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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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nicht entfliehen kann. Jedes Jahr hoffte ich, dass mein Glück sich endlich wendet; und jedes Jahr an Harrys Geburtstag wusste ich, dass ein weiteres kostbares Jahr für mich verstrichen war. Am Mittsommertag, wenn die Zahlung der Mitgift fällig war und mein Vater nichts schickte, schämte ich mich: Es war wie eine Krankheit, die mich wieder und wieder befiel. Und zwölf Mal im Jahr, sieben Jahre lang, also vierundachtzig Mal, habe ich meine Regel bekommen und gedacht, dass wieder eine Chance vertan war, Englands Thronfolger zu empfangen. Ich trauerte um den Fleck auf meinen Laken, als hätte ich ein Kind verloren. Vierundachtzig Chancen, in der Blüte meiner Jugend einen Sohn zu empfangen, und alle vertan. Ich lerne, eine Fehlgeburt zu ertragen, mit der Trauer über eine Fehlgeburt umzugehen.
    Jeden Tag beim Gebet schaue ich zu dem gekreuzigten Jesus empor und sage: »Dein Wille geschehe.« In sieben Jahren sind das zweitausendfünfhundertundsechsundfünfzig Gebete. Dies ist die Arithmetik meines Schmerzes. Ich sage: »Dein Wille geschehe«, aber was ich meine, ist: Dein Wille geschehe an diesen bösartigen englischen Kronräten, an diesem gehässigen, rachsüchtigen englischen König und seiner alten Hexe von Mutter. Lass mir mein Recht zuteil werden. Mache mich zur Königin. Ich muss Königin werden, ich muss einen Sohn gebären, sonst werde ich vollends zur Eisprinzessin erstarren.

 
 
21. A PRIL 1509
 
    »Der König ist tot«, teilte Fuensalida Catalina schriftlich mit, da er wusste, dass sie ihn nicht persönlich empfangen würde. Niemals würde sie ihm den Raub ihrer Mitgift verzeihen, niemals würde sie vergessen, dass er sie als Prätendentin bezeichnet und ihr so lange verschwiegen hatte, dass ihr Vater sie im Stich ließ. »Ich weiß, Ihr wollt mich nicht sehen, aber ich muss meine Pflicht tun und Euch warnen, dass der König auf dem Sterbebett zu seinem Sohn gesagt hat, er sei frei zu heiraten, wen er wolle. Wenn Ihr wünscht, dass ich ein Schiff auftreibe, das Euch nach Spanien bringt, so könnte ich persönlich die Mittel für die Passage aufbringen. Ich glaube nicht, dass Ihr in diesem Lande noch etwas anderes zu erwarten habt als Schmach, Kränkungen und vielleicht sogar eine Gefahr für Leib und Leben.«
    »Tot«, sagte Catalina nur.
    »Wie bitte?«, fragte eine ihrer Damen.
    Die Prinzessin zerknüllte den Brief in der Hand. »Nichts«, erwiderte sie. »Ich gehe spazieren.«
    Maria de Salinas legte Catalina den geflickten Umhang um die Schultern. Es war derselbe Umhang, der sie in jenem Winter gewärmt hatte, als sie und Arthur nach Ludlow reisten.
    »Sollen wir Euch begleiten?«, fragte Maria de Salinas mit einem flüchtigen Blick auf den grauen Himmel.
    »Nein.«
 
***
 
    Ich stapfe am Fluss entlang, die Kiesel auf dem Weg bohren sich in die dünnen Sohlen meiner Schuhe. Es ist, als liefe ich vor der Hoffnung selbst davon.
    Ich frage mich, ob mein Glück sich vielleicht wenden könnte, jetzt, in diesem Augenblick. Der König, der mich einst haben wollte und mich ob meiner Ablehnung hasste, dieser König ist tot. Es heißt, er sei krank gewesen, aber Gott weiß, dass die Krankheit seinen Hass nicht schmälerte. Ich hätte gedacht, dass er ewig regiert. Aber nun ist er tot. Er lebt nicht mehr. Alles liegt nun bei Prinz Harry.
    Ich wage nicht, an die Hoffnung zu rühren. Nach diesen Jahren des Darbens fürchte ich, dass die Hoffnung mich trunken machen würde, tränke ich auch nur einen Tropfen. Aber ich hoffe auf ein Quäntchen Zuversicht, nur als kleine Beigabe zu meinem üblichen Mahl trostloser Verzweiflung.
    Denn ich kenne den jungen Harry. Ich kenne ihn sehr gut. Jahrelang habe ich ihn beobachtet wie ein Falkner einen jungen Vogel. Ich habe ihn beobachtet und eingeschätzt und mein Urteil wieder und wieder revidiert. Ich habe ihn studiert wie meinen Katechismus. Ich kenne seine Stärken und seine Schwächen, und ich glaube, einen ganz leisen Grund zur Hoffnung zu haben.
    Denn Harry ist eitel. Dies ist eine geringe Sünde für einen jungen Mann, und ich tadele ihn dafür nicht; allerdings besitzt er Eitelkeit im Übermaß. Dies mag ihm Ansporn sein für unsere Heirat, denn er wird darauf achten, dass er das Rechte tut, indem er sein Wort hält, mich gar errettet. Die Vorstellung, von Harry gerettet zu werden, demütigt mich sehr, doch auch diese Erniedrigung werde ich ertragen lernen. Es kann sein, dass Harry mich retten will, und ich muss ihm dafür dankbar sein. Arthur wäre vor Scham

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