Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Gefangene, derer sich selbst ihre Kerkermeister bald nicht mehr erinnern würden.
»Was soll ich tun?« Nun hatte sie die Gefahr, in der sie schwebte, begriffen. In wahrhaft königlicher Haltung akzeptierte sie das Ausmaß ihrer Niederlage. »Ich muss wissen, was ich tun soll. Sonst werde ich eine Geisel in Feindesland, für die niemand ein gutes Wort einlegt.«
Fuensalida verkniff sich die Bemerkung, dass sie nach seinem Dafürhalten genau das bereits war, und zwar seit dem Augenblick, als er in ihre Dienste getreten war.
»Wir werden reisen«, sagte er entschlossen. »Wenn es Krieg gibt, werden sie Euch als Geisel festhalten und Eure Mitgift beschlagnahmen. Gott möge verhüten, dass dieses Geld, wenn es denn endlich kommt, dazu benutzt wird, Krieg gegen Spanien zu führen.«
»Ich kann nicht fortreisen«, erklärte Catalina kategorisch. »Wenn ich England verlasse, dann kann ich nie mehr zurückkehren.«
»Es ist doch vorbei!«, rief er in plötzlichem Zorn. »Ihr seht es ja endlich selbst ein. Wir sind geschlagen. Der Vertrag zwischen Euch und England ist zerbrochen. Ihr habt durchgehalten und Armut und Demütigung ertragen, Ihr habt es ertragen wie eine wahre Prinzessin, wie eine Heilige. Eure Mutter hätte nicht mehr Mut beweisen können. Aber nun müssen wir uns geschlagen geben, Infantin. Wir müssen so rasch wie möglich in die Heimat fliehen, bevor sie uns festhalten.«
»Festhalten?«
»Sie könnten uns als feindliche Spione einkerkern und Lösegeld fordern«, warnte er. »Sie könnten die Überbleibsel Eures Tafelsilbers beschlagnahmen und ebenso den Rest der Mitgift. Sie können sogar Anklage erheben und Euch hinrichten lassen, wenn sie es nur wollen.«
»Sie werden es nicht wagen, mich anzurühren! Ich bin eine Prinzessin aus königlichem Geblüt«, brauste Catalina auf. »Sie können mir alles nehmen, doch niemals dies! Selbst wenn ich niemals Königin von England werde, bin und bleibe ich eine Infantin von Spanien.«
»Es sind schon früher Prinzen von königlichem Geblüt in den Tower geworfen worden und nie wieder herausgekommen«, sagte der Gesandte düster. »Die Tore des Towers haben sich hinter Prinzen von königlichem englischem Geblüt geschlossen, und diese haben nie wieder das Tageslicht erblickt. Er könnte Euch anklagen, eine Prätendentin zu sein. Und Ihr wisst, was in England mit Prätendenten geschieht. Wir müssen fliehen!«
***
Catalina sank vor der Königinmutter in einen Hofknicks und erhielt nicht einmal ein Kopfnicken. Die beiden Damen waren einander mit ihrem Gefolge auf dem Wege zur Messe begegnet; die Ältere wurde von ihrer Enkelin Prinzessin Mary und einem halben Dutzend Hofdamen begleitet. Alle musterten die junge Frau mit eisiger Miene.
»Mylady.« Catalina vertrat Lady Margaret den Weg, wartete auf eine angemessene Begrüßung.
Die Königinmutter betrachtete die junge Frau mit offener Missbilligung. »Wie ich höre, gibt es einige Probleme bezüglich der Verlobung Prinzessin Marys«, sagte sie.
Catalina schaute die junge Prinzessin an, und diese, halb verborgen hinter ihrer Großmutter, schnitt ihr eine Grimasse und gab ein unterdrücktes Prusten von sich.
»Das habe ich nicht gewusst«, sagte Catalina.
»Ihr mögt es vielleicht nicht gewusst haben, doch Euer Vater weiß es zweifellos«, entgegnete die ältere Frau gereizt. »In einem Eurer regelmäßigen Briefe mögt Ihr ihm mitteilen, dass er seiner und Eurer Sache keinen Gefallen tut, wenn er die Pläne unserer Familie stört.«
»Ich bin höchst sicher, dass er dies nicht tut ...«, begann Catalina.
»Ich hingegen bin höchst sicher, dass er es tut. Ihr solltet ihn lieber warnen, dass er uns nicht im Wege steht«, fiel ihr die Ältere ins Wort und wandte sich zum Gehen.
»Meine eigene Verlobung ...«, unternahm Catalina einen neuen Anlauf.
»Eure Verlobung?«, wiederholte die Königinmutter, als hätte sie dergleichen nie gehört. »Eure Verlobung?« Plötzlich brach sie in schallendes Lachen aus. Auch Prinzessin Mary lachte und mit ihr die Hofdamen: Alle lachten diese verarmte spanische Prinzessin aus, die von einer Verlobung mit dem begehrtesten Prinzen der Christenheit faselte.
»Mein Vater schickt doch die Mitgift!«, rief Catalina.
»Zu spät! Sie kommt viel zu spät!«, kicherte Lady Margaret.
Angesichts des fast hysterischen Gelächters über die Lumpenprinzessin, die ihr armseliges Tafelsilber als Mitgift bezeichnete, senkte Catalina den Kopf, bahnte sich einen Weg zwischen den Damen
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