Die ewige Straße
allein?«
»Falls Mike unschuldig ist«, antwortete Avila, »dann würden wir ihn im Stich lassen. Das kann ich nicht. Ganz besonders jetzt, wo wir für seine Erlösung mit Blut bezahlt haben.«
Quait starrte sie lange an. »Dann sehen wir zu, daß wir es hinter uns bringen«, sagte er schließlich. »Ich begleite dich.«
Trotzdem regten sich auch in Avila Zweifel. Deswegen bestand sie darauf, daß ihre Tiere und die Ausrüstung zuerst über den Kanal in die große Empfangshalle des grauen Turms verfrachtet wurden. »Warum nicht«, sagte Flojian. »Wasser ist eine Barriere gegen das Böse.«
Nachdem sie fertig waren, wollten alle wider besseres Wissen Avila und Quait begleiten und der Entität gegenübertreten, die Flojian und Quait inzwischen als Hausdämon bezeichneten.
»Also schön, meinetwegen«, erklärte Avila sich einverstanden, weil ihr keine andere Wahl blieb. »Aber das Reden überlaßt ihr mir. Einverstanden?«
Sie kehrten in die Union-Station zurück und marschierten zu viert nebeneinander durch die Halle. Ihre Gesichter waren wie versteinert und erinnerten Quait irgendwie an seine Drillübungen beim Militär. Schließlich betraten sie den Korridor mit der Treppe, die hinauf zu Mikes Zimmer führte.
Flojian machte die anderen noch einmal darauf aufmerksam, daß der Hausdämon sie wahrscheinlich beobachtete und ohne Zweifel jedes Wort belauscht hatte, das gesprochen worden war. Sie stiegen die Stufen zum ersten Stock hinauf und betraten Mikes Zimmer. Draußen schien hell die Sonne, trotzdem war das Licht im Raum grau und schmuddelig.
»Mike?« sagte Avila. »Rede mit mir!«
Ein plötzliches Geräusch, ein Flattern am Fenster. Eine Taube. »Mike? Ich weiß, daß du da bist.«
»Ich bin immer da.« Die Stimme klang tonlos und kalt.
»Jon ist tot.«
»Ich weiß. Es tut mir leid.«
»Was ist geschehen?«
»Angesammelte Gase, denke ich. Hattet ihr eine offene Flamme?«
»Eine Öllampe.«
»Daran habe ich nicht gedacht. Ich dachte, die einzige Gefahr für euch wäre Elektrizität, und selbst dieses Ris i ko schien minimal.«
»Du hast kein Wort von Risiken gesagt.«
»Risiken gibt es immer, Avila. Es tut mir leid. Ich konnte ihn nicht warnen. Ich erhalte keine Bilder mehr von dort, deswegen wußte ich auch nicht, daß es ein Pr o blem gab, bis ich die Explosion hörte.«
»Also schön«, sagte Flojian, ohne sich an die Vereinbarung zu halten. »Auch uns tut es leid. Aber das ändert nichts mehr, oder?«
»Kannst du mich jetzt sehen?« fragte Avila.
»Nein.«
»Aber es gibt Stellen in diesem Gebäude, wo du uns sehen kannst?«
»Ein paar. Eine befindet sich in der Nähe des Doug h nut-Ladens unten in der Halle. Ich kann euch jedesmal sehen, wenn ihr dort vorbeigeht.«
Was für ein seltsames Wesen Mike doch war. »Warum treffen wir uns nicht an einem dieser Orte?«
»Weil es dort keine funktionierenden Lautsprecher gibt, Avila.«
»Avila!« flüsterte Quait. Seine Augen sagten: Komm endlich zur Sache!
Sie nickte. »Mike, möchtest du, daß wir es noch einmal versuchen?«
»Aber wir möchten dabei nicht in die Luft fliegen«, sagte Quait.
»Nein. Selbstverständlich nicht. Aber ihr müßt in die Betriebsräume. Seid besser vorsichtig, wenn ihr Türen öffnet.« Er unterbrach sich. Dann: »Und ja. Bitte. Ich möchte, daß ihr es tut. Wenn ihr noch wollt.«
»Du bist sicher?« fragte Quait. »Du wirkst so angespannt.«
»Ich war nie in diesen Gängen, Quait«, sagte Mike. »Ich wurde programmiert, um die Züge zu überwachen und das Personal zu verwalten, und nicht, um bei Ei n brüchen behilflich zu sein. Ich gebe mein Bestes, um euch zu helfen.«
»Bis jetzt war dein Bestes nicht eben besonders gut«, brummte Flojian.
»Ich weiß. Hört zu, ich habe ein Geschenk für euch. Eine kleine Wiedergutmachung für das, was ihr verloren habt. Welche Waffen besitzt ihr?«
»Gewehre und Pistolen. Warum?«
»Welche Form von Munition braucht ihr?«
»Kugeln.« Quait runzelte die Stirn. »Gibt es denn auch andere Munition?«
»Sucht nach einer Tür mit der Aufschrift SICHE R HEIT. Ihr werdet einen Vorraum und einen zweiten, ve r schlossenen Raum dahinter finden. In diesem Raum l a gern Handfeuerwaffen, die zum Einsatz gegen aufständ i sche Menschenmassen geschaffen wurden. Sie sind han d tellergroß und besitzen die Form von Keilen. Die meisten befinden sich noch in ihrer Originalverpackung und müssen zuerst aufgeladen werden. Ich erkläre euch, wie man das macht.«
»Was sollen wir
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