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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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»Das soll keine Beleidigung sein, aber dieser Ort sieht aus, als sei er schon vor langer Zeit verlassen worden.«
    »Ja, das tut er, in der Tat.«
    Chaka starrte zu Quait, der wie ein Toter schlief. Er hätte nichts ausrichten können, wenn Tuks durch die Nacht herangeschlichen wären. Sie hatten sich in der Höhle so sicher gefühlt, daß sie nicht einmal eine Wache aufgestellt hatten. »Wo hatten Sie sich versteckt?« wollte Chaka von Winston wissen.
    »Verzeihung?«
    »Wir sind schon ein paar Stunden hier. Wo waren Sie während dieser Zeit?«
    Er blickte sie unsicher an. »Ich komme und gehe«, sagte er schließlich. Ungelenk nahm er Platz und streckte die Hände über das Feuer. »Ah. Das tut gut.«
    »Es ist kalt.«
    »Sie haben nicht zufällig etwas Brandy bei sich?«
    Was war das nun schon wieder? Brandy? »Nein«, sagte sie. »Haben wir nicht.«
    »Eine Schande. Brandy ist gut für meine alten Knochen.« Er zuckte die Schultern und blickte sich um. »Merkwürdig«, sagte er. »Hier scheint alles ziemlich vor die Hunde gegangen zu sein, wie die Amerikaner zu sagen pflegen. Wissen Sie vielleicht, was hier geschehen ist?«
    »Nein.« Chaka hatte nicht einmal die Frage verstanden. »Ich habe keine Ahnung.«
    Winston legte seinen Hut auf den Schoß. »Ja. Wir scheinen ganz allein zu sein«, sagte er. Irgendwie erhielt die allgemeine Trostlosigkeit noch mehr Bedeutung dadurch, daß er sie bemerkt hatte. »Ich bedaure gestehen zu müssen, daß ich noch nie von Illyrien gehört habe. Darf ich fragen, wo dieses Illyrien liegt?«
    »Zwei Monate in südwestlicher Richtung. Im Tal des Mississippi.«
    »Ich verstehe.« Sein Ton ließ eindeutig erkennen, daß er keineswegs verstand. »Nun ja, wenigstens weiß ich nun, wo der Mississippi liegt.« Er lachte, als hätte er eine lustige Bemerkung gemacht.
    »Und Sie kennen Illyrien wirklich nicht?«
    Er sah ihr in die Augen. »Ich fürchte, ich kenne eine ganze Menge nicht.« Seine Stimmung schien sich wieder zu verfinstern. »Sind Sie und Ihre Freunde auf dem Weg nach Hause?« fragte er.
    »Nein«, antwortete Chaka. »Wir suchen Haven.«
    »Haven?« Er blinzelte. »Wo um alles in der Welt soll denn das sein?«
    »Das wissen wir nicht, Winston.«
    »Nun, dann schätze ich, Sie werden ziemlich lange danach suchen müssen. Einstweilen können Sie natürlich gerne hier bleiben. Obwohl ich glaube, es ist nicht besonders komfortabel.«
    »Nein, ist es nicht. Aber danke sehr. Sie kennen nicht rein zufällig Haven?«
    Winston sah sie an, und auf seiner Stirn erschienen tiefe Falten. In seinen Augen leuchtete ein brütendes Feuer.
    »Liegt es vielleicht in der Nähe von Toronto?«
    Chaka blickte zu Quait hinüber und überlegte, ob sie ihn vielleicht wecken sollte. »Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Wo liegt dieses Toronto?«
    Ihre Frage entlockte Winston ein breites Grinsen.
    »Nun«, sagte er, »mir scheint, einer von uns beiden hat sich gründlich verirrt. Ich frage mich nur wer?«
    Sie bemerkte das Blitzen in seinen Augen und erwiderte sein Grinsen. Sie hatten sich beide verirrt.
    »Wo liegt Toronto«, fragte sie erneut.
    »Dreihundert Kilometer nordöstlich von hier. Fahren Sie einfach über den Highway 401.«
    »Highway 401? Sie meinen eine der Straßenbauerstraßen? Hier gibt es weit und breit keine Straße. Wenigstens keine, die mir aufgefallen wäre.«
    Die Zigarette in Winstons Mund glimmte auf und wurde wieder dunkel. »Meine Güte«, sagte er. »Es muß wirklich ziemlich lange her sein.«
    Sie zog die Knie an und schlang die Arme um die Beine. »Winston, ich muß gestehen, daß ich nicht viel von unserer Unterhaltung verstehe.«
    »Genausowenig wie ich.« Er sah ihr tief in die Augen. »Was ist dieses Haven?«
    Seine Unkenntnis erschreckte sie nicht. Schließlich hatte Mike auch nichts davon gewußt. »Haven war die Heimat von Abraham Polk«, erwiderte sie hoffnungsvoll.
    Winston schüttelte den Kopf. »Versuchen Sie’s noch mal«, sagte er.
    »Polk lebte gegen Ende des Straßenbauerzeitalters. Er wußte, daß die Welt untergehen und daß die Städte sterben würden. Er rettete, was zu retten war. Die Schätze. Das Wissen. Die Geschichte. Alles. Und er brachte alles zu einer Festung mit einem unterseeischen Eingang.«
    »Ein unterseeischer Eingang, soso«, sagte Winston. »Das muß ziemlich weit von hier sein. Und wie wollen Sie in diese Festung gelangen?«
    »Ich glaube nicht, daß wir so weit kommen«, erwiderte Chaka. »Wir stehen nämlich im Begriff aufzugeben

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