Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
denn?«, flüsterte ein Höfling einer von Katharinas Hofdamen zu.
»Wer sollte es ihr erzählen?«, entgegnete diese. »Wenn Maria de Salinas oder Lady Margaret es nicht erzählt haben, weiß sie es nicht. Ich würde meine Ohrringe darauf verwetten.«
»Gemacht«, sagte der Mann. »Zehn Schillinge, dass sie es herausfindet.«
»Bis wann?«
»Bis morgen«, sagte er.
***
Ein weiterer Teil des Rätsels wurde gelöst, als ich die Haushaltsrechnungen für die Wochen zu Gesicht bekam, die ich im Wöchnerinnengemach verbracht hatte. In den ersten Tagen hatte es keine außergewöhnlichen Ausgaben gegeben, doch dann häuften sich die Aufwendungen für Lustbarkeiten: Honorare für Sänger und Schauspieler, die Festakte zur Geburt des Babys geprobt hatten, Rechnungen von dem Organisten und den Chorsängern sowie Entlohnung für Mägde, die das goldene Taufbecken blank gewienert hatten. Ferner waren Kosten aufgeführt für Kostüme in Lincoln-Grün; für Sänger, die unter dem Fenster Lady Annes ein Ständchen gebracht hatten; für einen Schreiber, der das neueste Lied des Königs aufgeschrieben hatte; für Proben zu einem neuen Maifeiern-Maskenspiel nebst Ball; und schließlich für die Kostüme dreier Damen, wobei Lady Anne die allegorische Figur der unerreichbaren Schönen darzustellen hatte.
Ich erhob mich von dem Tisch und begab mich zum Fenster, um in den Garten hinunterzuschauen. Dort hatten sie ein Geviert für Ringkämpfe aufgebaut, und die jungen Höflinge waren sämtlich im Hemde. Heinrich und Charles Brandon rangen miteinander wie Grobschmiede auf dem Jahrmarkt. Während ich zuschaute, brachte Heinrich seinen Freund zu Fall und setzte sein ganzes Gewicht ein, um ihn am Boden zu halten. Prinzessin Mary klatschte Beifall, und die Höflinge jubelten.
Ich wandte mich vom Fenster ab. Ich begann mich zu fragen, ob Lady Anne tatsächlich die unerreichbare Schöne gewesen war. Ich fragte mich, wie fröhlich sie am Morgen des ersten Mai gefeiert haben mochten, als ich einsam und traurig erwacht war und niemand unter meinem Fenster gesungen hatte. Und warum sollte der Hof für Sänger bezahlen, die Compton dabei halfen, seine neueste Geliebte zu verführen?
***
Am Nachmittag bestellte der König seine Gemahlin in seine Gemächer. Nachricht vom Papst war eingetroffen, und er wollte ihren Rat. Katharina nahm neben Heinrich Platz, lauschte dem Bericht der Gesandten und reckte sich dann in die Höhe, um ihrem Manne etwas ins Ohr zu flüstern.
Der nickte. »Die Königin hat mich soeben an unsere alte Allianz mit Venedig erinnert«, sagte er schwülstig. »Aber es besteht in der Tat gar kein Grund, mich daran zu erinnern. Es ist unwahrscheinlich, dass ich es vergesse. Ihr könnt auf unsere Entschlossenheit bauen, Venedig und ganz Italien vor der Gier des französischen Königs zu beschützen.«
Die Botschafter nickten ehrerbietig. »Ich werde Euch ein Schreiben dazu senden«, verkündete Heinrich würdevoll. Die Herren verneigten sich und ließen das Herrscherpaar allein.
»Werdet Ihr den Brief aufsetzen?«, fragte er Katharina.
»Natürlich«, erwiderte sie. »Ich finde, Ihr habt es gut gemacht.«
Heinrich lächelte erfreut ob ihres Lobes. »Es geht mir viel leichter von der Hand, wenn Ihr dabei seid«, sagte er. »Doch wenn Ihr fern seid, will nichts gelingen.«
»Jetzt bin ich ja wieder da.« Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und spürte seine Muskeln. Heinrich war nun ein Mann geworden, er besaß die Stärke eines Mannes. »Liebster, ich finde es so schmerzlich, dass Ihr Euch mit dem Herzog von Buckingham gestritten habt.«
Sie spürte, wie er die Schultern versteifte. Dann schüttelte er ihre Hand ab. »Das ist nicht weiter tragisch«, wiegelte er ab. »Wenn er mich um Verzeihung bittet, soll alles vergessen sein.«
»Wäre es nicht möglich, dass er einfach an den Hof zurückkehrt?«, schlug Katharina vor. »Ohne seine Schwestern, wenn Ihr diese nicht sehen wollt ...«
Unvermittelt brach Heinrich in Lachen aus. »Oh, holt sie alle zurück!«, keuchte er. »Wenn dies Euer innigster Wunsch ist, wenn Euer Glück davon abhängt. Ihr hättet Euch niemals ins Wöchnerinnengemach zurückziehen dürfen! Es gab ja kein Kind! Jeder hätte sehen können, dass es kein Kind geben würde.«
Katharina war so erschüttert, dass sie kaum Worte fand. »Es geht um meine Zeit in der Wöchnerinnenstube?«
»Sonst wäre es wohl kaum so weit gediehen. Alle haben doch gesehen, dass Ihr nicht guter Hoffnung wart.
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