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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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bunten Ständen der Händler drängten, waren sie nicht schwer zu finden. Da standen sie und taten beide so, als ob sie sich für anderes interessierten. Nein, die waren es nicht.
    Sein Blick schweifte weiter und blieb an einer Sänfte hängen. In anderen Teilen der Stadt war es möglich, durch die Größe der Stadt auch notwendig, sich zu Pferd oder mit der Droschke zu bewegen. Zwar waren die Straßen, die zum Hafen führten, breiter als die Straßen, die in einem sternförmigen Muster die äußeren Bezirke der Stadt mit dem Zentrum und der Zitadelle verbanden, doch der Warenverkehr hier am Hafen war so dicht, dass die Lastkarren und schweren Ochsenwagen jedes Vorankommen erschwerten. Es war schneller und vernünftiger, zu Fuß zu gehen. Es hieß, es gebe zwei Orte, die auch der Kaiser zu Fuß betrat, das gewisse Örtchen und den Hafen. Wollte man nicht zu Fuß gehen, ließ das Gedränge am Hafen nur eine Sänfte als Transportmittel zu. Und dennoch war es ungewöhnlich, eine hier zu sehen.
    Diese war zudem ein Blickfang. Allein schon die acht Sänftenträger waren ein exotischer Anblick. Muskulös und breit gebaut, ähnelten sie sich auf dem ersten Blick wie ein Ei dem anderen. Ihre nackten Oberkörper glänzten wie eingeölt, Brust, Gesichter und Köpfe der Männer waren glattrasiert, bis auf einen schwarzen Zopf, der sorgfältig geflochten fast bis auf den Boden reichte und von goldenen Bändern eingefasst war.
    Sie trugen schwarze Pantalons und eine Art Lendenschurz aus Seide, der ihnen fast bis zum Knie ging, in Rot und Gold und Silber war dort ein springender Tiger eingestickt. Die weichen Lederstiefel waren mit goldenen Schnüren um die kräftigen Waden gebunden, und die Sohlen der Stiefel teilten sich zwischen dem großen Fußzeh und den anderen. Sie waren keine Sklaven, sondern Krieger, jeder von ihnen trug an seiner Hüfte zwei schlanke Messer oder fast schon Kurzschwerter, die in lackierten und verzierten Holzscheiden hinter den Schärpen staken, die den Männern als Gürtel dienten. Stählerne, ebenfalls reichverzierte Ringe und Manschetten zierten die muskulösen Arme der Sänftenträger und boten zugleich Schutz im Kampf. Ihre dunklen Augen drohten jedem, der es wagte, näher als zwei Schritte an die Sänfte heranzutreten.
    Das hölzerne Gestell der Sänfte war aus prächtig lackiertem Rosenholz gefertigt, reich mit Elfenbein eingelegt, der Aufbau mit feinster roter Seide verschlossen.
    Wiesel war nicht der Einzige, der den exotischen Anblick bewunderte, diese Sänfte war selbst für Askir ein ungewohnter Anblick.
    So sicher war Wiesel in Geografie nicht, doch er wusste, dass das Reich Xiang tief unten im Südosten lag. Untiefen, stürmische Meere, die Piraten der Feuerinsel und vor allem die gefährlichen Wasser der Krakensee erschwerten den Handel über See, sodass der Handelsweg nach Xiang über Land verlief. Es hieß, es wären viertausend Meilen über schneebedeckte Berge, durch brennende Wüsten und mitten durch das Gebiet der Barbaren, die jeder der kostbaren Seidenballen hinter sich brachte, die oben im Weichmarkt für ein Vielfaches ihres Gewichts in Gold verkauft wurden. War ein Mann mutig und verrückt genug und zudem bereit, sich auf eine Jahre dauernde gefährliche Reise zu begeben, konnte er gutes Gold verdienen, wenn er sich den Handelskarawanen nach Xiang anschloss.
    Seit den Tagen des Ewigen Herrschers unterhielt dieses ferne Kaiserreich eine prächtige Botschaft auf dem Zitadellenhügel, eine exotisch anmutende Festung mit hohen Zinnen und geschwungenen, kupferbelegten Dächern, deren Konstruktion sie wie die Haut eines goldenen Drachen aussehen ließen.
    Auch die Menschen aus Xiang waren für sich schon ungewöhnlich. Meist wirkten ihre Gesichter seltsam breit, die Nasen flacher als gewohnt, vor allem aber die Augen irritierten, denn sie schienen schmaler mit ihrer ausgeprägten Lidfalte. Eine goldene Hautfarbe und pechschwarze Haare schienen üblich, jedenfalls konnte sich Wiesel nicht erinnern, jemals jemanden aus dem fernen Reich gesehen zu haben, der nicht über goldene Haut und schwarze Haare verfügte. Viele Gerüchte rankten sich um dieses Reich. Dort, so hieß es, wären die Straßen mit Gold gepflastert, die Frauen zierlich, anschmiegsam und die schönsten der Welt. Es hieß aber auch, dass die Männer entschlossene Kämpfer wären, die bis zum Letzten gehen würden, um die Ehre ihrer Frauen zu verteidigen.
    Ob die Frauen so schön waren, wie es hieß, war etwas, das man

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