Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
seiner Wange. »Ich will niemals etwas tragen, das von anderen Händen als den Euren genäht wurde.«
Katharina schmunzelte und zog ihn an der Schulter zu sich herunter. Heinrich beugte sich herab wie ein ungeschlachter Riese, und sie küsste ihn auf die Stirn. »Immer«, versprach sie ihm. »Ich werde immer Eure Hemden nähen.«
»Und nun ist es Zeit für Euer Geschenk«, verkündete Heinrich. Er schob ihr eine große Lederschatulle hin. Katharina öffnete sie. Darin lag ein prächtiges Schmuckset: ein Diadem, eine Halskette, zwei Armbänder und passende Ringe.
»Oh, Heinrich!«
»Gefallen sie Euch?«
»Sie sind wunderbar!«
»Werdet Ihr sie heute Abend tragen?«
»Ich werde sie heute Abend und zum Dreikönigsfest tragen«, versprach Katharina.
An diesen ersten Weihnachten ihrer Regentschaft strahlte die junge Königin vor Glück. Die schweren Röcke ihres Gewandes konnten die Wölbung ihres Leibes nicht verbergen; wohin sie auch ging, musste auf Geheiß des jungen Königs ein Stuhl platziert werden, denn sie durfte keinen Moment zu lange stehen, durfte nicht ermüdet werden. Er dichtete Lieder auf sie, welche die Musikanten spielten, und zu Ehren der Königin wurden Tänze und Maskenspiele aufgeführt. Der Hof, voller Freude über die Fruchtbarkeit seiner jungen Herrscherin und über seinen gesunden, kräftigen König, feierte bis spät in die Nacht, und Katharina saß auf dem Thron, die Füße ein wenig auseinandergestellt, um ihrem Bauche Platz zu verschaffen, und lächelte voller Glück.
W ESTMINSTER -P ALAST , J ANUAR 1510
Mitten in der Nacht wache ich auf. Ich habe Schmerzen - und noch etwas anderes, Seltsames geht vor. Ich habe geträumt. In meinem Traum schwoll die Themse in einer Flutwelle, und die Flut trug eine Schiffsflotte mit schwarzen Segeln herbei. Ich glaubte, es wären die Mauren, die mich holen wollten, und dann wiederum, es sei die spanische Flotte - die Armada, die aber seltsamerweise mein Feind war, der Feind Englands. In meiner Verzweiflung drehte und wälzte ich mich im Bett herum und wachte mit Grausen auf - und merke, dass die Wirklichkeit noch viel grausiger ist als mein Traum, denn meine Laken sind feucht von Blut, und in meinem Leib wühlt ein Schmerz.
Vor Angst rufe ich laut und wecke Maria de Salinas, die bei mir im Gemach schläft.
»Was habt Ihr?«, fragt sie. Dann sieht sie mein Gesicht und weckt die Zofe auf, die gleichfalls in meiner Kammer schläft, und schickt diese nach meinen Hofdamen und den Hebammen. Doch ich ahne, dass dies nicht mehr viel helfen wird. In meinem blutbefleckten Nachthemd taumele ich zu meinem Stuhl und spüre den Schmerz in meinem Leib wie ein Messer.
Als sie endlich kommen, schlaftrunken, in hastig übergeworfenen Umhängen, liege ich bereits auf den Knien und bete, dass der Schmerz vorübergehen möge, mich verschone. Ich weiß, dass es keinen Sinn mehr hat, um das Leben meines Kindes zu beten. Ich weiß, dass dieses Kind verloren ist. Ich spüre ein Reißen in meinem Körper, als es sich von mir löst.
Nach einem langen, schlimmen Tag, an dem Heinrich wieder und wieder an meine Tür klopft und ich ihn wegschicke, mit fröhlicher Stimme beschwichtige, während ich mir gleichzeitig in die Hand beiße, um nicht aufzuschreien - nach diesem langen, furchtbaren Tag wird mein Kind tot geboren. Die Hebamme zeigt es mir, es ist ein kleines Mädchen, ein weißes, schlaffes, kleines Ding: armes Baby, mein armes Baby. Mein einziger Trost ist, dass es nicht der Junge ist, den ich Arthur einst versprach. Es ist ein Mädchen, ein totes Mädchen ... und dann fällt mir plötzlich ein, dass er ja zuerst ein Mädchen wollte, das Mary genannt werden sollte.
Ich kann vor Kummer nicht sprechen, ich kann Heinrich nicht gegenübertreten und es ihm sagen. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass der Hof es erfährt, ich kann mich nicht überwinden, meinem Vater zu schreiben, dass ich in meiner Pflicht gegenüber England versagt habe. Ich habe Heinrich enttäuscht, ich habe Spanien enttäuscht, und das Schlimmste ist - aber das darf ich keinem sagen -, dass ich Arthur enttäuscht habe.
Ich bleibe in meinem Zimmer. Ich schließe die Tür und sperre all die bangen Gesichter aus: Die Hebammen, die mir einen Absud von Erdbeerblättern einflößen wollen, meine Hofdamen, die mir von ihren Totgeburten erzählen wollen und von denen ihrer Mütter und wie sich alles doch noch zum Guten wendete ... Ich will niemanden sehen. Ich knie am Fuße meines Bettes
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