Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
dass Ihr bei solch rauem Wetter so weit reist. Ich hätte es niemals so weit kommen lassen dürfen, dass Ihr halb erfriert. Es war sehr unrecht von mir.«
»Ich vergebe Euch«, flüsterte Catalina, und ein schwaches Lächeln erhellte ihr Gesicht.
»Ich habe nicht gewusst, dass ich Euch umsorgen muss. Ich habe nicht nachgedacht. Ich habe mich benommen wie ein Kind, wie ein grausames Kind. Aber jetzt weiß ich es besser, Catalina. Ich werde Euch nie wieder ein Leid antun.«
Sie nickte. »Oh, bitte. Und Ihr müsst mir auch vergeben. Auch ich war sehr unfreundlich zu Euch.«
»Wann das?«
»In Oxford«, flüsterte sie.
Arthur nickte. »Und was habt Ihr mir zu sagen?«
Verstohlen schaute sie zu ihm auf. Er spielte nicht den Beleidigten. Er war immer noch ein Junge, ein Junge mit einem starken Gerechtigkeitssinn. Ihm stand eine gebührliche Entschuldigung zu.
»Es tut mir sehr, sehr leid«, sagte die Prinzessin, und es war die lautere Wahrheit. »Ich habe mich nicht korrekt benommen, und am Morgen danach tat es mir leid, aber ich konnte es Euch nicht sagen.«
»Sollen wir nun zu Bett gehen?«, flüsterte er mit dem Mund nahe an ihrem Ohr.
»Können wir denn?«
»Wenn ich sage, dass Ihr krank wäret?«
Catalina nickte und schwieg dann.
»Die Prinzessin fühlt sich krank wegen der Kälte«, verkündete Arthur dem Gefolge. »Doña Elvira bringt sie nun in ihr Gemach, wo ich später allein mit ihr speisen werde.«
»Aber die Menschen sind doch eigens hergekommen, um Euer Gnaden zu sehen ...«, wandte der Gastgeber ein. »Sie haben Lustbarkeiten für Euch vorbereitet und hätten gern, dass Ihr den einen oder anderen Streit schlichten möget ...«
»Ich werde die Bittsteller sogleich in der Halle empfangen und, wenn nötig, auch noch den morgigen Tag darauf verwenden. Der Prinzessin muss jedoch zugestanden werden, dass sie sich sogleich zurückzieht.«
»Selbstverständlich.«
Es gab ein wenig Verwirrung, als die Hofdamen unter der Leitung Doña Elviras die Prinzessin zu ihrem Gemach geleiteten. Catalina schaute über die Schulter zu Arthur. »Kommt zum Dinner in meine Gemächer«, sagte sie klar und deutlich und allen vernehmbar. »Ich möchte Euch noch sehen, Euer Gnaden.«
Das war alles, was er von Catalina hören wollte: ihre öffentliche Bekundung, dass ihr an seiner Gesellschaft gelegen war. Er verneigte sich. Dann begab er sich in die große Halle, ließ sich einen Krug Bier bringen und widmete sich freundlich den Angelegenheiten der Bittsteller. Nachdem ihren Bitten Genüge getan war, entschuldigte er sich und suchte die Prinzessin in ihrem Gemach auf.
***
Catalina war allein und erwartete ihn am Kamin. Sie hatte ihre Damen und Diener fortgeschickt, und niemand wartete ihnen auf; sie waren ganz allein. Fast wäre Arthur beim Anblick des leeren Zimmers zusammengefahren, denn die Tudor-Prinzen und -Prinzessinnen wurden niemals allein gelassen. Doch Catalina hatte die Diener verbannt, die bei Tisch servieren sollten, und ihre Hofdamen, die ihnen beim Dinner Gesellschaft geleistet hätten. Sie hatte sogar ihre Duenna fortgeschickt. Niemand außer Arthur konnte sehen, welche Veränderungen sie vorgenommen hatte.
Catalina hatte das schlichte englische Holzmobiliar in leuchtend bunte, leichte Tücher gehüllt, sie hatte sogar Tücher zwischen die Wandteppiche gehängt, um die kalten Mauern zu verdecken. Damit hatte sie erreicht, dass das Gemach wie ein wunderschön geschmücktes Zelt anmutete.
Ferner hatte sie ihre Diener angewiesen, die Beine vom Tisch abzusägen. Dieser war nun so lächerlich niedrig wie ein gewöhnlicher Fußschemel. Zu beiden Seiten des Tisches hatte die Prinzessin große Kissen platziert, als wollte sie, dass sie wie die Barbaren zu Tische liegen sollten. Der Tisch war gedeckt, und die Speisen waren so nahe wie möglich an die glühenden Scheite im Kamin geschoben worden. Überall standen Kerzen, und in der Luft lag ein schwerer Duft wie Räucherwerk oder Weihrauch in der Kirche.
Fast hätte sich Arthur über die Verschwendung beschwert, die Beine guter Möbelstücke abzusägen, doch er besann sich. Vielleicht war dies nicht nur eine mädchenhafte Laune von ihr, vielleicht wollte sie ihm damit etwas deutlich machen.
Denn Catalina trug höchst ausgefallene Kleider: Auf dem Kopf ein geschlungenes Gebilde aus einer langen Bahn feinster Seide, dessen Ende sie lässig unter diesen Kopfputz gesteckt hatte, als wollte sie es wie einen Schleier vors Gesicht ziehen. Statt des üblichen
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