Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Anfang an war mir klar, dass Vater plant, unsere Truppen gegen die Franzosen einzusetzen, und während wir sie an einem von ihm bestimmten Ort und zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt treffen, wird er, das wette ich, das Königreich Navarra angreifen. Ich habe bestimmt ein Dutzend Mal gehört, wie er Mutter sagte, mit der Einnahme Navarras hätte er die Nordgrenze Aragóns abgerundet; und überdies ist Navarra ein reiches Land, in dem Trauben und Weizen gedeihen. Mein Vater hat Navarra seit dem Augenblick haben wollen, seit er den Thron von Aragón bestieg. Wenn nur die geringste Chance auf die Eroberung Navarras besteht, wird er sie ergreifen, und wenn er die Engländer dazu bringen kann, für ihn diese Arbeit zu erledigen, dann umso besser.
Aber ich werde diesen Krieg nicht führen, um meinem Vater gefällig zu sein, obschon ich ihn in dem Glauben lasse. Nicht er wird mich als Werkzeug benutzen, sondern ich ihn. Ich will diesen Krieg für England und für Gott. Der Papst höchstselbst hat befohlen, dass die Franzosen Venedig nicht überrollen dürfen, der Papst selbst schickt sein heiliges Heer gegen die Franzosen. Und so ist es für eine treue Tochter der Kirche selbstverständlich, dem Heiligen Vater beizustehen.
Außerdem gibt es für mich noch einen anderen, gewichtigeren Grund. Nie vergesse ich die Warnung meiner Mutter, dass die Mauren sich eines Tages wieder gegen die Christenheit erheben werden, nie vergesse ich ihre Worte, ich müsse in England ebenso bereit sein wie in Spanien. Wenn die Franzosen die Armee des Papstes schlagen und Venedig erobern, besteht die große Gefahr, dass die Mauren wiederum ihre Chance nutzen und Venedig von den Franzosen erobern. Und sobald die Mauren erneut Fuß gefasst haben in der Christenheit, muss der Krieg meiner Mutter wieder in seiner ganzen Härte gefochten werden. Sie werden aus dem Osten kommen, sie werden aus Venedig kommen, und das christliche Europa wird ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein. Vater sagte mir einst, dass Venedig mit seinen Handelshäusern, seinem Zeughaus, seinen großen Werften niemals von den Mauren eingenommen werden dürfe; wir dürften nicht zulassen, dass sie jemals die Macht über eine Stadt erlangten, in der sie binnen einer Woche Kriegsgaleeren bauen, mit Waffen bestücken und bemannen könnten. Sobald sie die venezianischen Werften und Schiffsbauer unter ihren Gehorsam gezwungen hätten, könnten wir keine Seeschlacht mehr gewinnen. Ich weiß, dass es meine ureigene Pflicht ist, dem Papst die Engländer zu Hilfe zu schicken und Venedig vor jeglichen Invasoren zu schützen. Es fällt mir leicht, Heinrich davon zu überzeugen.
Aber ich vergesse auch Schottland nicht, denn ich erinnere mich deutlich, wie sehr Arthur die schottische Bedrohung fürchtete. An der ganzen Länge der Grenze hat der Kronrat Spione versteckt, und Thomas Howard, der alte Earl of Surrey, ist wohl nicht zufällig von dem verstorbenen König dorthin geschickt worden. Mein Schwiegervater hat Howard große Ländereien im Norden übereignet, damit er auf die Sicherheit der Grenze achten soll. Der verstorbene Heinrich war kein Dummkopf. Er ließ seine Arbeit nicht von anderen tun, nur, weil er ihren Fähigkeiten vertraute. Er schuf Bande, die ihm seinen Erfolg sicherten. Falls die Schotten in England einfallen wollen, müssen sie zuerst durch Howards Ländereien, und dieser hat ein Auge darauf, dass dies nicht geschieht. Er hat mir versichert, dass die Schotten diesen Sommer keinen ernsthaften Angriff wagen, sondern sich mit ihren üblichen Raubzügen begnügen werden. Sämtliche Berichte, die wir von Reisenden aus Schottland bekommen, stützen die Ansicht des Earls. Wenigstens in diesem Sommer sind wir vor ihren Angriffen sicher. Ich kann die Zeit nutzen und die englische Armee gegen die Franzosen schicken. Und Heinrich kann unter schützender Obhut das Handwerk des Soldaten lernen.
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Während der Weihnachtsfeiern wollte Katharina nicht selbst tanzen, sondern schaute nur zu. Sie applaudierte ihrem Gemahl, der ihre Hofdamen durch den Saal wirbelte, lachte über die Komödianten und unterzeichnete die Rechnungen für gewaltige Mengen Wein, Bier, Fleisch und erlesene Köstlichkeiten. Sie schenkte Heinrich einen kostbaren, mit Silber beschlagenen Sattel sowie ein paar Hemden, die sie selbst genäht und mit spanischer Schwarzstickerei geschmückt hatte.
»Ich möchte nur Hemden von Eurer Hand genäht haben«, sagte der König und rieb das feine Linnen an
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