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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Rudel Terrier gestellt wurde.
    Diesmal waren nur zwanzig Ruder besetzt, und im flachen Frontkastell, wo die Bailiste entfernt worden war, machten sich vier Taucher bereit und schmierten sich großzügig mit Schweinefett ein. Es war ja gerade erst Frühling, und das Wasser im Hafen empfindlich kalt.
    Zusammen mit Schwertmajor Rikin hatte sich auch Santer entschlossen mitzukommen. Er genoss es, hier zu sitzen und nicht zu rudern. Wenn einer seiner Seeschlangen-Kameraden ihn vorwurfsvoll ansah, dann hob er nur eine Augenbraue.
    Er saß auf einer der freien Ruderbänke und beobachte die Maestra, die in grimmigem Ton dem Rudergänger Anweisung gab. Zu seiner Überraschung fuhr das Boot nicht in den Hafen hinaus, sondern an der Mole entlang, bis es im nordöstlichen Hafenbereich ein Gebiet erreichte, in dem auf schweren hölzernen Pfeilern einige Gebäude in den Hafen hineingebaut worden waren. Es handelte sich um zwei Lagerhäuser, eine Taverne und einen alten Stadtpalast, der deutliche Spuren des Verfalls zeigte.
    »Es war ein Experiment des Handelsrats. Vier Liegeplätze wurden geopfert, um diese Gebäude zu errichten, es gab schlichtweg keinen Platz mehr im Hafen«, erklärte Rikin der Maestra, als das Boot näher herankam und zwischen die massiven Pfähle glitt. »Die Liegeplätze sind wie Adern, durch die das Herzblut der Stadt pulsiert, und unterm Strich war der erwirtschaftete Gewinn geringer als angenommen.« Die Majorin runzelte die Stirn, als das Boot in die trübe Dunkelheit unter den Bohlen glitt, die über ihnen die Gebäude trugen. »Soviel ich weiß, beabsichtigt der Handelsrat, diese Gebäude abzureißen, wenn die Pachtverträge der Taverne erloschen sind. Das ist in drei Jahren. Die anderen Gebäude stehen schon leer.«
    »Hier«, sagte Desina und hob die Hand. Das Boot glitt ein wenig weiter, dann wurde es durch die Ruder im Wasser gebremst, vier Soldaten sprangen auf und drückten schwere Enterhaken gegen die verschiedenen Pfähle um das Boot herum, um es auf Position zu halten.
    Die Taucher banden feste Seile um ihre Schultern, während Desina die Bohlen über ihren Köpfen absuchte. »Schaut«, sagte sie und wies nach oben. Dort waren die Umrisse einer Falltür zu erkennen. Sie wandte sich der Majorin zu. »Ich befürchte, dass wir nicht nur Marja hier finden werden.«
    »Ich denke, die Falltür gehört zum Schiefen Mast«, vermutete die Majorin.
    »Ich kenne die Taverne«, erklärte Santer grimmig. »Eine der übelsten Kaschemmen im Hafen. Wir hatten dort schon oft zu tun, mindestens dreimal war ich selbst dort, an eine Falltür kann ich mich jedoch nicht erinnern.«
    »Sie wird versteckt sein«, mutmaßte Desina, während die vier Taucher fast lautlos in das kalte Hafenwasser glitten.
    »Wie tief ist der Hafen hier?«, wollte Desina wissen.
    »Gute drei bis vier Mannslängen«, antwortete der Stabsleutnant abwesend, während er verfolgte, wie die Seilmannschaften den Tauchern Seil nachgaben, jederzeit bereit, ihre Kameraden aus dem Wasser zu ziehen. Einer der Seeleute zählte langsam. Spätestens wenn er zweihundert erreichte, würde man die Seile einbringen, denn allein die Kälte des Wassers gab Grund zur Sorge. Doch so lange dauerte es nicht. Eines der Seile auf der Backbordseite ruckte zweimal, dicht gefolgt von dem zweiten Seil dort.
    »Sie haben etwas gefunden«, erklärte Rikin. Eines der Seile ruckte erneut, und die Seilmannschaften fingen an, es einzubringen. Wenige Sekunden später tauchte erst der Kopf des eines Tauchers auf, dann der des anderen, zwischen ihnen ein bleicher, leicht bekleideter weiblicher Körper. Zugleich ruckte es an den Seilen auf der Steuerbordseite, auch dort hatten die Taucher etwas gefunden. Die Seilmannschaften gaben den Tauchern dort ebenfalls das Signal aufzutauchen, während die Kameraden an Backbord bereits die Tote einbrachten und dann die frierenden Taucher an Bord zogen, um sie sofort in schwere Decken einzuhüllen.
    Desina beugte sich vor und musterte den Leichnam der jungen Frau sorgfältig. Ein leichter Wind hob kurzzeitig ihre Kapuze an, und Santer sah, wie betroffen die Maestra war, bevor sie wie abwesend die Kapuze wieder ins Gesicht zog.
    »Sie ist seit etwa einer Glocke tot. Höchstens vier Kerzen«, erklärte Desina tonlos. Marja war eine schlanke und zierliche Frau gewesen, die auf der harten Ruderbank wirkte wie ein kleines Kind, ihre Augen waren offen und noch klar, ihr Gesicht auch im Tod voller Unglauben, als verstehe sie nicht, was ihr

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