Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
verachtet am Rande des Hofes, bedient von spanischen Domestiken, die nur deshalb blieben, weil sie nirgendwo anders hingehen konnten. Sie waren gefangen wie ich, sahen die Jahre vergehen, wurden älter und unversöhnlicher. Allmählich kam ich mir wie die schlafende Prinzessin aus dem Märchen vor und glaubte, nie mehr zu erwachen.
Ich verlor auch meine Eitelkeit - meine stolze Einbildung, dass ich schlauer sei als dieser alte Fuchs von Schwiegervater oder als seine lebenstüchtige Mutter. Ich begriff, dass König Heinrich mich nicht aus Liebe und Vergebung mit seinem Sohn Prinz Harry verlobt hatte, sondern weil es das klügste und grausamste Mittel zu meiner Bestrafung war. Wenn er selber mich nicht haben konnte, dann sorgte er eben dafür, dass auch kein anderer mich haben sollte. Bitter war der Tag, da ich dies erkannte!
Und dann starb Philipp, und meine Schwester Juana war Witwe, wie ich, und König Heinrich setzte sich in den Kopf, meine arme Schwester zu heiraten, die durch den Verlust ihres Ehemannes schier den Verstand verloren hatte ... Er wollte sie heiraten und über mich stellen. Auf den englischen Thron wollte er sie setzen, damit alle die Wahnsinnige sehen sollten, damit alle sehen sollten, aus welch schlechtem Geblüt sie - und ich - stammte. Es war ein bösartiger Plan, der sowohl mir als auch Juana schaden sollte. Und Heinrich hätte ihn durchgesetzt, er machte sogar mich zu seiner Kupplerin: Ich musste mich bei Vater für ihn verwenden. Auf Befehl meines Vaters wiederum lobte ich vor dem König die Schönheit meiner Schwester, dann wieder sollte ich Vater bereden, Heinrichs Antrag anzunehmen. Doch während der ganzen Zeit wusste ich, dass ich meine eigene Seele betrog. Ich verlor die Fähigkeit, König Heinrich, meine Nemesis, meinen Schwiegervater, meinen Möchtegern-Verführer, in seine Schranken zu weisen. Ich hatte Angst, ihm etwas abzuschlagen. Damals wurde ich wahrlich in die Unterwürfigkeit gezwungen.
Ich verlor mein Zutrauen in meinen Liebreiz, in meine Klugheit und meine Fähigkeiten, doch niemals verlor ich meinen Lebenswillen. Ich war nicht wie meine Mutter, ich war nicht wie Juana, ich drehte nicht mein Gesicht zur Wand und wartete, bis der Schmerz vorüberging. Ich verfiel nicht in Wahnsinn oder in Phlegma. Ich biss die Zähne zusammen, denn ich bin die treue Prinzessin, ich halte nicht dort inne, wo alle es tun. Ich fuhr fort zu warten. Selbst wenn ich nichts anderes tun konnte, so konnte ich doch warten. Und das tat ich.
Dies waren keine Jahre der Niederlage: Es waren die Jahre meiner Reife, und sie waren bitter. Ich wuchs von einem sechzehnjährigen, zur Liebe bereiten Mädchen zu einer mutterlosen, einsamen Witwe von dreiundzwanzig heran. In diesen Jahren zehrte ich von meiner glücklichen Kindheit in der Alhambra und von der Liebe, die ich für Arthur empfunden hatte, und gelobte mir, dass ich ungeachtet aller Widerstände eines Tages Königin von England sein würde. In diesen Jahren begriff ich, dass meine Mutter durch mich weiterlebte. Ich besaß ihre Entschlossenheit, ihren Mut, und zudem hatte ich von Arthur Liebe und Hoffnung gelernt. In diesen Jahren, als ich nichts mehr besaß - keinen Mann, keine Mutter, keine Freunde, kein Vermögen und keine Zukunft -, versprach ich mir, dass ich trotz Missachtung, trotz Armut, trotz schlechter Aussichten eines Tages Königin sein würde.
***
Nur langsam sickerte die Neuigkeit zu den verarmten Spaniern am englischen Hofe durch, dass Harrys Schwester, Prinzessin Mary, bald Hochzeit mit Prinz Karl feiern solle, dem Sohne König Philipps und Königin Juanas und Enkel von Kaiser Maximilian und König Ferdinand. Erstaunlicherweise wählte Ferdinand ausgerechnet diesen Moment, um endlich das fehlende Geld für Catalinas Mitgift aufzubringen und nach London zu schicken.
»Gott sei Dank, wir sind von dem Bann befreit. Jetzt können wir Doppelhochzeit halten. Endlich kann ich ihn heiraten«, sagte Catalina zutiefst erleichtert zu ihrem spanischen Abgesandten Don Gutierre Gómez de Fuensalida.
Auf dessen bleichem Gesicht stand jedoch Sorge zu lesen. Gelbzahnig nagte er an seinen Lippen. »Oh, Infantin, ich weiß kaum, wie ich Euch das schonend beibringe. Selbst mit dieser neuen Verbindung, selbst mit Eurer vollständigen Mitgift fürchte ich, dass es zu spät ist. Ich fürchte, dass sie uns nichts mehr nützen wird.«
»Wie das? Prinzessin Marys Verlobung stärkt doch nur den Bund zwischen unseren Familien.«
»Was ist, wenn ...«,
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