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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Neuigkeiten im Sommer gefasst machen. Vielleicht haben wir dann bereits den erfolgreichen Feldzug gegen Frankreich geführt. Vielleicht schenke ich Euch einen Sieg und Ihr mir einen Sohn.«
 
***
 
    Heinrich hat mir seinen Leibarzt geschickt, den fähigsten Doktor von ganz London. Scheu steht der Mann auf der einen Seite des Zimmers, während ich weit entfernt von ihm auf meinem Stuhl sitze. Er darf mich natürlich nicht untersuchen - der Leib der Königin darf von niemandem als dem König berührt werden. Er darf auch nicht fragen, ob mit meiner Regel oder meinen Organen alles in Ordnung ist, denn diese sind ebenfalls unantastbar. Er ist wie gelähmt vor Verlegenheit, hält den Blick auf den Boden gerichtet und wagt nur mit leiser, abgehackter Stimme Fragen zu stellen. Er spricht nur Englisch, und ich muss mich anstrengen, ihn zu hören und zu verstehen.
    Er fragt, ob ich ausreichend esse, ob ich ein körperliches Leiden habe. Ich antworte, dass ich mich ausreichend ernähre, jedoch den Anblick und den Geruch von gebratenem Fleisch nicht ertragen kann. Überdies würde ich Früchte und Salate vermissen, die ich in Spanien täglich zu essen bekam, und ich sehnte mich nach dem honigtriefenden Baklava-Konfekt oder nach einem Tajine-Eintopf mit Gemüse und Reis. Der Arzt sagt, dies sei nicht von Belang, da frisches Gemüse oder Früchte für den Menschen nicht bekömmlich seien, und er würde mir ohnehin raten, während der Schwangerschaft nur Gekochtes zu mir zu nehmen.
    Dann fragt er mich, ob ich den ungefähren Zeitpunkt der Empfängnis wüsste. Ich sage, dass ich nicht sicher sei, hingegen jedoch angeben könne, wann ich meine letzte Regel gehabt hätte. Er schmunzelt überlegen, denn er ist der Gelehrte und ich nur eine Frau, und sagt, dass dies kaum ein Anhaltspunkt dafür sein könne, wann das Baby zur Welt kommen wird. Ich hätte gesehen, wie maurische Ärzte das Geburtsdatum von Kindern mit einem speziellen Abakus berechnen, sage ich zu ihm, und er entgegnet, von so etwas habe er noch nie gehört. Solche heidnischen Instrumente seien unnatürlich und ihr Gebrauch für ein Christenkind absolut ungeeignet.
    Dann sagt er, ich solle mich ausruhen. Er bittet mich, ihm sofort Bescheid zu geben, falls mir unwohl sein sollte, dann wird er mir Blutegel ansetzen. Er sagt, er glaube unbedingt an den regelmäßigen Aderlass bei Frauen, damit ihre Überhitzung verhütet werde. Dann macht er eine Verbeugung und empfiehlt sich.
    Ich schaue verständnislos Maria de Salinas an, die während dieser Nachahmung einer ärztlichen Untersuchung in einer Ecke des Gemachs gestanden hat. »Und das soll der beste Arzt von ganz England sein?«, frage ich ungläubig. »Der beste, den sie hier haben?«
    Sie schüttelt nur den Kopf, völlig konsterniert.
    »Ich frage mich, ob wir einen Arzt aus Spanien kommen lassen können«, überlege ich.
    »Eure Mutter und Euer Vater haben Spanien von fast allen gelehrten Männern geräumt«, sagt sie, und in diesem Moment schäme ich mich fast für meine Eltern.
    »Ihre Lehren waren heidnisch«, unternehme ich einen schwachen Versuch, die Handlungsweise meiner Eltern zu rechtfertigen.
    Maria zuckt die Achseln. »Jedenfalls wurden die meisten von der Inquisition verhaftet. Die Übrigen sind geflohen.«
    »Und wohin?«, frage ich.
    »Wohin Menschen eben fliehen. Die Juden gingen nach Portugal und von dort nach Italien oder in das Osmanische Reich, sie haben sich wohl in ganz Europa verstreut. Und die Mauren sind wohl nach Afrika oder in den Osten gegangen.«
    »Können wir nicht jemanden aus dem Osmanischen Reich kommen lassen?«, schlage ich vor. »Natürlich keinen Heiden. Aber einen Arzt, der bei den Mauren studiert hat? Es muss doch auch christliche Ärzte geben, die einiges an Wissen besitzen. Zumindest mehr als dieser Arzt.«
    »Ich werde mit dem Botschafter sprechen«, sagt sie.
    »Aber er muss Christ sein!«, bedinge ich mir aus. Ich weiß, dass ich einen besseren Arzt brauche als diesen Ignoranten, aber ich will nicht gegen die Lehren meiner Mutter und der heiligen Kirche verstoßen. Wenn diese sagen, dass das Wissen über die Funktionen des Körpers Sünde ist, dann muss ich mich wohl ihrem Urteil unterwerfen. Das ist meine Pflicht. Ich bin keine Gelehrte, und es ist besser, wenn ich mich vom Urteil der heiligen Mutter Kirche leiten lasse. Aber kann Gott wirklich wollen, dass wir das Wissen unterdrücken? Und was ist, wenn solche Ignoranz uns Englands Thronfolger kostet?
 
***
 
    Katharina

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