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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Fingerspitze, welche die weichen Lippen berührt hatte. Bei der Vorstellung, wie ihr Finger die Zunge gestreift hatte, stöhnte er leise, und der Reitknecht, der sein Pferd hielt, schaute fragend zu seinem Herrn auf. »Sire?«
    »Die Galle«, erwiderte der König säuerlich.
    Sie war wie ein zu üppiges Festmahl, das einem einen schweren Magen beschert, beschloss er, während er zu seinen Privatgemächern schritt und die Höflinge mit kriecherischem Lächeln auswichen. Er ermahnte sich, dass sie noch ein halbes Kind war und zudem seine Schwiegertochter. Wenn er auf seinen nüchternen Verstand hörte, der ihm bislang ein guter Ratgeber gewesen war, dann sollte er Catalina die Zahlung des Witwenerbes versprechen, sie zu ihren Eltern heimschicken und dann einfach nicht zahlen, bis sie an einen anderen königlichen Trottel verheiratet war: Auf diese Weise würde er aus der Sache herauskommen, ohne einen Penny zu verlieren.
    Doch bei der Vorstellung der Infantin mit einem anderen Mann musste er stehen bleiben und sich an der holzgetäfelten Wand festhalten.
    »Euer Gnaden?«, vernahm er eine Stimme. »Seid Ihr krank?«
    »Die Galle«, wiederholte der König. »Habe etwas nicht vertragen.«
    Sein Leibdiener trat auf ihn zu. »Soll ich nach dem Leibarzt schicken, Euer Gnaden?«
    »Nein«, bestimmte der König. »Aber schickt ein paar Fässer besten Weines zu der Prinzessinwitwe. Ihr Keller ist leer, und wenn ich sie besuche, möchte ich Wein trinken und nicht Bier.«
    »Ja, Euer Gnaden«, sagte der Mann, verneigte sich und ging davon. Heinrich straffte sich und setzte seinen Weg fort. Seine Privatgemächer waren wie immer voller Menschen: Bittsteller, Höflinge, Gunstsuchende, Glückssucher, ein paar Freunde, ein paar Landedelleute und ein paar Adelige, die ihm aus Zuneigung oder Berechnung aufwarteten. Heinrich betrachtete sie alle mit säuerlicher Miene. Als er noch Henry Tudor gewesen war, ein Prätendent im Exil in der Bretagne, hatte er längst nicht so viele Freunde gehabt.
    »Wo ist meine Mutter?«, fragte er einen der Wartenden.
    »In ihren Gemächern, Euer Gnaden«, erwiderte der Mann.
    »Ich werde sie jetzt besuchen«, beschloss der König. »Gebt ihr Bescheid.«
    Er gab seiner Mutter ein paar Minuten Zeit, um sich zurechtzumachen, dann machte er sich auf den Weg zu ihren Gemächern. Nach dem Tod der Schwiegertochter hatte Lady Margaret traditionsgemäß die Wohnung der Königin bezogen. Sie hatte neue Wandteppiche und Möbel bestellt, und nun waren die Gemächer prächtiger als jemals zu Zeiten einer Königin.
    »Ich kündige mich selbst an«, sagte der König zu dem Türwächter und trat ohne großes Aufhebens ein.
    Lady Margaret saß an einem Tisch am Fenster. Sie studierte die Haushaltsrechnungen, als wäre sie die Verwalterin eines reichen Landgutes. An Lady Margarets Hof gab es kaum Verschwendung und keine Extravaganzen: Bedienstete, die geglaubt hatten, dass ein kleiner Teil des Geldes, das durch ihre Hände ging, an diesen haften bleiben könnte, sahen sich bald eines Besseren belehrt.
    Heinrich nickte beifällig, als er die strenge Überwachung der königlichen Geschäfte sah. Niemals hatte er die Furcht loswerden können, dass der zur Schau getragene Reichtum des englischen Thrones sich als leeres Spektakel erweisen würde. Er hatte seinen Feldzug für den Thron mit Schulden und Gefälligkeiten finanziert und wollte nie mehr in seinem Leben mit der Kappe in der Hand betteln gehen.
    Lady Margaret schaute bei seinem Eintreten auf. »Mein Sohn.«
    Heinrich kniete nieder, um ihren Segen zu empfangen. Dies war ihre übliche Begrüßung an jedem Tag. Sanft berührten die Finger der Mutter seinen Kopf.
    »Ihr seht besorgt aus«, bemerkte sie.
    »Das bin ich auch«, erwiderte er. »Ich habe die Prinzessinwitwe besucht.«
    »Ach ja?« Eine Spur von Verärgerung glitt über ihre Züge. »Was möchte sie denn jetzt haben?«
    »Wir ...« Er brach ab, setzte von Neuem an. »Wir müssen entscheiden, was mit ihr geschehen soll. Sie sprach von einer möglichen Heimkehr nach Spanien.«
    »Erst, wenn sie zahlen, was sie uns schulden«, lautete die prompte Erwiderung der älteren Dame. »Sie wissen nur zu gut, dass der Rest der Mitgift bezahlt sein muss, bevor die Prinzessin reisen darf.«
    »Ja, das weiß sie.«
    Beide schwiegen einen Augenblick.
    »Sie fragte, ob man nicht eine andere Vereinbarung treffen könnte«, fuhr der König fort. »Ob es nicht eine andere Lösung gäbe.«
    »Ah, darauf habe ich gewartet«, sagte

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