Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
haben, was Ihr wollt.«
»Ich gebe den Köchen Bescheid, wenn ich etwas möchte.«
»Und die Hebammen sollen Euch nachts und morgens untersuchen, damit wir sicher sein können, dass alles gut geht.«
»Ja«, stimmte sie zu. »Und mit Gottes Wille wird es ein Sohn.«
***
Maria de Salinas, meine treue Freundin, die mich aus Spanien in dieses Land begleitet hat und sowohl unsere wenigen guten Monate erlebte als auch die harten Jahre überstand, war diejenige, die den Mauren ausfindig machte. Er behandelte einen reichen Kaufmann, der von Genua nach Paris reiste. Sie hatten einen Abstecher nach London gemacht, um Gold schätzen zu lassen, und Maria hörte von dem Mauren durch eine Frau, die Unserer Lieben Frau von Walsingham einhundert Pfund gespendet hatte in der Hoffnung, einen Sohn zu empfangen.
»Es heißt, er könne unfruchtbare Frauen dazu bringen, ein Kind zu empfangen«, flüstert sie mir zu, sorgfältig darauf achtend, dass wir nicht belauscht werden.
Ich bekreuzige mich, als müsste ich eine Versuchung abwenden. »Dann übt er wohl die Schwarzen Künste aus.«
»Euer Gnaden, er wird für einen begnadeten Arzt gehalten. Er hat bei Meistern seines Fachs auf der Universität Toledo studiert.«
»Ich will ihn nicht sehen.«
»Weil Ihr glaubt, dass er Zauberkräfte benutzt?«
»Weil er mein Feind ist und der meiner Mutter. Sie wusste, dass die Weisheit der Mauren unrechtmäßig erworben ist. Denn sie beziehen ihr Wissen vom Teufel, nicht aus den Wahrheiten, die Gott den Gläubigen enthüllt. Meine Mutter hat die Mauren aus Spanien vertrieben und ihre Zauberkünste gleich mit.«
»Aber, Euer Gnaden, er ist vielleicht der einzige Arzt in ganz England, der etwas über Frauen weiß.«
»Ich werde ihn nicht empfangen!«
***
Maria nahm meine Weigerung hin und ließ ein paar Wochen verstreichen. Dann, eines Nachts, wachte ich mit schlimmen Schmerzen im Leib auf und spürte, wie das Blut kam. Maria rief sogleich die Zofen mit Tüchern und einem Eimer. Als ich wieder im Bette lag und wir begriffen, dass es nichts anderes gewesen war als das erneute Einsetzen meiner Monatsregel, trat sie leise auf mich zu und stellte sich neben das Kopfende. Lady Margaret Pole stand schweigend auf der Türschwelle.
»Euer Gnaden, bitte, lasst diesen Arzt kommen!«
»Er ist Maure.«
»Ja, aber ich glaube, er ist der einzige Mann im Land, der sagen könnte, was Euch fehlt. Wie könnt Ihr die Regel haben, wenn Ihr doch guter Hoffnung sein müsstet? Vielleicht verliert Ihr dieses zweite Kind auch noch! Ihr müsst einen Arzt kommen lassen, dem wir trauen können.«
»Maria, er ist mein Feind. Er ist der Feind meiner Mutter. Sie hat ihr Leben damit verbracht, sein Volk aus Spanien zu vertreiben.«
»Womit wir auch dessen Weisheit verloren haben«, sagt Maria leise mahnend. »Ihr lebt seit fast zehn Jahren nicht mehr in Spanien, Euer Gnaden, Ihr wisst nicht, wie es heute dort zugeht. Mein Bruder schreibt, dass es keine Spitäler mehr gibt, in denen die Kranken geheilt werden können. Nonnen und Mönche tun, was in ihrer Macht steht, aber ihnen fehlt das Wissen. Wenn Ihr einen bösen Stein im Leibe habt, dann muss er Euch von einem Pferdedoktor herausoperiert werden, wenn Ihr einen Arm oder ein Bein gebrochen habt, so muss es der Grobschmied richten. Die Barbiere betätigen sich als Wundärzte, die Zahnzieher arbeiten auf den Marktplätzen und brechen ihren Patienten die Kiefer. Die Hebammen eilen von der Behandlung einer schwärenden Wunde direkt zu einer Geburt und verlieren ebenso viele Babys, wie sie zur Welt bringen. Das Können der maurischen Ärzte, ihre Kenntnisse über den Körper, ihre schmerzlindernden Kräuter, ihre feinen Instrumente und ihre Hygiene bei der Wundbehandlung - all dieses Wissen ist verloren.«
»Wenn es ein sündiges Wissen war, dann ist es besser so«, erwidere ich standhaft.
»Warum sollte Gott auf der Seite von Unwissen und Schmutz und Krankheit stehen?«, fragt sie heftig. »Vergebt mir, Euer Gnaden, aber das ergibt keinen Sinn. Und Ihr vergesst, was Eure Mutter wollte. Sie pflegte zu sagen, dass die Universitäten wiederaufgebaut werden sollten, um christliches Wissen zu lehren. Aber bis es so weit war, hatte sie bereits alle Lehrer töten oder verbannen lassen, die wertvolles Wissen besaßen.«
»Die Königin sollte sich niemals von einem Ketzer beraten lassen«, wirft Lady Margaret ein. »Keine englische Frau würde sich einem Mauren anvertrauen.«
Maria wendet sich wieder mir zu.
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