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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Funktionsweise und Konstruktion. Die Waffe schien wie aus einem Stück gegossen, und er fand keine Möglichkeit, das Gehäuse zu öffnen. »Ich frage mich«, sagte er, »ob wir imstande sind herauszufinden, wie man sie nachbaut.«
    Zu seiner Freude hatte er in Avila eine willige Zuhörerin gefunden, mit der man über weit mehr als nur Religion reden konnte. Die beiden unterhielten sich ausführlich über die Keilwaffen und spekulierten über die Kraft, mit deren Hilfe sie ihre Wirkung erzielten. Avila lauschte höflich, während er über die zahlreichen Möglichkeiten sprach, wie man das, was sie im Verlauf der Expedition gelernt hatten, später zu Hause anwenden könnte. Und wenn Avila auch ihre Ungeduld gegenüber Flojians nüchternem Pragmatismus manchmal nicht ganz verbergen konnte, so brachte sie ihre Argumente doch ernsthaft und ohne jede Bitterkeit vor.
    Sie war eine wundervolle Frau, was man im Staub und Schmutz und der erzwungenen Vertraulichkeit des täglichen Umgangs leicht vergessen konnte. Flojian fragte sich immer wieder, wie eine so hübsche Frau sich freiwillig in das Zölibat der Priesterschaft begeben konnte. Der Gedanke erweckte unbehagliche Gefühle in ihm, und er schob ihn beiseite.
    In Flojians Leben hatte es nie eine wirklich ernste Leidenschaft gegeben. Wenigstens nicht für eine Frau. Er hatte einmal geheiratet, doch es war eine geschäftsmäßige, kühle Verbindung gewesen, eine Ehe zwischen zwei geistesverwandten Individuen. Sie hatten sich auseinandergelebt, ohne daß einer der beiden tief verletzt worden wäre. Eine zivilisierte Ehe mit einer zivilisierten Scheidung.
    Frauen fehlte es stets an der einen oder anderen Sache. Sie besaßen ärgerliche Angewohnheiten oder dachten völlig anders als er. Oder es mangelte ihnen an sozialen Fähigkeiten. Flojian hatte schon vor langer Zeit erkannt, daß er sein Leben mit keiner Frau teilen würde. Seine Maxime war einfach: Kümmere dich um dein Geschäft, verdiene Geld und vergnüge dich mit denen, die es zulassen. Und achte auf sichere Distanz.
    Trotzdem. Er konnte nicht mehr darüber hinwegsehen, daß Avila Gefühle in ihm weckte, die lange Zeit geschlafen hatten. Ihr Lachen, ihr Lächeln, ihre Augen … Vielleicht hatten die beiden Todesfälle ihn für weiblichen Charme empfänglich gemacht. Vielleicht spielte es auch überhaupt keine Rolle. Fest stand, daß er bis tief in die Nacht mit ihr zusammensaß und die Sterne am Himmel beobachtete.
    Er suchte nach einem Zeichen, daß sie seine Gefühle erwiderte, doch er vermutete, daß er in ihren Augen zu pragmatisch und materiell ausgerichtet war, ein Mann, der zu fest mit beiden Füßen auf dem Boden stand. Und was die Dinge buchstäblich unmöglich machte, das war die Tatsache, daß Avila einen halben Fuß größer war als Flojian. Wenigstens nahm sie ihn ernst, und das war in dieser Gruppe wahrscheinlich alles, was er sich erhoffen durfte.
     
    Sie wanderten seit zwei Tagen an der Küste entlang, als Chaka plötzlich innehielt und auf das Meer hinaus deutete. Es war früh am Morgen, und die Sonne hatte den Dunst noch nicht ganz aufgelöst. Weit draußen im Nebel bewegte sich etwas, das war nicht zu übersehen.
    Nach und nach nahmen Segel und Masten Gestalt an. Ein Schoner, mit Laternen an Bug und Heck. Das Schiff lief parallel zur Küste. »Kanonen«, sagte Quait. »Sie sind mit Kanonen bewaffnet.«
    Stimmen trieben über das Wasser heran. Gelächter. Und dann, wie ein Geist, verschwand das Schiff im Nebel. Als kurze Zeit darauf die Sicht klar wurde, war der Horizont leer.
    Kurz vor Mittag näherten sie sich einem Gebäude, wie sie es bisher noch nirgendwo gesehen hatten. Es stand ganz allein auf einem Felsen vor der Küste: Ein sechseckiger Turm, mehrere Stockwerke hoch, erhob sich aus der Mitte eines flachen Gebäudes. Der Turm besaß ein paar Fenster, und eine Metallkuppel bildete die Spitze. Unterhalb der Kuppel befand sich ein umlaufender Balkon und darüber ein leerer Rahmen. »Ich schätze, dieser Rahmen war einmal mit Glas ausgefüllt«, sagte Chaka.
    Einst war das Gebäude durch einen Laufsteg mit dem Festland verbunden gewesen, doch der größte Teil davon fehlte inzwischen. Eine Steinmauer, ein paar zerbrochene Pfeiler, die aus dem Sand und den Felsen weiter unten ragten, ein wenig ausgewaschenes Metall, mehr war nicht mehr übrig. »Sieht aus, als hätten sie damit ihren Schiffen Signale gegeben«, sagte Flojian. »Gar keine schlechte Idee.« Entlang dem Mississippi benutzten sie

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