Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
deutlich geringer wurde. Das war eine sehr mühselige Arbeit. Als die Vampire sahen, was Antares am Tage trieb, halfen sie ihm in der Nacht, den Sand vor die Höhle zu schaffen und ihn so zu verteilen, wie Antares es vorhatte. Somit entstand ein sanfter Anstieg zur Höhle, so dass Luziferine mit Wasgo ihr Zuhause unbeschwert bis zum Wald verlassen und ebenso wieder zurückkehren konnte.
Der Junge sollte einen Text lesen, den sein Vater ihm zuvor in den Sand auf den Fußboden geschrieben hatte. Wasgo war ein guter Schüler. Er hatte Spaß daran gefunden, mit seinem Vater schreiben und lesen zu lernen. Er konnte sogar schon bis Einhundert rechnen. Wasgo lernte spielend und sehr schnell. Und wie jeder Junge es tat, wenn er sechs Jahre alt war, vergaß er manchmal, welche Aufgabe er lösen sollte. Seine Konzentration ließ nach und er begann zu spielen.
Dann interessierte ihn kein Unterricht, auch wenn sich Antares bemühte, diesen für Wasgo so interessant zu gestalten wie nur möglich. Aber Antares hatte meistens ein Einsehen mit seinem Sohn und ließ ihn nicht nur spielen, sondern beteiligte sich an den Spielen seines Kindes. Wasgo konnte herzerweichend lachen. Wenn er so von Herzen lachte, war er so niedlich, dass seinem Vater das Herz aufging. Wasgo war für Antares zum Lebensinhalt geworden.
Die Konzentration Wasgos ließ nach. Er war müde. Plötzlich sagte der kleine Junge: „Vater, ich mag nicht mehr lernen. Schule ist doof. Ich will jetzt nicht lesen, ich will spielen. Bitte lass mich gehen.“
„Wo willst du denn hingehen?“, fragte Antares?
Er bekam keine Antwort. Antares befahl auf liebevolle Weise seinem Sohn, zu ihm zu kommen. Wasgo tat, was sein Vater von ihm verlangte. Er ging zu seinem Vater, der ihn zu sich auf seinen Schoß setzte. Antares streichelte Wasgo über das Haar und drückte den Jungen kurz an sich. Dann sprach er: „Junge, ich kenne dich genau. Was ist los? Du verheimlichst mir doch etwas.“
Immer wenn Wasgo ein Geheimnis hatte, konnte er es vor seinen Eltern nicht verborgen halten. Er war ein grundehrliches Kind. Nun erzählte er seinem Vater, dass Onkel Sinclair ihn eingeladen hatte, mit ihm im Wald einen Hirsch zu jagen. Den wollte er Luziferine und Antares schenken. Es dauerte nicht lange, bis Sinclair aus der Höhle trat. Sie begrüßten sich. Wasgo fragte ihn, ob sie jetzt im Wald den Hirsch fangen wollten. Sinclair sah das Kind fassungslos an und fragte: „Was für einen Hirsch willst du denn jagen?“
Wasgo meinte, dass dieses Sinclair schon alleine wissen sollte. Doch der Vampir hatte keine Ahnung, wovon der Junge sprach. So kam es, wie es kommen musste. Wasgo war von Sinclair maßlos enttäuscht. Der kleine Junge begann zu weinen, weil er dachte, dass er nun als Lügner vor seinem Vater dastand. Antares drückte den Kleinen an sich und beruhigte ihn. Danach schickte er das Kind zu Luziferine. Sie sollte sich um Wasgo kümmern, er selbst hatte mit Sinclair zu reden.
Antares traute dem Herrn der Fledermäuse nicht über den Weg. Er glaubte, dass Sinclair nicht ehrlich war, und sagte es ihm. Er hatte Angst um Wasgo. Warum sollte sein kleiner Junge mit Sinclair einen Hirsch jagen gehen? Warum sollte ausgerechnet der Vampir für Antares' und Luziferines Vorrat an Nahrungsmitteln sorgen? Zu diesem Zeitpunkt hatte der junge Vater vergessen, dass die Vampire ihm auch geholfen hatten, den Zugang zur Höhle für ihn und seine Familie umzubauen, so dass der für sie leichter zu erreichen war. Die Vampire brauchten keinen Eingang zu ihrer Behausung, der zu Fuß gut zu erreichen war. Sie flogen hinein und hinaus aus der Höhle, so wie sie es wollten.
Sinclair beteuerte, dass er das erste Mal davon hörte, mit dem Jungen auf die Jagd gehen zu wollen. Er sagte: „Antares, überlege doch bitte einmal. Warum sollte ich mit Wasgo jagen gehen? Ihn dabei gefährden? Wir Vampire benötigen kein Fleisch, sondern Blut von Menschen. Das ist heute bereits das dritte Mal, dass Wasgo behauptet, ich wollte etwas mit ihm unternehmen. Ich glaube, da steckt mehr dahinter, als du wahrhaben willst.“
Antares wollte wissen, was Sinclair damit zum Ausdruck bringen wollte. Sinclair sagte: „Irgendwer will euch den Jungen wegnehmen.“
Antares fiel es wie Schuppen von den Augen. Er entschuldigte sich bei dem Vampir und bat ihn um Hilfe. Antares fürchtete, dass hinter diesen Verwechselungen Luzifer steckte und der Wasgo entführen wollte. Sinclair war der gleichen Ansicht. Sie besprachen sich und
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