Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
die vor ihre Häuser getreten waren, um ihm zuzujubeln. Catalina zog die Vorhänge der Sänfte zu und sperrte den kalten Wind und die neugierigen Gesichter aus: Sie wollte sich nicht zeigen.
Zu Mittag kehrten sie in das Haus eines Landadeligen ein, um dort ein Mahl einzunehmen. Arthur betrat ohne Umschweife das Haus, ohne sich die Mühe zu machen, seiner Gemahlin aus der Sänfte zu helfen. Beunruhigt begab sich die Hausherrin zur Sänfte und sah eine bleiche Catalina mit rot geweinten Augen heraustaumeln.
»Prinzessin, fühlt Ihr Euch nicht wohl?«, fragte sie entsetzt.
»Mir ist kalt«, erwiderte Catalina unglücklich. »Ich bin halb erfroren. Ich glaube, noch nie in meinem Leben ist mir so kalt gewesen.«
Sie aß kaum etwas und wollte keinen Wein. Sie sah aus, als könnte sie jeden Moment vor Erschöpfung zusammenbrechen, doch sobald das Mahl beendet war, drängte Arthur zum Aufbruch: Sie hatten noch zwanzig Meilen zurückzulegen, bevor die frühe Winterdämmerung einsetzte.
»Könnt Ihr die Weiterreise nicht verweigern?«, fragte Maria de Salinas leise.
»Nein«, erwiderte die Prinzessin mutlos. Sie erhob sich. Doch als die große hölzerne Tür zum Hof aufgestoßen wurde, wirbelten kleine Schneeflocken herein.
»Wir können doch nicht im Schneetreiben reisen! Bald ist es dunkel. Wir werden uns verirren!«, rief Catalina.
»Ich verirre mich nicht«, behauptete Arthur und ging zu seinem Pferd. »Folgt mir einfach!«
Rasch wies die Hausherrin eine Magd an, einen erhitzten Stein zu holen, der, in eine Decke gewickelt, Catalina in der Sänfte an die Füße gelegt werden sollte. Diese kletterte nun in das Gefährt, schlang die Decken um den Leib und barg ihre Hände in den Kissen.
»Ich bin sicher, er brennt darauf, Euch seine Burg in Ludlow zu zeigen«, sagte die Herrin des Hauses im Bemühen, aus einer unerträglichen Lage das Beste zu machen.
»Er brennt darauf, mich zu vernachlässigen«, gab Catalina zurück, aber sie sagte es vorsichtshalber auf Spanisch.
Sie ließen Wärme und Licht des Hauses hinter sich und hörten das Zuschlagen der Tore. Dann wendeten sie die Pferde nach Westen, der bleichen Sonne entgegen. Es war zwar erst zwei Stunden nach Mittag, aber am Himmel standen so viele Schneewolken, dass die hügelige Landschaft in geisterhaftes Licht getaucht war. Vor ihnen wand sich die Straße als braunes Band zwischen braunen Feldern, die zusehends unter einer Schneedecke verschwanden. Arthur ritt fröhlich singend voraus, und Catalinas Maultiere mühten sich hinterdrein. Bei jedem Schritt schwankte die Sänfte gefährlich, und die Prinzessin musste sich festhalten, bis ihre Finger klamm und blau wurden. Die Vorhänge hielten zwar den schlimmsten Schneefall ab, nicht jedoch den unablässig wehenden, eiskalten Wind. Wenn Catalina einen Zipfel beiseiteschob, um einen Blick auf die Landschaft zu werfen, erblickte sie lediglich weiße wirbelnde Schneeflocken vor einem Himmel, der immer grauer zu werden schien.
Weiß ging die Sonne vor einem weißen Himmel unter, und die Welt wurde noch dunkler. Schnee und Wolken hüllten die kleine Kavalkade ein.
Arthur schien die Kälte nichts auszumachen. Eine Hand am Zügel, die andere an der Peitsche, saß er aufrecht im Sattel. Ihn schützten wollene Unterwäsche, ein festes Lederwams und weiche, warme Lederstiefel. Catalina schaute ihm zu. Sie fror viel zu sehr und war viel zu elend, um ihm noch zu grollen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er zur Sänfte kommen und ihr mitteilen würde, die Reise sei nun endlich vorbei, sie seien nun endlich angekommen.
Eine weitere Stunde verging. Die Maultiere trotteten mit gesenkten Köpfen die Straße entlang, während der Wind Schneeflocken um ihre Ohren und in die Sänfte hineinwirbelte. Die Flocken waren nun größer geworden; sie tanzten in der Luft und füllten die Furchen der Straße. Catalina lag zusammengekrümmt unter den Decken, den kalt werdenden Stein an ihren Leib gedrückt, die Knie angezogen. Die eiskalten Hände hatte sie unter die Decke geschoben, das Gesicht in Kissen und Decken vergraben. Ihre Füße waren Eiszapfen, und durch einen Spalt an ihrem Rücken drang ab und zu ein besonders eisiger Windstoß herein.
Rings um ihre Sänfte hörte Catalina die Männer schwatzen und über den Wintereinbruch Witze machen. Sie schworen einander, dass sie in Burford ganz besonders gut essen wollten. Die Stimmen schienen von weither zu kommen ... langsam glitt die Prinzessin in einen Schlaf aus Kälte
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