Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
Quait saß warm und trocken, in eine Decke gehüllt, und starrte ins Feuer. Es war alles, was er sich im Augenblick wünschte.
    »Danke«, sagte Flojian nach einer Weile.
    Chaka verstand. Sie umarmte ihn und drückte ihre Wange an die seine. Er war kalt. »Schon gut«, sagte sie.
    Später zog sie das Journal hervor und schrieb alles nieder. Sie skizzierte die Stelle, wo sie Avila eingeäschert hatten. Chaka wußte, daß sie eines Tages zu dieser Stelle zurückkehren würde – falls sie je lebend nach Hause käme.
    Es war nicht zu erkennen, welchen Zweck die Höhle einmal erfüllt hatte. Sie war ganz sicher nicht natürlichen Ursprungs. Die Wände waren gekachelt. Die Farbe war längst ausgewaschen. Grau und fleckig klebten sie an den Wänden und gingen in eine gerundete hohe Decke über. Ein Muster aus bunten Linien schmückte die Wände. Die Höhle war breit, viel breiter als die Ratshalle daheim, in der hundert Menschen Platz finden konnten, und sie führte tief in den Berg hinein. Möglicherweise sogar viele Meilen.
    Donner brachte die Wände zum Beben, und sie lauschten dem stetigen Prasseln des Regens.
    Quait hatte gerade den Topf vom Feuer genommen und schenkte den anderen Tee aus, als ein Blitz direkt über ihren Köpfen einschlug. In gespielter Ergebenheit gegenüber dem Gott des Sturms hob er die Tasse zur Decke. »Vielleicht hast du recht«, sagte er. »Vielleicht sollten wir die Warnung ernst nehmen.«
    Der Blitz war in einen korrodierten T-Träger eingeschlagen, ein unförmiges Stück Metall, das neben dem Höhleneingang aus der Felswand ragte. Der größte Teil der elektrischen Energie verschwand im Gestein, doch ein Teil sprang auf ein einzelnes vergrabenes Kabel über, folgte der Leitung bis hin zu einer Verteilerdose, floß von dort aus durch eine Reihe von Schaltkreisen und setzte mehrere alte Relais unter Strom. Eines dieser Relais leitete Energie in ein lange abgeschaltetes Reservesystem, ein zweites aktivierte eine Reihe von Sensoren in der Höhle, die augenblicklich sämtliche Geräusche überwachten. Und ein drittes Relais legte – nach einer angemessenen Verzögerungszeit – einen uralten Schalter um und aktivierte das einzige Programm, das all die Jahrhunderte überlebt hatte.
     
    Der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Chaka beobachtete, wie Flojian wegdämmerte. Quait saß noch lange Zeit da, kaute Beeren und Biskuits, trank Tee und redete über belanglose Dinge. Daß ihn diese Expedition an das Leben beim Militär erinnerte, aber daß der Tod hier unerwartet kam. Wie kalt es in diesem Teil der Welt war. (»Ich weiß, daß wir nach Norden gereist sind, aber wir haben jetzt Mitte April. Wann wird es endlich warm?«) Wie effektiv die Keilwaffe gewesen war. Er hatte seine eigene aus dem Gepäck genommen und wollte sich nicht wieder ohne überraschen lassen. Und dann, ganz unvermittelt, als wollte er, daß die Frage offiziell beantwortet würde: »Glaubst du wirklich, daß wir umkehren sollten?«
    »Ja.«
    »Morgen schon?«
    »Ja. Solange wir unser Floß noch wiederfinden können.«
    »Damit wäre es also beschlossene Sache. In Ordnung. Ich glaube nicht, daß irgend jemand uns den Vorwurf machen kann, wir hätten es nicht versucht. Wir werden Flojian morgen früh den Vorschlag unterbreiten und ihm Gelegenheit geben, darüber zu diskutieren, falls er das möchte.«
    »Das glaube ich nicht.«
    Das Feuer brannte nieder, und sie hörte Flojians leichtes Schnarchen. »Wir haben keinen Grund zu der Annahme, daß wir bisher auch nur in die Nähe von Haven gekommen sind«, sagte sie. Das Gewitter zog langsam weiter. Das stetige Prasseln des Regens wurde schwächer und versiegte nach einer Weile ganz.
    »Du hast recht, Chaka«, sagte Quait. Es war seine letzte Bemerkung für den Abend.
    Er hatte zwanzig Pfund Gewicht verloren, seit sie zwei Monate zuvor von Illyrien aufgebrochen waren. Er war sichtlich gealtert, und die gutgelaunte Nonchalance, von der sie sich in den ersten Tagen so angezogen gefühlt hatte, war verschwunden. Er war nüchtern und sachlich geworden, und sonst nichts mehr. Auch Chaka hatte sich verändert. Die Chaka Milana, die an diesem Abend beim Feuer lag, wäre gewiß niemals leichtsinnig zu einem derart gefährlichen Abenteuer aufgebrochen.
    Sie bemühte sich, gegen die aufkommende Verzweiflung anzukämpfen, und machte sich unter ihren Decken ganz klein. Wasser tröpfelte von den Bäumen. Ein Scheit zerbrach, und Funken stoben vom Feuer auf. Chaka schlief ein.
    Sie wußte nicht

Weitere Kostenlose Bücher