Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Mutter, beliebt, in seinem Zorne zu mir zu sprechen.
Aber er spricht nicht.
Also werde ich weiterhin glauben, dass ich recht habe. Arthur hatte recht, indem er mir das Versprechen abnahm, ich tat das Rechte, indem ich eine Lüge erzählte, meine Mutter hatte recht, als sie behauptete, ich solle nach Gottes Willen Königin von England werden ... Und dieses ist unverrückbar, was auch geschieht.
***
An diesem Abend, dem letzten Abend im Wöchnerinnengemach, leistet mir Lady Margaret Pole Gesellschaft. Sie nimmt Platz auf dem Schemel am Kamin, nahe genug, damit wir nicht belauscht werden können. »Ich muss Euch etwas sagen«, beginnt sie. Ein Blick auf ihr Gesicht belehrt mich, dass etwas geschehen sein muss.
»Heraus damit«, dränge ich.
Lady Margaret verzieht das Gesicht. »Leider muss ich vom neuesten Klatsch bei Hofe berichten.«
»Schön. Dann berichtet.«
»Es geht um Buckinghams Schwester.«
»Um Elizabeth?« Sogleich steht mir das Bild der hübschen jungen Frau vor Augen. Sie kam zu mir, sobald sie gehört hatte, dass ich Königin würde, und bat um eine Stelle als Hofdame.
»Nein, es geht um Anne.«
Ich nicke. Anne ist Elizabeths jüngere Schwester, ein schwarzäugiges Ding mit einem schalkhaften Blick und einer Vorliebe für männliche Gesellschaft. Unter den jungen Höflingen ist sie äußerst beliebt, doch in meiner Gegenwart benimmt sie sich sittsam und würdevoll, wie es einer jungen Dame aus einer der vornehmsten Familien des Landes geziemt.
»Was ist mit Anne?«
»Sie hat sich zu geheimen Stelldicheins mit William Compton getroffen. Ihr Bruder ist sehr aufgebracht. Er hat es bereits ihrem Ehemann gesagt und fürchtet, dass sie ihren Ruf und seinen guten Namen durch eine Tändelei mit des Königs Freund aufs Spiel setzt.«
Ich überlege kurz. William Compton ist einer von Heinrichs ungebärdigen Freunden, die beiden sind unzertrennlich.
»William hat es gewiss nicht ernst gemeint«, sage ich daher. »Er ist nun mal ein Herzensbrecher.«
»Es ist aufgefallen, dass sie einmal bei einem Maskenspiel gefehlt hat, einmal beim Dinner, und einmal sogar den ganzen Tag abwesend war, als der Hof auf die Jagd ging.«
Ich nicke wieder. Das ist nun ernster. »Aber kein Hinweis darauf, dass sie eine Affäre haben?«
Lady Margaret zuckt die Achseln. »Ihr Bruder ist natürlich erzürnt. Er hat Compton beschuldigt, und es gab Streit. Der König hat Compton verteidigt.«
Ich presse die Lippen zusammen, um meinen Ärger nicht laut werden zu lassen. Der Herzog von Buckingham ist einer der ältesten Freunde der Tudors, er besitzt gewaltige Ländereien und viele Anhänger. Als ich vor so vielen Jahren englischen Boden betrat, begrüßte er mich gemeinsam mit Prinz Harry, und nun ist er ein verehrter und mächtiger Gefolgsmann des Königs. Seit unserer ersten Begegnung ist er mir ein guter Freund gewesen. Selbst als ich in Ungnade gefallen war, bedachte er mich stets mit einem Lächeln und einem freundlichen Wort. Jeden Sommer schickte er mir Wildbret, und in manchen Wochen war dies das einzige Fleisch, das wir hatten. Heinrich darf nicht mit ihm streiten wie mit einem dummen Bauern! Nie hätte sein Vater die Krone ohne Buckinghams Hilfe erringen können. Eine Meinungsverschiedenheit zwischen meinem Ehemann und Buckingham ist keine Privatangelegenheit, sondern eine nationale Katastrophe. Wäre Heinrich vernünftig, dann hätte er sich nicht in solch kleinliches Höflingsgezänke hineinziehen lassen. Lady Margaret nickt mir ermutigend zu, ich muss gar nichts sagen, sie versteht mich auch ohne Worte.
»Kann ich denn keinen Moment vom Hofe abwesend sein, ohne dass meine Damen aus ihren Schlafzimmerfenstern klettern und jungen Männern nachlaufen?«
Sie beugt sich vor und tätschelt meine Hand. »Anscheinend nicht. Die Höflinge sind sehr jung und töricht, Euer Gnaden, sie brauchen Euch, damit Ihr sie an die Kandare nehmt. Der König hat in der Hitze des Gefechts einige böse Worte zu dem Herzog gesagt, und dieser ist zu Recht beleidigt. William Compton weigert sich, in dieser Angelegenheit auszusagen, und deshalb befürchten alle das Schlimmste. Sir George hat Anne so gut wie eingesperrt, heute hat sie noch niemand zu Gesicht bekommen. Ich fürchte, er wird seiner Gattin künftig verbieten, in Euren Gemächern Dienst zu tun. Dann aber ist es eine Angelegenheit, die auch Eure Ehre betrifft.« Sie hält kurz inne. »Ich fand, Ihr solltet es besser heute schon erfahren, statt morgen, wenn Ihr an den Hof
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