Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Vermögensgruppen nivelliert, bevor man die Nivellierung der Volkswirtschaften in Angriff nehmen kann.
Der bisher dreisteste Anschlag auf den deutschen Leistungsvorsprung ging von der französischen Regierung aus: Allen Ernstes schlug man vor, im Sinne einer »solidarischen Integration« die deutsche und französische Arbeitslosenversicherung zusammenzulegen. Angesichts der Statistik, die den 6,8 Prozent Arbeitslosigkeit in Deutschland fast den doppelten Wert in Frankreich gegenüberstellt, liefe das darauf hinaus, dass arbeitende Deutsche für beschäftigungslose Franzosen bezahlen würden. Wie so viele ähnlicher solidarischer Integrationsprojekte vorher auch, hat man das Projekt der Arbeitslosenharmonisierung erst einmal verschoben. Sollte es irgendwann umgesetzt werden, dürfte es sich auf Frankreich so belebend auswirken, dass bald auch Spanien bei uns anklopfen würde: Ihre 26,3 Prozent Arbeitslosen würden sich im deutschen Versicherungssystem gewiss gut aufgehoben fühlen.
Nebenbei bemerkt: Die Franzosen würden niemals auf die Idee kommen, ihre Rentenversicherung mit den Deutschen zu teilen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wäre das nicht lohnend für sie. Ihre Solidarität endet oft dort, wo keine Vorteile für das eigene Land herausspringen. Aber man erwähnt das gegenüber den Deutschen gar nicht, weil man ohnehin sicher sein kann, dass die kaum den Mut aufbrächten, nun ihrerseits Solidarität einzufordern.
Wenn das oberste Ziel der Euroländer tatsächlich die Rettung ihrer Währung sein sollte – und nicht etwa die Mehrung des Wohlstandes oder die Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit –, dann muss ich konzedieren, dass Brüssel, Frau Merkel und Herr Schäuble alles richtig gemacht haben. Ein starkes Deutschland steht dem harmonisierten Euro so lange im Weg, als es seine Stärke nicht zur Stärkung der Schwächeren ausgibt. Nur als Barmherziger Euro-Samariter, so scheint es, hat Deutschland überhaupt noch ein Existenzrecht in diesem noblen Kreis.
Natürlich ist für alle Euroländer die Rettung der Kunstwährung oberstes Ziel, da die meisten der Politiker dort glauben, dass sie nur über den Euro auf einen grünen Zweig kommen können. Obwohl Deutschland auch ohne Euro auf einem grünen Zweig säße, schließt Angela Merkel sich diesem kollektiven Ziel an. Wie anders wäre ihr Donnerwort »Scheitert der Euro, dann scheitert Europa«zu erklären? Sie sagte ja nicht: »Scheitert der Euro, dann scheitert Deutschland.« Unbemerkt hat sie damit ihre Priorität von Deutschland auf Europa verschoben. Was im Endeffekt bedeuten könnte, dass für den Erhalt der Friedens- und Freundschaftswährung selbst ein Scheitern Deutschlands in Kauf genommen würde. Und ich bin sicher, wir haben in Euroland eine Menge gute Freunde, die dagegen gar nichts einzuwenden hätten.
Als ich im ersten Teil dieses Buches die »Energiewende« der Kanzlerin angesprochen habe, mit der sie die europäischen Partner vor den Kopf stieß, wollte ich demonstrierten, dass auch ihre Solidarität mit der EU Grenzen hat – nämlich dort, wo es um Wählerstimmen geht. Die von ihren Medien in Angst und Schrecken versetzten Deutschen brauchten damals eine schnelle Beruhigungspille, und die Kanzlerin hat sie ihnen verabreicht. Inzwischen sind sich immer mehr Fachleute einig, dass dieser Spontanentschluss kurzsichtig war und zudem kaum bezahlbar.
Bekanntlich blieb das Trauma des japanischen Reaktorunfalls, der übrigens noch kein einziges Menschenleben gefordert hat, auf Deutschland beschränkt. Heute gibt es mehr Länder mit Kernkraft als vor Fukushima. Es gibt mehr Atomreaktoren in Bau oder Planung als vor Fukushima. Die Briten wollen verstärkt in Kernkraft investieren, Obama setzt ebenfalls auf Kernkraft. Selbst die Japaner, die sich kurzfristig von dieser Energiegewinnung abgewendet hatten, sind reumütig zu ihr zurückgekehrt. Schon 2010 waren die umweltbewussten Schweden aus dem Atomausstieg wieder ausgestiegen. Dass sich daran durch Fukushima etwas geändert hätte, ist mir nicht bekannt. Ein neuer finnischer Reaktor steht kurz vor der Inbetriebnahme.
Heute frage ich mich, wie es bei Angela Merkel zu diesem Kurzschluss kommen konnte. Sicher hat sie nicht gewusst, dass der größte Profiteur des Atomausstiegs der Euro sein wird und dass sie mit der Energiewende dem Ziel der europäischen Harmonisierung ein Stück näherkommt. Nicht was die Energieversorgung betrifft, denn alle Länder, die Atomkraftwerke betreiben,
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