Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Dass ihm dies wie lebenslänglich vorkam, brauche ich nicht eigens zu betonen. Völlig überraschend öffnete sich eines Tages die Türe, und ein Bewacher sagte: »Wir fahren Sie jetzt nach Hause.« Sein Leben und seine Familie waren ihm wiedergeschenkt worden, und er konnte sich wieder seinen künstlerischen Projekten widmen. Allerdings stand er dann monatelang unter 24-Stunden-Beobachtung: Er zeigte mir die Kameras, die vor seinem Haus installiert wurden, um jede seiner Bewegungen festzuhalten. Auf meine Frage, wie er sich diese plötzliche Freilassung erklärte, antwortete er: »Ich bin fest überzeugt, dass es die deutsche Bundeskanzlerin gewesen ist.«
Für mich liegt in ihrem Verhalten ein unerklärlicher Widerspruch, weshalb ich auch von der zweigeteilten Kanzlerin spreche. Auf der einen Seite sehe ich ihre Europa- und Euro-Politik, die weder Europa noch Deutschland nützt, sondern sie im Gegenteil noch tiefer in den Morast treibt, in den beide, auch durch ihre Mitwirkung, geraten sind. Gut denkbar, dass sie längst bemerkt hat, dass ihr Euro-Kurs ein Fehler war – und nicht mehr weiß, wie sie aus der Falle herauskommt.
Gleichzeitig verfolgt sie eine Menschenrechtspolitik, die geradliniger, aktiver und weit mutiger ist als die all ihrer Vorgänger zusammengenommen. Verstehe einer diese Frau! Christoph Schwennicke, Chefredakteur der Zeitschrift Cicero , und als ehemaliger Vizechef des Spiegel -Hauptstadtbüros langjähriger Beobachter der Kanzlerin, äußerte mir gegenüber, Angela Merkel habe – im Gegensatz zur bei seinen Kollegen weitverbreiteten Meinung – zwei tiefe verankerte Grundüberzeugungen, die auf ihre Sozialisierung als Tochter eines Pfarrers in der DDR zurückzuführen seien. Die eine sei die Notwendigkeit von bedingungslosem Vorgehen gegen alles, was sie für »antisemitisch« hält. Da ist sicher etwas dran. Die andere sei ihre kompromisslose Intoleranz gegenüber der Verletzung von Menschenrechten. Davon konnte ich mich immer wieder überzeugen und ich hoffe, die Leser dieses Buches auch.
KAPITEL FÜNF
Unsere täglichen Euro-Lügen
1. Der Euro ist Europa
Das Raffinierte an den Euro-Lügen besteht ja darin, dass man sie nicht als solche erkennen kann. Sie klingen, als wären sie unbestreitbare Wahrheiten, zumal wenn sie von Autoritäten wie der Kanzlerin oder dem Euro-Gruppen-Chef ausgesprochen werden. Noch überzeugender wirkt, wenn der gesamte Deutsche Bundestag, mit Ausnahme der Linken, den diversen Rettungspaketen zustimmt, was ja für jeden Bürger besagen soll: Es stimmt, was uns als Abgeordneten hier gesagt wird – sonst würden wir nicht dafür stimmen.
Das Deprimierende an diesen Lügen besteht darin, dass kaum jemand sich die Mühe macht, sie zu widerlegen und die Lügner bloßzustellen. So dürfte Angela Merkel ihre berühmten Euro-Durchhalteparolen von Helmut Kohl übernommen haben, wie die Mehrheit des Bundestages sie von Angela Merkel übernimmt, der wiederum das ganze Volk glaubt. Wird das Behauptete dadurch wahrer? Gerade weil so viele an die Wahrheit der Euro-Lügen glauben, wagt es keiner, an deren schimmernder Oberfläche zu kratzen. Jeder ahnt, dass ihm das schlecht bekommen würde. Also zieht man es vor, einfach zu glauben, was einem gesagt wird. Wie im Mittelalter, als man an das Dogma der Jungfrauengeburt oder an das Gottesgnadentum der Potentaten glaubte.
Die am schwersten zu durchschauende Art, Menschen hin ters Licht zu führen, besteht in Gleichsetzungen. Dinge, die durchaus verschieden sind, werden behandelt, als wären sie identisch. Das gleicht einem Taschenspielertrick, der ganz simpel ist und doch die Menschen narrt.
Ein Beispiel: Eines der berühmtesten Zitate der Euro-Verteidigerin Angela Merkel lautet: »Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.« Damit hat sie den Euro mit Europa gleichgesetzt. Aber stimmt das auch?
Wie sie wohl weiß – denn als Kanzlerin hat sie ja die meisten dieser Länder besucht –, trifft das gar nicht zu. Nur 17 Länder haben den Euro als Währung, die Europäische Gemeinschaft besteht aber aus 27 Ländern, und ganz Europa hat, wie ich nachgerechnet habe, immerhin 51 Länder aufzuweisen, zu denen unter anderem die Schweiz, Norwegen oder die Ukraine gehören. Sollten diese wirklich alle scheitern, wenn der Euro aufgegeben würde? Für Euro-Verteidiger wie Angela Merkel bildet dieser Glaube die Grundlage für alle weiteren Argumente und Rettungsschirme. Schon der Blick auf die Landkarte zeigt aber, was für eine
Weitere Kostenlose Bücher