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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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streckte die Hand aus, doch die Maestra hielt ihn zurück.
    »Nicht anfassen!«, zischte sie leise.
    »Was ist das?«, fragte Santer.
    »Ich habe davon bislang nur gelesen. Es ist ein Medaillon der Nacht. Es heißt, Priester des Namenlosen tragen solche Anhänger. Oder Nekromanten. Je nachdem, wie mächtig der Nekromant war, soll es gefährlich sein, diese Münzen zu berühren.«
    Sie tippte die Münze mit der Spitze des verbogenen Dolchs an. »Das hier war kein Priester. Dann wäre die Münze nicht glatt. Der hier war ein Nekromant.«
    Santer konnte gar nicht glauben, was Desina ihm gerade mitgeteilt hatte. »Wollt Ihr sagen, dass die Bardin und Wiesel den Nekromanten aufgespürt haben, der diesen Kammerdiener ermordet hat, und ihn dann tatsächlich besiegten?«
    Sie schaute ihm in die Augen. »Es wäre zu schön, nicht wahr? Doch irgendwie glaube ich es nicht.«
    »Wenigstens ist der hier erledigt«, meinte Santer. »Einer weniger, um den wir uns kümmern müssen.« Er grinste freudlos. »Immerhin wissen wir nun, dass man sie besiegen kann.«
    »Ich bin so froh, dass es nicht Wiesel ist, der hier liegt«, sagte sie leise. »Wir sind seit frühester Kindheit miteinander befreundet.«
    »Eine ungewöhnliche Freundschaft«, bemerkte Santer. »Der Meisterdieb von Askir und die Eule.«
    Sie sagte nichts dazu, und er sah zu, wie sie in ihre Robe griff und einen schweren Beutel herausnahm, der metallisch glänzte. Er war aus sehr feinen Kettenringen gefertigt, das Innere mit feinem Leder und Samt bezogen. Sie stülpte den Beutel um, und vorsichtig ergriff sie damit die Münze. Als sie sicher im Beutel war, zog sie ihn zu, zögerte noch einen Moment und steckte ihn dann ein.
    »Ist das nicht auch gefährlich für Euch?«, fragte er.
    »Ich hoffe nicht. Der Beutel ist magisch geschützt. Es sollte sicher sein. Hier auf der Straße herumliegen lassen kann ich das Ding ja nicht.« Sie richtete sich wieder auf und ließ den verbogenen Dolch fallen. »Es wird Zeit, dass wir uns mit Taride und Wiesel unterhalten.«
    »Leichter gesagt als getan«, meinte Santer zweifelnd. »Wiesel ist dafür bekannt, Unterhaltungen mit den Seeschlangen zu meiden.«
    »Ihr seid keine Seeschlange mehr, Santer.« Sie trat einen Schritt zurück und bedeutete ihm, es ihr gleichzutun. »Ich weiß, wo ich ihn finde. Hier gibt es nur noch eins zu tun…«
    Sie breitete die Hände vor sich aus, ein fahler Schein entstand um ihre Fingerspitzen, weitete sich aus, bis er die verbrannten Überreste vor ihnen vollständig einhüllte. Einen langen Moment geschah nichts, dann leuchteten die Überreste auf und verschwanden in einem Meer von leuchtenden Funken, die einen Moment später ebenfalls verblassten. Schwer atmend ließ sie die Hände wieder sinken.
    Nichts war mehr übrig von dem Nekromanten.
    Sie schaute zu Santer und lächelte zufrieden. »Santer, was haltet Ihr von einem Schluck Wein?«
    »Das, Maestra, ist eine hervorragende Idee.«

 
    32
     
     
     
    Askir, dachte Wiesel, als er sich vorsichtig um eine Hausecke schlich, war die Stadt der Wunder. Es gab hier alles zu kaufen, wenn man nur wusste, wo. Und das galt auch, wenn es um das Richten gebrochener Knochen oder die Heilung von Blessuren ging.
    Ein ehrbarer Bürger suchte einen Medikus auf und ließ sich den Knochen richten. Wenn er Geld hatte und die Priester ihn mochten, konnte er in einen der Tempel gehen, wo ein Priester ihm die Heilung erleichterte, ihn vielleicht sogar ganz heilte, je nachdem, wie hoch die Gunst oder vielleicht auch die Laune des Gottes war. Wenn man hingegen ein Dieb war, der mit den Göttern nicht so ganz auf gutem Fuße stand, wandte man sich an Mama Maerbellinae.
    Wiesel war darüber nie ganz glücklich. Sie war seltsam und… gewöhnungsbedürftig. Manchmal konnte sie auch streng riechen, aber einige behaupteten, sie hätte ein Herz aus Gold. Tatsache war, dass ihre Hände wahre Wunder vollbrachten.
    Wiesel duckte sich tiefer in die Schatten, bis der Vierertrupp Seeschlangen um die nächste Ecke verschwunden war. Wahrscheinlich überflüssige Vorsicht, dachte er, niemand konnte wissen, dass er einen Stein aus der Botschaft von Aldane gestohlen hatte, aber im Moment wollte er sich nicht mit den Seeschlangen auseinandersetzen.
    Mama Maerbellinae wohnte in einem kleinen Haus an der inneren Mauer, nicht weit vom Korntor entfernt. Es zählte noch zum Hafenviertel, aber durch die Nähe zum Korntor galt dieser Bereich als bessere Gegend. Wenn man schon im Hafen wohnte, dann

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