Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
meinen.«
»Ich werde nie etwas vortäuschen. Ich werde nie meinen rechtschaffenen Stolz verleugnen!«
»Es geht nicht darum, etwas vorzutäuschen. Doch lasst Euch absichtlich missverstehen. Es gibt mehr als einen Weg, einen Krieg zu gewinnen, und am Ende zählt nur der Sieg. Wenn der Botschafter Euch für seinen Freund hält, dann wird unser Angriff sie vollkommen unvorbereitet treffen. Wozu sie vorher warnen?«
Heinrich wurde unsicher. Mit einem Stirnrunzeln musterte er seine Frau. »Ich bin aber kein Lügner.«
»Nein, denn das letzte Mal habt Ihr ihm ja gesagt, dass Ihr den eitlen Ehrgeiz seines Königs nicht hinnehmen würdet. Wir können den Franzosen nicht gestatten, Venedig einzunehmen. Wir haben eine alte Allianz mit Venedig ...«
»Ach ja?«
»Oh ja«, erwiderte Katharina bestimmt. »England ist mit Venedig verbündet, welches überdies als vorderstes Bollwerk der Christenheit gegen die Osmanen steht. Indem sie Venedig bedrohen, riskieren die Franzosen, dass die Heiden in Italien einfallen. Sie sollten sich dessen schämen, das habt Ihr klar und deutlich zum Ausdruck gebracht. Doch nun gilt es, den Botschafter mit einem Lächeln willkommen zu heißen. Ihr müsst ihm nicht erklären, dass Ihr einen Feldzug plant. Unsere Pläne und Ziele behalten wir stets für uns. Es steht nicht an, sie diesem Menschen mitzuteilen.«
»Ich habe es ihm einmal gesagt, also muss ich es nicht noch einmal tun. Ich wiederhole mich nicht«, sagte Heinrich mit wachsendem Unmut.
»Wir prahlen nicht mit unserer Stärke«, beharrte Katharina. »Wir wissen um unsere Fähigkeiten, und wir wissen, was wir wollen. Früher oder später werden sie das selbst herausfinden.«
»In der Tat«, stimmte Heinrich zu und stieg von dem kleinen Podium herab, um den französischen Gesandten äußerst liebenswürdig zu begrüßen. Und er wurde belohnt, denn der Mann verneigte sich ungeschickt und stotterte bei seinen ersten Worten.
»Ich habe ihn ziemlich verwirrt«, sagte er schadenfroh zu Katharina.
»Ihr wart großartig«, versicherte diese.
***
Wenn er ein Dummkopf wäre, würde ich meine Ungeduld und meine Gereiztheit öfter hinunterschlucken müssen. Aber Heinrich ist nicht dumm. Er ist listig und gescheit, vielleicht sogar so aufgeweckt wie Arthur. Aber während Arthur, der Thronfolger, von Kindesbeinen an zum Nachdenken erzogen wurde, durfte sein jüngerer Bruder sämtliche Launen ausleben, nie musste er seine Zunge hüten. Sein Vater und seine Großmutter fanden, dass er anmutig war, und lehrten ihn lediglich gefälliges Benehmen. Heinrich hat einen guten Kopf, und er weiß zu lesen, zu debattieren und zu argumentieren - doch nur, wenn er das Thema interessant findet, und immer nur für begrenzte Zeit. Er lernte auch, gewiss, doch nur, um seine Klugheit zu demonstrieren. Er ist faul, furchtbar faul - er ist froh, wenn er Kleinigkeiten delegieren kann, und das ist bei einem König ein großer Fehler, denn auf diese Weise macht er sich zu abhängig von seinen Beamten. Ein König, der nicht arbeiten will, wird stets von seinen Beratern abhängig sein. Das ist die beste Voraussetzung für das Erstarken eines Kronrates, bis dieser übermächtig wird.
Immer, wenn wir über die Bedingungen des Bündnisvertrages zwischen Spanien und England sprechen, bittet Heinrich mich, diese niederzuschreiben; er mag es nicht selbst tun, er diktiert lieber und überlässt einem Schreiber die säuberliche Reinschrift. Und er wird sich nie damit plagen, den Code der Herrscher zu erlernen. Das bedeutet, dass jeder seiner Briefe an den Kaiser und jeder seiner Briefe an meinen Vater entweder ohnehin von mir geschrieben oder von mir in den Code übersetzt wird. Ich befinde mich mitten in der Planung eines Krieges, ob ich will oder nicht. Ich kann nicht umhin, die wichtigsten Entscheidungen dieser Allianz zu treffen, weil Heinrich mir diese überlässt.
Natürlich ist dies keine lästige Pflicht. Kein Kind meiner Mutter hätte solche Mühen abgelehnt, zumal, wenn es um einen Krieg gegen die Feinde Spaniens geht. Wir alle wurden mit der Gewissheit erzogen, dass das Königtum eine Berufung ist und kein Zuckerschlecken. König zu sein bedeutet zu regieren, und Regieren ist stets eine fordernde Aufgabe. Kein Kind meines Vaters könnte der Versuchung widerstehen, im Zentrum der Planung und Vorbereitung eines Krieges zu stehen. Niemand am englischen Hofe ist besser geeignet als ich, unser Land in den Krieg zu führen.
Ich bin ja nicht ohne Verstand. Von
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