Die ewige Straße
Material, das allerdings unmöglich richtiges Leder sein konnte, weil es noch immer geschmeidig und in gutem Zustand war. Sie öffneten den Koffer und fanden Schreibinstrumente und metallene Geräte und Scheiben wie die in den Vitrinen der Museen. Sie fanden außerdem ein Notizbuch mit der Aufschrift EXECUTRAK, doch als sie es aufschlugen, war nichts als lauter Staub darin. »Eine Schande«, sagte Silas. »Sie produzierten alles für die Ewigkeit, nur nicht ihr Papier.«
Gegen Mittag kam eine weitere Straße in Sicht. Sie verlief in Kurven durch den Wald zur Höhe herauf und mündete in die Wildwaldstraße. Chaka entfaltete die Karte, die Shannon ihnen gezeichnet hatte. »Das hier müßte es sein«, sagte sie. »Irgendwo ganz in der Nähe müßte ein Baum mit einer Markierung stehen.«
Sie verteilten sich und suchten, und plötzlich vernahm Chaka eine bekannte Stimme. »Der Baum steht hier drüben.« Sie drehte sich um und sah Jon Shannon auf einem umgefallenen Baumstamm sitzen.
Quait zog seinen Revolver.
»Nicht schießen!« Chaka glitt aus dem Sattel und eilte zu Shannon. »Es ist Jon!« Sie umarmte den Waldläufer. »Sie sind weit weg von zu Hause«, sagte sie.
Er nickte, und Chaka stellte ihn den anderen vor. Shannon schüttelte jedem die Hand.
»Hier also fängt es an«, sagte er und deutete auf einen großen Baumwollbaum. Jemand hatte in Augenhöhe drei Striche in den Stamm geschnitzt, die parallel zur Wildwaldstraße verliefen.
»Was hat das zu bedeuten?« erkundigte sich Flojian.
»Daß wir auf der richtigen Straße sind. Geradeaus, gleichgültig, welche Richtung das sein mag.« Shannon band drei Pferde los und führte sie unter den Bäumen hervor auf den Weg. Ein breitkrempiger Hut schützte ihn vor der Sonne. Auf seinem Gesicht war keine Gefühlsregung zu erkennen.
»Haben Sie Ihre Meinung geändert?« fragte Chaka. »Kommen Sie mit?«
»Ja«, antwortete er. »Ich denke, ich würde gerne mitkommen, falls das Angebot noch steht.«
»Warum?« wollte Quait wissen.
Shannon zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich dachte irgendwie, es wäre richtig.«
Silas sah die anderen der Reihe nach an. »Hat jemand Einwände?«
»Ich kenne Jon Shannon schon lange«, sagte Chaka. »Wir können ihn gut gebrauchen.«
Quait fragte sich, ob in diesem Augenblick ein Rivale auf der Bildfläche aufgetaucht war. Andererseits sah Shannon tatsächlich aus, als fände er sich in den Wäldern zurecht. »Meinetwegen«, sagte er.
Der Ohio bog nach Norden hin ab, und einige Tage später war er außer Sicht. Eine gigantische Straße überquerte ihren Weg. Die Konstruktion war teilweise eingestürzt und blockierte die Wildwaldstraße. »Sieht aus, als hätte ein Tunnel unten drunter durchgeführt«, mutmaßte Shannon. Zu beiden Seiten der Trümmer standen Baumwollbäume mit den drei parallelen Markierungen. Geradeaus also. »Wir klettern hinüber. Auf der anderen Seite geht es weiter«, sagte er.
Eine halbe Meile weiter begann dichter Wald, und die Wildwaldstraße verlor sich darin. »Haben wir einen falschen Weg eingeschlagen?« fragte Silas. Er führte die Gesellschaft und wandte sich verdrießlich zu dem halben Dutzend Reitern um.
»Sie hatten die Richtung zu Beekums Weg eingeschlagen«, sagte Shannon. »Es ist nicht weit von hier.«
Ein dichtes Blätterdach sperrte jegliches Sonnenlicht aus. Im Gänsemarsch bewegten sie sich zwischen Büschen und Dickicht hindurch. Die Bäume, meist Ulmen oder Schwarzeichen, trugen alle fünfzehn oder zwanzig Yards Markierungen. Nach und nach entwickelte Chaka richtiggehend Dankbarkeit für Landon Shays Weitsicht.
Sie erreichten ein Ruinenfeld. Steinmauern, Hojjies, eine alte Kirche, eine Fabrik, Läden. Ein paar der Gebäude waren zwischen gigantischen Bäumen eingedrückt; stumme Beweise ihres Alters. Ein Metallpfosten lag umgestürzt da. Er trug am oberen Ende ein rechteckiges Schild. Silas wischte es mit einem Lappen sauber.
700 Madison.
»Es ist ein Straßenschild«, erklärte er den anderen. »In den Vitrinen im Imperium haben wir eine ganze Reihe davon.« Ein paar Minuten später entdeckten sie ein zweites Schild. Es war noch größer und trug die Inschrift A L BEN BARKLEY MUSEUM und einen Pfeil darunter.
Der Pfeil deutete nach oben.
»Welch ein merkwürdiger Name«, sagte Chaka.
Spät am nächsten Vormittag erreichten sie Beekums Weg. Die Straße war schmal und stark überwachsen.
»Wer war Beekum?« erkundigte sich Avila.
»Ein berüchtigter Bandit«,
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