Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
„Ich habe von der Prophezeiung gehört und es ist an der Zeit, dass sie sich zu erfüllen beginnt. Zeigt mir das Kind, ich will sicher gehen, dass ihr die Richtigen seid, auf die wir warten“, verlangte der Fremde.
Luziferine sah Antares fragend an. Der nickte seiner Frau aufmunternd zu. Sie wickelte Wasgo aus der Decke und entblößte seinen Rücken. Dann hielt sie dem Fremden das Kind entgegen. Der wollte es berühren, aber Luziferine zischte ihn wütend an: „Wage es nicht! Du darfst es dir ansehen, aber nicht anfassen. Sieh dir sein Muttermal an! Das ist genau das Muttermal, wie es in der Prophezeiung beschrieben wurde. Unser Wasgo wird Jodaryon befreien und retten.“
Der Fremde zog sofort seine Hand zurück, als Luziferine ihn anzischte. Böse war er ihr aber nicht. In einer Welt voll Dunkelheit und Falschheit, in einer Welt voller Verrat und Unterdrückung konnte man nie vorsichtig genug sein,dafür hatte der Vampir Verständnis. Als er sich das Kind angesehen hatte, begann er zu lächeln und sah in den schwarzen Nachthimmel hinein.
Er rief: „Bossus, deine Tage sind gezählt. Bald wird es wieder Tag und die Menschheit wird wieder wachsen und somit wird es auch wieder mehr Vampire geben.“ Dann drehte er sich zur Höhle um und sagte in etwas verändertem Tonfall, der etwas ruhiger klang als das von ihm zuvor Ausgesprochene: „Ich danke dir, o mein Herr und Meister, der du dieses leider nicht mehr miterleben darfst. Aber du hast uns in all deiner Weisheit den richtigen Weg gezeigt, auch wenn niemand von uns daran glauben konnte. Dein Werk kann nun fortgesetzt werden.“
Antares sah den jungen Mann erstaunt an und wollte wissen, wer er denn nun sei.
„Ich bin der Herr dieser Höhle. Mein Name ist Sinclair. Ich bin der Herr der Nacht und Beschützer aller Fledermäuse. Du bist hier in mein Reich gekommen. Dieser Wald gehört mir. Wenn du es so willst, stehst du vor dem Herrn der Vampire. Wir werden euch helfen, Bossus zu besiegen“, sagte Sinclair freundlich.
Luziferine sah Antares tief in die Augen und sagte: „Siehst du, mein Schatz, wir haben doch alles richtig gemacht. Hier können wir bleiben und unseren Sohn groß ziehen und ihm alles das lehren, was er für sein Leben benötigt.“
„Ja“, sagte Antares, „das können wir. Wir haben ein Zuhause gefunden.“
Antares wandte sich Sinclair zu. Er wollte von ihm wissen, wie es mit ihnen weitergehen sollte. Was war mit all den anderen Vampiren? Antares wollte nicht, dass Wasgo einen Vampir sah, der so erschreckend aussah wie Sinclair noch vor wenigen Minuten. Außerdem wollte er, dass Sinclair die anderen Vampire anwies, ihn und seine Familie in Ruhe zu lassen. Es wäre für Wasgo das Beste, wenn er einen Vampir so schnell nicht zu sehen bekam. Erst wenn er älter war und den Anblick eines Vampirs ertragen konnte, sollte der Junge auch Vampire kennen lernen.
Sinclair versprach, dass Wasgo nichts zu befürchten hätte. Die Vampire, die mit ihm in der Höhle lebten, nutzten nur eine größere Nebenhöhle. Vorne am Eingang befand sich noch eine weitere kleine Nebenhöhle, die für Luziferine und Antares und deren Söhnchen groß genug sei. Die sollten sie nutzen und kein Vampir durfte sie dort stören.
Sinclair forderte Luziferine und Antares auf, ihm in die Höhle zu folgen, damit er ihnen ihr neues Zuhause zeigen konnte.
Unsicher folgte das junge Paar dem Herrn der Fledermäuse in die Höhle. Luziferine hatte den kleinen Wasgo schon längst wieder in seine wärmende Decke eingewickelt und ihn in den Arm genommen. Der Anstieg zur Höhle war schwieriger, als das Paar erwartet hatte. Der Berg stieg steil an und bis zum Eingang der Höhle waren es noch gut einhundert Meter. Es gab bis dahin keinen Weg und das Geröll war ziemlich lose und gab unter den Füßen nach. Die Gefahr, viele Meter wieder vom Berg herunterzurutschen, war groß. Doch dann schafften sie es endlich und hatten den Eingang zur Höhle erreicht. Kurz dahinter schlängelten sie sich einen engen Spalt entlang. Diesem folgten sie und plötzlich befanden sie sich nach wenigen Metern in einer Nebenhöhle, die alles andere als klein war.
Sinclair sah die überraschten Gesichter der jungen Leute. Unwillkürlich musste er lächeln. Er sagte: „Das ist eure Höhle, sie ist die kleinste in diesem Höhlenverbund. Es gibt hier mehrere Höhlen, die irgendwie alle miteinander verbunden sind. Aber ihr müsst euch keine Sorgen machen. Niemand wird euch hier behelligen. Und der kleine Wasgo
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