Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
mäßigte ihr Arbeitspensum keineswegs: Sie diktierte Briefe, empfing Bittsteller, besprach mit dem Kronrat Angelegenheiten des Reiches. Überdies fragte sie ihren Vater, ob er nicht einen Botschafter zur Vertretung der spanischen Interessen schicken könne, da Heinrich mit Spanien als Verbündetem gegen Frankreich in den Krieg ziehen wolle, sobald der kommende Frühling es gestattete; mithin werde es regen Briefwechsel zwischen beiden Ländern geben.
»Er ist höchst entschlossen, unserem Geheiß nachzukommen«, schrieb sie, sorgfältig jedes Wort in den komplexen Code übersetzend, den sie beide benutzten. »Er ist unsicher, weil er mit dem Kriege keine Erfahrung hat, und ängstlich darauf bedacht, dass einer englisch-spanischen Armee der Feldzug glücken möge. Ich mache mir große Sorgen, dass er in Gefahr geraten könnte. Er hat keinen Erben, und dies ist ohnehin ein Land, in dem Kinder oft in jungen Jahren sterben. Wenn er mit Euch in den Krieg zieht, vertraue ich ihn Eurer Obhut an. Er soll durchaus das Gefühl bekommen, den Krieg kennenzulernen, lehrt ihn bitte, wie man einen Feldzug führt. Doch schützt ihn auch bitte vor Gefahren. Versteht mich nicht falsch«, mahnte sie streng. »Er soll ein Gefühl dafür bekommen, wie der Krieg beschaffen ist, er muss lernen, Schlachten zu gewinnen - aber er darf niemals ernsthaft in Gefahr geraten. Und«, fügte sie hinzu, »er darf niemals erfahren, dass wir ihn beschützt haben.«
König Ferdinand, der erneut über ganz Kastilien und Aragón herrschte, da seine Tochter Juana, verloren in einer dunklen Welt aus Trauer und Wahnsinn, offenbar dazu nicht in der Lage war ... König Ferdinand schrieb seiner jüngsten Tochter bereitwillig, dass sie sich keine Sorgen um ihren Gemahl zu machen brauche, er werde dafür sorgen, dass Heinrich lediglich die Aufregung des Schlachtfeldes kennenlernen sollte. »Und haltet ihn nicht mit Euren Frauenängsten von seiner Pflicht ab«, mahnte er. »In allen unseren gemeinsamen Jahren ist Eure Mutter nie vor der Gefahr zurückgeschreckt. Seid Ihr die Königin, zu der sie Euch erzog. Dieser Krieg wird um unser aller Schutz und Gewinn ausgefochten werden, und der junge König muss die ihm zukommende Rolle neben dem alten König und dem alten Kaiser einnehmen. Es ist eine Allianz zweier alter Schlachtrösser und eines jungen Füllens - und dieses darf nicht zu sehr beschützt werden.« Dann folgte ein wenig freier Platz, als habe er Raum für Gedanken lassen wollen, und schließlich ein Postskriptum. »Selbstverständlich werden wir dafür sorgen, dass es für ihn hauptsächlich ein Abenteuer wird. Und natürlich wird er es nie erfahren.«
Ferdinand hatte recht. Heinrich brannte darauf, einem Bündnis anzugehören, das Frankreich niederwerfen sollte. Die Mitglieder des Kronrates, bedächtige Ratgeber aus der Zeit seines Vaters, vernahmen mit Entsetzen, wie sehr der junge König auf den Krieg erpicht war, als könne er sich keine bessere Art vorstellen, das Erbe seines Vaters zu ehren. Die eifrigen und eingebildeten jungen Männer, aus denen Heinrichs Hofstaat bestand, sehnten die Gelegenheit herbei, ihren Mut zu zeigen, und feuerten den König zum Kriege an. Die Franzosen waren der Erzfeind, es schien unglaublich, dass man jemals mit ihnen Frieden geschlossen hatte - und dass dieser Friede bis dato andauerte. Es schien unnatürlich zu sein, mit Frankreich Frieden zu halten - und sobald der Sieg sicher war, würde einmal mehr der Zustand des Dauerkonflikts herrschen. Und unter der Führung eines neuen, jungen Königs musste der Sieg einfach sicher sein!
Keine besänftigende Bemerkung Katharinas konnte das Kriegsfieber kühlen, und Heinrich verhielt sich bei seiner ersten Begegnung mit dem französischen Gesandten dermaßen kriegerisch, dass der erstaunte Repräsentant seinem Herrn vermeldete, der neue, junge König sei vor Zorn geradezu außer sich; er leugne, jemals einen friedfertigen Brief an den französischen König geschickt zu haben. (Woher hätte der Botschafter auch wissen sollen, dass der Kronrat diesen Brief geschickt hatte, während Heinrich fern vom Hofe weilte?) Zum Glück verlief die nächste Unterredung besser, denn Katharina war dabei.
»Grüßt ihn freundlich«, mahnte sie Heinrich, als sie den wartenden Botschafter entdeckte.
»Ich werde keine Freundschaft vortäuschen, wenn ich Krieg will.«
»Ihr müsst geschickt sein«, riet sie im Flüsterton. »Ihr müsst lernen, das Eine zu sagen und das Andere zu
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