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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Haus stand in dem kleinen Verwaltungsviertel in der Nähe des Imperiums. Leichter Regen tröpfelte gegen die Scheiben. Chaka starrte hinaus auf die gewundene Kiesstraße, die bei ihrem Eintreffen noch voller Menschen gewesen war und jetzt verlassen dalag. Die Dämmerung war hereingebrochen, und ein Sturm zog auf.
    Silas zog die Lampe näher an die Zeichnung, die mit Die Stadt unterschrieben war. »Sie haben nicht zufällig Showron gelesen?« erkundigte er sich.
    »Ich habe noch nie von ihm gehört.«
    »Showron Voyager. Er war ein Baranji-Gelehrter. Man erzählt sich, er sei gegen Ende seines Lebens in Haven gewesen. Er hat über die Gelehrten und Wächter geschrieben, die noch immer dort leben, Generationen nach der Zeit, in der Polk zu seiner Oktoberpatrouille aufgebrochen war. Eigentlich beschreibt er seine gesamte Reise.« Silas tauchte einen Stift in sein Tintenfaß und fing an zu schreiben. Ab und zu hielt er inne und starrte auf die Wand. Als er fertig war, betrachtete er kritisch das Resultat, änderte ein Wort und reichte schließlich Chaka das Blatt.
     
    Wir flohen vor den Dämonentürmen
    Und erreichten am Ende Mamara
    Mit seinen ruhelosen Geistern.
     
    »Dämonentürme und ruhelose Geister«, sagte er lächelnd. »Klingt geheimnisvoll, nicht wahr?«
    Er trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Die Dämonen mögen vielleicht nur eingebildet sein«, sagte er geringschätzig. Er blickte auf die Zeichnung. »Aber diese Türme könnten genau das sein, wovon Showron in seinem Werk geschrieben hat.«
    »Das ist alles viel zu vage«, erwiderte Chaka.
    »Vielleicht auch nicht.« Silas zog eine eigene Zeichnung hervor. »Diese hier stammt aus einer Baranji-Ausgabe der Reisen.« Die Baranji hatten für kurze Zeit im Mississippi-Tal gesiedelt, bevor die modernen Städte zu Macht und Einfluß gelangt waren. »Das Original befindet sich in Makar.«
    Die Zeichnung zeigte eine Felswand, an der seitlich eine Plattform mit einer Rampe angebracht war. Auf der Rampe befand sich ein merkwürdiger, geschoßförmiger Gegenstand. Daneben standen zwei menschliche Gestalten, die sich offensichtlich unterhielten. Die Szene schien sich hoch über dem Erdboden zu ereignen.
    »Was ist das?« fragte Chaka.
    »Das dort ist ein Fahrzeug. Ich bin kein guter Zeichner, deswegen ist es nicht leicht zu erkennen. Im Original ist das Fahrzeug auf eine Art dargestellt, die Bewegung vermittelt. Aber sehen Sie, hier.«
    Sie erkannte nicht, worauf Silas hinauswollte, bis er die dreizehnte Zeichnung, Haven, vor ihre Nase schob. Eine leichte Wölbung hier. Ein schmales Sims dort. Vertikale Linien im Fels. Es sah aus, als wäre es genau die gleiche Felswand. »Sie haben es tatsächlich gefunden«, sagte sie schließlich.
    »Vielleicht. Aber vielleicht hat Arin dieses Bild hier gesehen und malte es nach. Möglicherweise war es ihm nicht bewußt. Oder es ist alles nur ein Zufall. Was auch immer, wie können wir herausfinden, wo sie gewesen sind?«
    Er plapperte die Worte aus, ohne gleich zu bemerken, was er Chaka da vorschlug, und dann sahen sich beide unbehaglich über den Tisch hinweg an.
     
    Chaka hatte eigentlich nicht beabsichtigt, irgend jemandem von ihrer Tat zu berichten, am allerwenigsten Raney. Doch irgendwie konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Nachdem sie in ihrem Haus gemeinsam zu Abend gegessen hatten, erzählte sie ihm die Geschichte. Er reagierte, wie sie es vorhergesehen hatte: er setzte ein ernstes Gesicht auf und fragte sie, ob sie den Verstand verloren hätte. »Weißt du eigentlich, was passiert wäre, wenn man dich geschnappt hätte?«
    »Ich schätze, man hätte mir in den Hintern getreten und mich gewarnt, ja nicht wiederzukommen.«
    »Günstigstenfalls. Es hätte auch schlimmer werden können.« Manchmal redete er mit ihr, als wären sie verheiratet. Illyrien war eine Gesellschaft im Umbruch. Unter den Imperatoren war sie puritanisch gewesen. Die Herrscher waren Verfechter der Unantastbarkeit der Familie und der Ehre der Frauen gewesen, während sie selbst Harems unterhalten hatten. Der Sturz der Autokratie und das Aufkommen republikanischer Prinzipien hatten ein neues Gefühl von Freiheit erwachen lassen. Die alten Institutionen und Machtzentren waren davongeschwemmt worden, und mit ihnen, meinten wenigstens einige, die Schicklichkeit und allgemeine Höflichkeit untereinander, die für eine Zivilisation wesentlich sind. In den Straßen ging es rauher zu, in den Basaren wurde gedrängelt und gestoßen, man

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