieg.
    »Ich arbeite in der Zitadelle. Und oft habe ich das Gefühl, dass man mir nicht alles sagt oder falsche Rücksicht auf mich nimmt. So meinte ich das. Ich könnte jemanden gebrauchen, der ehrlich zu mir ist und mir nicht Honig um den Mund schmiert.«
    »Das«, meinte Santer, »ist wohl das Los einer schönen Frau. Ständig bekommt sie unverdiente Komplimente.«
    »Unverdient?« Sie lachte leise und schüttelte den Kopf. »Nun gut. Mein Name ist Desina, wie ist der Eure?« Wieder sah sie ihn so an, als ob sie auf etwas warten würde.
    »Sterin Santer«, antwortete er und lachte ebenfalls.
    »Nun, was führt Euch hierher?«, fragte sie.
    »Ich wurde in die Zitadelle versetzt und muss mich bis zur Mittagsglocke dort melden. Doch vorher dachte ich noch zu frühstücken.« Er seufzte und nahm einen Schluck Kafje. »Es ist ohnehin kein besonders guter Neuanfang. Aber in der Hinsicht geht es immer schief bei mir.«
    »Neuanfang? Wieso das?«
    »Ich wurde von den Seeschlangen zu den Eulen versetzt. Ich soll dort wohl das Kindermädchen für die Maestra spielen.«
    Ihre Augen weiteten sich überrascht.
    Santer nickte. »Ja, ich war auch überrascht. Ehrlich gesagt, ich bin froh, dass es wieder eine Eule gibt. Es gab zu lange keine. Die Maestra vom Turm braucht einen Adjutanten. Und genau das ist der Posten, den ich heute Mittag antreten soll.«
    »Also seid Ihr ein Offizier, der seinen neuen Posten nur widerwillig antritt? Der meint, der Posten eines Adjutanten bei der Maestra vom Turm wäre dem eines Kindermädchens gleichzusetzen? Ich kann Euch sagen, Santer, dass die Maestra sehr wohl auf sich selbst aufpassen kann und kein Kindermädchen braucht.«
    »Es war nur eine Redensart«, sagte Santer und hob beschwichtigend die Hand. »Ich wollte damit niemandem zu nahe treten. Warum reagiert Ihr so empört? Kennt Ihr sie?«
    Sie sah ihn noch immer ungläubig an. »Sehr gut sogar.«
    »Ich wollte niemanden beleidigen«, antwortete Santer etwas ungehalten.
    »Ihr habt mich tatsächlich nicht erkannt?«
    Santer sah sie an, blinzelte zweimal und ließ sich dann wieder in den Stuhl sinken.
    »O verdammt«, sagte er mit einem flehenden Unterton in der Stimme. »Bitte, bei den Göttern, sagt mir nicht, dass Ihr die Eule seid!«
    »So schlimm ist es doch gar nicht, Santer.« Desina lachte.
    »Ich habe Euch wahrhaftig nicht erkannt, Maestra«, gestand er und schüttelte den Kopf. »Es war dunkel am Hafen, ich sah nur die Robe, Euer Kinn und Euren Mund. Ohne die Robe gibt es mehr von Euch zu sehen.« Das rote Haar und die grünen Augen zum Beispiel, dachte Santer. Beide konnte man wohl kaum so schnell vergessen.
    »Wollt Ihr damit andeuten, ich wäre zu beleibt?«, fragte sie mit funkelnden Augen.
    »Götter!«, stöhnte Santer, und sie lachte.
    »Sagt, Stabsleutnant, seid Ihr immer so leicht auf dem Arm zu nehmen?«
    Er blinzelte und schüttelte den Kopf. »Nur wenn ich erwarte, einer altehrwürdigen Eule gegenüberzusitzen, einer erhabenen Gestalt, die mit einer Geste das Firmament zum Wanken bringt…«
    »Ich bin weder alt noch ehrwürdig, und das Firmament zeigte sich bislang recht unbeeindruckt von mir«, meinte sie. »Aber ich muss mich bei Euch entschuldigen, Santer. Ich dachte, Ihr spielt ein Spiel mit mir, und ich ging darauf ein. Spätestens als ich meinen Namen nannte, dachte ich, dass Ihr wissen müsstet, wer vor Euch sitzt.«
    Santer schüttelte den Kopf. »Ich bin fürchterlich schlecht mit Namen«, gestand er dann.
    Sie grinste breit. »Also flirtet Ihr mit allen Frauen so?«, fragte sie und wickelte sich scheinbar nachlässig eine lange, feuerrote Haarsträhne um einen Finger, während sie einen leichten Schmollmund zog.
    Er sah sie strafend an. »Macht so weiter, Maestra, und ich fange wieder an

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