Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
und schritt um den königlichen Tisch herum zu ihrem Platz. Mit aller Macht zwang sie sich zur Ruhe. Als er neben ihr stand, schaute sie zu ihm hoch und lächelte schon wieder. »Wie Ihr wünscht. Ich möchte nicht mit Euch streiten. Wie aber soll ich einen geordneten Hofstaat erhalten, wenn ich junge Frauen aus guter Familie fortschicke, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen?«
»Ihr wart ja nicht zugegen und könnt daher nicht wissen, was sie getan oder nicht getan hat!«, suchte sich Heinrich zu rechtfertigen. Er winkte dem Hofstaat, Platz zu nehmen, und ließ sich selbst auf seinen Stuhl fallen. »Ihr habt Euch monatelang eingeschlossen. Was sollte ich denn ohne Euch tun? Wie sollen die Angelegenheiten des Hofes und des Staates geregelt werden, wenn Ihr einfach fortgeht und mich damit allein lasst?«
Katharina nickte, während sie heitere Miene bewahrte. Sie war sich der vielen Augenpaare bewusst, die sich auf sie hefteten wie ein Brennglas auf Papier. »Ich habe mich wohl kaum zurückgezogen, weil ich mich an der Ruhe ergötzte«, bemerkte sie.
»Es war höchst beschwerlich für mich«, klagte Heinrich, als hätte er gar nicht zugehört. »Höchst beschwerlich. Schön für Euch, wenn Ihr Euch wochenlang ins Bett legt, aber wie soll ein Hof ohne Königin regiert werden? Eure Damen gingen jeglicher Disziplin verlustig, niemand wusste, wie bestimmte Dinge gehandhabt werden sollten, ich durfte Euch nicht besuchen, ich musste allein schlafen ...« Er brach ab.
Ein wenig zu spät begriff Katharina, dass sein Toben eine wirkliche Kränkung verbarg. In seiner Selbstsucht hatte Heinrich ihr lang ertragenes Leid und ihre Angst zu seinem eigenen Problem gemacht. Er hatte es geschafft, ihr nutzloses Verweilen in der Wöchnerinnenstube als böswilliges Verlassen einzustufen. Sie hatte ihm Unrecht getan, da sie ihn mit der Führung eines aus dem Gleichgewicht geratenen Hofes allein gelassen hatte. In seinen Augen war dies Verrat gewesen.
»Ich meine, deshalb könntet Ihr jetzt wenigstens meiner Bitte nachkommen«, sagte er kleinlich. »Ich habe in den vergangenen Monaten genug Unbill gehabt. All dies wirft ein sehr schlechtes Licht auf mich, ich habe wie ein Narr dagestanden. Und alles ohne jede Hilfe von Eurer Seite.«
»Nun denn«, sagte Katharina friedlich. »Ich werde Elizabeth fortschicken und ihre Schwester Anne ebenfalls, wenn Euch so viel daran gelegen ist. Das ist doch selbstverständlich.«
Heinrich fand sein Lächeln wieder. Es war, als strahle die Sonne hinter Wolken hervor. »Ja. Und nun, da Ihr wieder da seid, kann das Leben endlich wieder angenehm werden!«
***
Kein Wort über meine Leiden, kein einziges tröstendes Wort, kein Verständnis. Ich hätte bei der Geburt dieses Kindes sterben können ... Nun aber, da kein Kind vorhanden ist, muss ich mit dem Schmerz, der Trauer und einer wachsenden Furcht vor der Sünde fertig werden. Aber an meine Befindlichkeit verschwendet er keinen einzigen Gedanken.
Dennoch schaffe ich es, sein Lächeln zu erwidern. Schon bei unserer Trauung wusste ich, dass er ein egoistischer Knabe ist, der eines Tages ein selbstsüchtiger Mann werden wird. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, ihn anzuleiten und ihm zu helfen, ein besserer Mensch zu werden, sofern es in seinen Möglichkeiten liegt. Da müssen zwangsläufig Zweifel aufkommen, Momente, in denen ich an meiner Aufgabe verzweifele. Und wenn solche Momente kommen, so wie jetzt, dann muss ich sie als mein Versagen begreifen, ihn auf den rechten Weg zu geleiten. Und ich muss ihm verzeihen.
Ohne meine Vergebung, ohne eine unermessliche Geduld meinerseits wäre unsere Ehe weitaus ärmer. Heinrich ist stets geneigt, einer ihm nahe stehenden Frau die Schuld für alles zu geben - solches Verhalten hat er bei seiner Großmutter gelernt. Und ich, Gott möge mir vergeben, bin stets geneigt, an den Mann zu denken, den ich verloren habe - und nicht an jenen, den ich gewonnen habe. Heinrich ist kein Mann, wie Arthur einer war, und er wird niemals der König sein, der Arthur geworden wäre. Aber er ist mein Ehemann und mein König, und ich sollte ihn respektieren.
Und das tue ich: Ich respektiere ihn, ob er es verdient oder nicht.
***
Kleinlaut hockten die Höflinge über ihrem Frühstück. Wenige nur konnten den Blick von dem hohen Tisch abwenden, wo unter dem goldenen Prunkbaldachin der König und die Königin saßen, sich angeregt unterhielten und wieder miteinander versöhnt schienen.
»Aber weiß sie es
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