Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
nehmen«, sagte sie gnädig und wies ihm einen niedrigeren, weiter vom Feuer entfernten Stuhl an.
Dr. de Puebla machte eine neuerliche Verbeugung und setzte sich.
»Habt Ihr Nachrichten für mich?«
»Ich überbringe Euch Beileidsbekundungen. Von König Heinrich und Königin Elizabeth, von der Königinmutter und natürlich von mir. Die königlichen Majestäten laden Euch zu Hofe, sobald Ihr Euch von Eurer Reise erholt habt und nicht mehr in Trauer seid.«
»Wie lange muss ich Trauer tragen?«, erkundigte sich Catalina.
»Die Königinmutter hatte bestimmt, dass Ihr einen ganzen Monat nach dem Begräbnis zurückgezogen verbringen solltet. Da Ihr jedoch während dieser Zeit nicht bei Hofe geweilt habt, hat sie beschlossen, dass Ihr an diesem Ort bleibt, bis sie Eure Rückkehr nach London befiehlt. Sie ist sehr besorgt um Eure Gesundheit ...«
Er hielt inne und hoffte, sie würde ihm verraten, ob sie guter Hoffnung war oder nicht - aber Catalina schwieg.
Nun hielt er es für besser, sie direkt zu fragen. »Infantin ...«
»Ihr solltet mich mit ›Prinzessin‹ anreden«, fiel sie ihm ins Wort. »Ich bin die Prinzessin von Wales.«
De Puebla zögerte konsterniert. »Prinzessinwitwe«, korrigierte er mit leiser Stimme.
Catalina nickte. »Natürlich. Angeblich ist dies mein neuer Titel. Habt Ihr Post aus Spanien erhalten?«
Der Gesandte verneigte sich und reichte ihr den Brief, den er in der Geheimtasche seines Ärmels getragen hatte. Sie riss ihm nicht, wie er erwartet hatte, das Schreiben aus der Hand, begierig auf dessen Inhalt erpicht, sondern nickte nur dankend und hielt es ruhig in der Hand.
»Wollt Ihr Euren Brief nicht öffnen? Und antworten?«
»Sobald ich meine Antwort geschrieben habe, lasse ich Euch rufen«, erwiderte Catalina schlicht und ließ ihn einmal mehr ihre Macht spüren. »Ich werde nach Euch schicken, wenn ich Euch brauche.«
»Selbstverständlich, Euer Gnaden.« De Puebla strich den Samtflor seiner Kniehose glatt, um seinen Ärger zu verbergen. Was für eine Impertinenz, dass die Infantin, nun Witwe, befehlen durfte, wo vordem die Prinzessin von Wales noch höflich gebeten hatte. Vielleicht mochte er diese neue, vornehmere Catalina doch nicht so gut leiden.
»Und haben die königlichen Hoheiten etwas gesagt?«, fragte die Prinzessin. »Haben sie Euch ihre Wünsche mitgeteilt?«
»Ja.« Er fragte sich, wie viel er ihr sagen sollte. »Natürlich sorgt sich Königin Isabella, wie es Euch geht. Sie trug mir eigens auf, nach Eurem Befinden zu fragen und ihr zu berichten.«
Ein Schatten zog über Catalinas Gesicht. »Ich werde meiner Mutter, der Königin, schreiben und ihr alles Nötige selbst mitteilen«, sagte sie.
»Sie hätte gern gewusst ...«, begann der Gesandte verlegen, weil er die Antwort auf die wichtigste Frage benötigte: Gab es einen Thronfolger? War die Prinzessin guter Hoffnung?
»Ich werde mich nur meiner Mutter anvertrauen.«
»Wir können keine Festsetzungen über Euer Witwenerbe treffen, bevor wir das nicht wissen«, erklärte er unverblümt. »Alles hängt davon ab.«
Catalina brauste nicht auf, wie er erwartet hatte. Stattdessen neigte sie den Kopf. Sie hatte sich hervorragend in der Gewalt. »Ich werde an meine Mutter schreiben«, wiederholte sie, als habe sein Rat kaum Gewicht.
De Puebla begriff, dass er nichts mehr aus ihr herauskriegen würde. Doch immerhin hatte ihm Catalinas Kaplan erzählt, dass die Prinzessin guter Hoffnung sein könnte, und der musste es ja wissen. Der König wäre froh zu hören, dass es wenigstens Hoffnung auf einen Erben gab. Außerdem hatte die Prinzessin es nicht bestritten. Vielleicht war aus ihrem Schweigen Kapital zu schlagen. »Dann lasse ich Euch jetzt allein, damit Ihr Euren Brief lesen könnt.« Er verneigte sich.
Catalina verabschiedete ihn mit einer achtlosen Handbewegung, drehte sich um und starrte in das kleine Feuer, das im Kamin brannte. De Puebla verbeugte sich noch einmal, und da sie ihn nicht anschaute, musterte er unverhohlen ihre Gestalt. Das blühende Aussehen einer frühen Schwangerschaft konnte er nicht feststellen, aber manchen Frauen bekamen die ersten Monate gar nicht. Ihre Blässe konnte durchaus von Morgenübelkeit herrühren. Für einen Mann war es unmöglich zu bestimmen, ob sie schwanger war oder nicht. Er musste sich wohl oder übel auf die Worte ihres Beichtvaters verlassen und diese behutsam weitergeben.
***
Meine Hände zittern so stark, dass ich kaum das Siegel des Briefes erbrechen kann.
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