Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
wieder dort zu sein.
Ich entsinne mich, wie ich den großen gelben Mond zu betrachten pflegte, der sich im Wasser des Generalife spiegelte. Und das dumme Närrchen, das ich damals war, träumte davon, verheiratet zu sein.
O XFORD , W EIHNACHTEN 1501
Ein paar Tage vor Weihnachten begaben sie sich auf die Reise. Entschlossen, den Anstand zu wahren, redeten sie einander in der Öffentlichkeit mit ausgesuchter Höflichkeit an, ignorierten einander jedoch vollständig, wenn sie allein waren. Die Königin hatte gebeten, dass das Prinzenpaar wenigstens für die zwölftägigen Weihnachtsfeiern am Hofe bleiben könne, doch die Königinmutter hatte entschieden, dass Arthur und Catalina Weihnachten in Oxford verbringen sollten, damit auch das Volk auf dem Land sein zukünftiges Herrscherpaar zu Gesicht bekäme - und das Wort der Königinmutter war Gesetz.
Catalina reiste in der Sänfte. Unbequem holpernd ging es über vereiste Straßen, auf denen die Maultiere ständig stolperten. Und sie fror erbärmlich, auch wenn sie in noch so viele Decken und Pelze gehüllt war. Die Königinmutter hatte befohlen, dass die Prinzessin wegen der Gefahr eines Sturzes nicht reiten dürfe. Unausgesprochen verbarg sich dahinter die Hoffnung, dass Catalina schwanger sein möge. Weder bestätigte noch verneinte Catalina diese Hoffnung, und Arthur war das Schweigen in Person.
Auf der Reise nach Oxford übernachteten sie in separaten Zimmern, und nach ihrer Ankunft nahmen sie getrennte Gemächer im Magdalen College. Die Chorsänger waren bereit, die Küche war bereit, das außerordentlich gastfreundliche Oxford war bereit für den fröhlichen Empfang der erlauchten Gäste, nur der Prinz und die Prinzessin von Wales waren so kühl und langweilig wie das Wetter.
Gemeinsam speisten sie an dem großen Tisch an der Stirnseite der Halle, und auf der Galerie drängten sich Oxforder Bürger, um der Prinzessin dabei zuzuschauen, wie sie kleine Bissen in ihren Mund steckte und ihrem Ehemann die kalte Schulter zeigte. Er seinerseits spähte durch die Halle, auf der Suche nach Gesprächspartnern und Zerstreuung, als speise er allein.
Tänzer und Narren betraten die Halle, gefolgt von Komödianten und Akrobaten. Die Prinzessin lächelte freundlich, obwohl sie nicht fröhlich schien; sie teilte kleine Börsen mit spanischen Münzen an die Darsteller aus und dankte ihnen für die schöne Vorstellung. Kein einziges Mal jedoch richtete sie das Wort an ihren Ehemann, um ihn zu fragen, wie ihm der Abend gefalle. Nach dem Mahl spazierte der Prinz durch die Halle und unterhielt sich leutselig mit den hohen Ratsherren. Er sprach nur Englisch mit den Anwesenden, und seine Spanisch sprechende Gemahlin musste warten, ob jemand auf Französisch oder Latein das Wort an sie richten würde. Doch dies fiel niemandem ein. Alles drängte sich um den Prinzen und scherzte und lachte; fast schien es, als mache man sich über die Spanierin lustig und wolle nicht, dass sie die Scherze verstünde. Die Prinzessin saß steif und unbehaglich auf ihrem harten geschnitzten Stuhl und trug den Kopf hoch, während auf ihren Lippen ein leicht trotziges Lächeln lag.
Dann endlich nahte die Mitternachtsstunde, und der lange Abend konnte zu Ende gehen. Catalina erhob sich, worauf der ganze Hofstaat sogleich fleißig Knickse und Verbeugungen machte. Die Prinzessin sank vor ihrem Gatten in einen tiefen spanischen Knicks, während ihre Duenna ihre starre Miene beibehielt. »Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Euer Gnaden«, sagte die Prinzessin auf Lateinisch, mit klarer Stimme und perfekter Betonung. »Ich werde später zu Euch kommen«, verkündete der Prinz. In der Menge erhob sich zustimmendes Gemurmel: Der Hof wollte einen kernigen Prinzen.
Ob dieser öffentlichen Ankündigung stieg Catalina das Blut in die Wangen. Es gab nichts, was sie dagegen sagen konnte. Sie durfte nicht ablehnen. Doch die Art, in der sie sich umwandte und die Halle verließ, verhieß dem Prinzen kein warmes Willkommen. Catalinas Hofdamen knicksten und folgten ihr: eine Schar empörter Weiblichkeit, die ihrer Herrin wie ein vielfarbiger Schleier hinterdreinwehte. Die Höflinge lächelten hinter vorgehaltener Hand über den Schneid der Prinzessin.
Arthur kam eine halbe Stunde später zu ihr. Alkohol und Ärger hatten ihm eingeheizt. Er traf Catalina noch in Kleidern an. Sie saß mit ihrer Duenna am Kamin, das Gemach war von Kerzen erleuchtet, und ihre Damen plauderten und spielten Karten, als sei noch
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