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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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dir als meinem besten Freund schuldig.«
    »Jakob, ich habe eine Bitte«, erklärte ich ihm nun endlich den Grund meines Kommens. »Celestina und ich wollen nach jüdischem Ritus heiraten, sobald sie konvertiert ist. Würdest du uns trauen?«

    Jakob prüfte, wie ernst es Celestina mit dem Übertritt zum Judentum war. Es ist üblich, dass der Rabbi einen Christen, der konvertieren will, nach dem ersten Gespräch fortschickt – anerkannt wird nur, wer sich aus tiefster Überzeugung zum jüdischen Glauben bekennen will. Nach mehreren Wochen wird dem Rabbi dann erneut der Wunsch nach einem Übertritt vorgetragen – wieder vergeblich! Diese fünf, sechs, sieben oder mehr Gespräche mit dem Schriftgelehrten gehören jedoch schon zur Konversion. Wenn der Rabbi erkennt, dass der Gläubige sich durch die manchmal sehr schroffen Abweisungen nicht entmutigen lässt, stimmt er schließlich dem Übertritt zu.
    Jakob erklärte mir nach einem mehrstündigen Gespräch mit Celestina, dass sie die Examination »Summa cum laude!« bestanden hatte.
    Ein Converso wird im Judentum hoch geachtet, höher als jemand, der von Geburt an Jude ist und die Mizwot hält – denn er hat sich aus eigener Kraft und Überzeugung entschieden, das schwere Joch des Gesetzes auf sich zu nehmen.
    Nachdem Jakob die schriftlichen Formalitäten mit dem Bet-Din, dem Rabbiner-Gericht, geregelt hatte, besuchte Celestina am nächsten Tag zum ersten Mal die Mikwa und nahm das rituelle Tauchbad. Jakob belehrte sie über die Gebote, David und ich waren als Zeugen dabei.
    Es war für uns ein sehr bewegender Augenblick, denn mit dieser Taufe wurde sie Jüdin. Obwohl sie den Namen Salome annahm, den ich sehr schön fand, weil er zu ihr passte, blieb sie für mich doch immer Celestina.
    Noch an demselben Nachmittag wurde unser Sohn Netanja in der Synagoge auf Davids Schoß beschnitten und in einer feierlichen Zeremonie in den Bund Gottes aufgenommen. Und am folgenden Tag heirateten Celestina und ich nach jüdischem Ritus unter meinem hoch gehaltenen Tallit.
    Als Celestina mich nach dem Treueschwur – »Durch diesen Ring bist du mir angetraut nach dem Gesetz Mosches und Israels« – umarmte und küsste, war ich der glücklichste Mensch der Welt!

    Jakob stand winkend am Molo und sah zu unserer Galeere herüber. Neben ihm erkannte ich Yehiel und Esther. Davids Tochter hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt und weinte herzzerreißend – nach ihrer Mutter hatte sie nun auch ihren Vater verloren.
    »Ich bewundere dich für deinen Mut zu bleiben, Jakob«, hatte ich meinem Freund beim Abschied auf dem Molo gesagt. »Ich kann es nicht. Und ich will es auch nicht.«
    »Und ich bewundere dich für deinen Mut fortzugehen, Elija.«
    »An diesem Pessach-Fest habe ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht gesagt: ›Und nächstes Jahr in Jeruschalajim!‹ Stell dir vor, Jakob: In ein paar Wochen werde ich dort sein!«
    Wir hatten uns herzlich umarmt. Dann war ich mit David, Celestina und Netanja an Bord der türkischen Galeere gegangen, die uns nach Athen und weiter nach Istanbul bringen sollte.
    David lehnte neben mir an der Heckreling und starrte zu seiner Tochter hinüber, die er in Venedig zurückließ.
    Gestern waren mein Bruder und ich im Ghetto gewesen, um Jakob und den Kindern Mut zuzusprechen. Wir hatten ihnen beim Auspacken und beim Schmücken der winzigen Wohnung geholfen. Ein düsteres Zimmer für drei Personen – ich war entsetzt gewesen. Aber ich hatte geschwiegen, weil ich David nicht noch mehr entmutigen wollte. Er hatte sich für Esther und Yehiel eine andere Zukunft gewünscht als das Ghetto von Venedig.
    Als wir am Abend in die Ca’ Tron zurückkehrten, kamen uns auf dem Canal Grande etliche mit Hausrat beladene Boote jüdischer Familien entgegen, die zum Rio di San Gerolamo nördlich der Ghetto-Insel ruderten. David hatte den Blick abgewandt – er konnte den Menschen nicht in die Augen sehen.
    Ich legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. »David, was auch immer geschieht – wir beide werden zusammenbleiben!«
    Dachte er in diesem Augenblick an unseren verlorenen Bruder Aron? David umarmte mich still, und ich hielt ihn fest. Nein, wir würden uns niemals trennen!
    Dann sah ich hinüber zu Tristan und Celestina, die in enger Umklammerung miteinander flüsterten und sich immer wieder küssten. Wie sehr sie sich quälten, sich von einander loszureißen! Tristan zog seinen Saphirring vom Finger und steckte ihn ihr an. Sie gab ihm den Topasring

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