Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
wieder auf. So überspielt sie geschickt, dass Sie mit Draghis Richtung eigentlich einverstanden ist – dies aber gegenüber den Deutschen nicht zugeben kann. Deshalb die aufmunternden Gesten gegenüber Weidmann.
Nur – was soll Weidmann denn tun? Dass ein Rücktritt nichts hilft, zeigte das Schicksal seines Vorgängers. So bleibt ihm nichts übrig, als Aufklärung zu betreiben, in den Gremien der EZB , im Kabinett der Kanzlerin, aber auch in der deutschen Öffentlichkeit. Müsste ich ihm heute einen Ratschlag geben, würde ich sagen: »So sehr es schmerzt, marginalisiert zu werden – machen Sie weiter so, es werden auch einmal wieder bessere Tage für die Bundesbank kommen.«
Meinen Respekt hat er jedenfalls, auch wenn ich persönlich mich nicht so von der Regierung missbrauchen lassen könnte. Dass Jens Weidmann seinen Überzeugungen treu bleibt, hat er immer wieder bewiesen, etwa mit seinen Aussagen an die Adresse des Bundesverfassungsgerichts oder seiner Mahnung an Frankreich, in den Sparbemühungen nicht schon wieder nachzulassen. »Ein Haushaltsdefizit von 4 Prozent«, sagte er im Mai 2013 an die Adresse Hollandes, »das ist für mich kein Sparen.«
Die deutsche Öffentlichkeit wird im Unklaren darüber gelassen, dass es ihr Geld ist, das bei dieser zirkusreifen Vorstellung aufs Spiel gesetzt – und verloren – wird. Der größte Teil der deutschen Presse wiederum, die der Öffentlichkeit darüber Aufklärung schuldig wäre, schweigt. Ohne Zweifel bringt sie ihr unerschütterlicher Glaube an den Euro und seine friedensstiftende Kraft dazu, das arrangierte Spiel als höhere Notwendigkeit hinzustellen.
Auch pflegen unsere Medien geflissentlich über den Missstand hinwegzusehen, dass 80 Millionen Deutschen im EZB -Rat dasselbe Stimmgewicht zukommt wie den Zyprern, die nicht einmal 1 Prozent des deutschen Anteils ausmachen. Wobei es ihnen leicht gemacht wird, die 80 Millionen Ahnungslosen über den Tisch zu ziehen: Das Programm der häufig wiederholten EZB -Zirkusveranstaltung sieht es geradezu vor, dass sich die vielen Schuldner zusammentun, um die wenigen Gläubiger mühelos in die Knie zwingen. Zu dieser Methode Gulliver, bei der in Swifts Märchen ein Riese durch eine Masse von Zwergen bezwungen wird, äußert sich unsere Presse selten.
Nun ist Deutschland zwar das größte Mitgliedsland, aber in der Rolle des ewigen Verlierers beileibe nicht allein. Auch die Niederlande, Finnland und Österreich sitzen im Boot der Verlierer. Diese eigentlich hirnrissige, dazu undemokratische Regel im EZB -Rat ähnelt dem deutschen Länderfinanzausgleich. Auch hier stehen 13 Nehmerländern noch ganzen drei Geberländern gegenüber, die ihren Bürgern etwa erklären müssen, warum man in Bayern für Kitaplätze zahlen muss, die in Berlin kostenlos sind. Nun, sie können es ganz einfach deshalb sein, weil sie in Bayern bezahlt werden müssen. Das beim Geber eingesparte Geld kann vom Nehmer guten Gewissens ausgegeben werden.
Genauso funktioniert das Geber-Nehmer-Spiel der EZB . Da es sich bei den Transferempfängern hauptsächlich um südeuropäische Staaten handelt, bei den langsam ausblutenden Geberstaaten um Nordeuropäer, habe ich in meinem Buch Rettet unser Geld! vorgeschlagen, die Gemeinschaftswährung zweizuteilen. Der nach dem Ausstieg der Nordländer verbleibende Euro würde den Nehmerländern die Möglichkeit bieten, ihre Volkswirtschaften durch Abwertung konkurrenzfähig zu machen, während die nördlichen Länder mit dem Nord-Euro eine Währung besäßen, welche die höhere Leistungsfähigkeit ihrer Wirtschaft widerspiegelt.
Die Reaktion auf meinen Vorschlag war, wie das EZB -Spiel, voraussehbar. Die meisten unter den Politikern und Medienvertretern belächelten meine »Naivität«, andere erklärten mich für nicht ganz bei Trost. Die Mehrheit aber beschloss, die Idee der Aufspaltung in Nord- und Süd-Euro einfach zu ignorieren. Hauptgrund für die Ablehnung: Keiner will zugeben, dass der Euro gerade uns Deutsche in eine selbstzerstörerische Lage gebracht hat. Man nimmt uns aus, und wir müssen gute Miene zum bösen Spiel machen. Oder vielmehr man beteuert hoch und heilig, dass es gar kein böses Spiel sei, das Mario Draghi und die Südstaaten mit uns treiben, sondern ein gutes, ein Frieden und Freundschaft stiftendes Spiel, aus dem Europa als leuchtendes Vorbild für die ganze Welt hervorgehen wird. So träumt man – und meinen Vorschlag nennt man naiv.
Kaum einer sagt es, aber jeder Vernünftige
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