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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Shannon nahm sein Gewehr auf und schob eine Patrone in den Verschluß.
    »Das ist Arins Drache«, sagte Chaka. Sie rappelte sich hoch und nahm ihr eigenes Gewehr zur Hand, obwohl sie nicht glaubte, daß Kugeln dieses Ding aufzuhalten vermochten.
    Plötzlich brach es auseinander und löste sich in einzelne leuchtende Bestandteile auf. Vier Stück. Einer hinter dem anderen.
    Jetzt bewegte es sich ostwärts, als wollte es vor ihnen parallel zum Fluß vorbeiziehen. Alle sechs hielten den Atem an.
    Es wurde langsamer.
    Chaka beobachtete, wie es sich näherte, beobachtete, wie seine Lichter über die Wasseroberfläche glitten, hinter einzelnen Bäumen verschwanden und wieder zum Vorschein kamen.
    Es verursachte nicht das kleinste Geräusch. Nichts war zu hören, außer dem Wind über dem Fluß, dem Summen der Insekten und dem Wiehern der Pferde.
    »Es hält an!« flüsterte Silas aufgeregt.
    Aus den vier leuchtenden Bestandteilen waren Reihen einzelner Lichter geworden. Augen, dachte Chaka. Di e ses Ding hat tausend Augen.
    Der Wald drohte es zu verschlucken, doch die Menschen sahen das helle Licht durch die Bäume hindurch. Jetzt war es fast genau auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses.
    Chaka hörte, wie Quait fragte: »Was hältst du davon, Silas?«
    »Stimmen reisen weit über das Wasser«, flüsterte Shannon. »Laßt uns später darüber reden.«
    Das Ding tauchte wieder über den Bäumen auf und verharrte in der Luft. Seine Lichter glitten über das Wasser.
    »Glaubst du, es weiß, wo wir sind?« flüsterte Chaka zu Quait.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Und worauf wartet es dann?«
    Als Antwort drängte er sich enger an sie.
    Eine Wolke trieb vor den Mond.
    Der Drache rührte sich nicht.
    Chaka hatte das Gefühl, als wäre eine Stunde vergangen, bevor die Lichter auf der anderen Seite des Flusses blinkten und das Ding sich wieder in Bewegung setzte. Zurück in die Richtung, aus der es gekommen war.
    Sie beobachteten, wie es zwischen den Bäumen dahinflog und sich durch die Nacht entfernte. Es gewann an Geschwindigkeit und erhob sich über die Bäume. Die Lichter vereinigten sich wieder. Nach einer Weile wurden sie dunkler, und innerhalb weniger Minuten waren sie ganz verschwunden.

Kapitel 13
     
     
    Jon Shannon hatte in Avila eine verwandte Seele entdeckt. Die frühere Priesterin war eine einzelgängerische Persönlichkeit, die zwar die Gesellschaft anderer Menschen genoß, aber nicht auf sie angewiesen war. Avila war die einzige von seinen fünf Schützlingen, die im tiefen Wald nicht verloren wirkte. Das hatte nichts mit ihren Fähigkeiten zu tun, in der Wildnis zu überleben. Flojian kam besser mit den Pferden zurecht, Chaka war geschickter bei der Jagd, und Quait war ein besserer Scharfschütze. Doch im Gegensatz zu den anderen hätte Avila ein Wesen des Waldes sein können. Sie liebte die laubbedeckten Lichtungen und die grüne Stille, und sie dachte kein einziges Mal voller Heimweh an Illyrien. Und obwohl stets sie es war, die als erste davon sprach, eine Pause einzulegen, damit die Tiere oder Menschen ausruhen oder sie die Vorräte wieder auffüllen konnten, reagierte sie auf Verspätungen ungeduldig. Sie war stets begierig weiterzuziehen und zu sehen, wohin die Straße führte.
    Wie die große Mehrheit der Illyrer hatte auch Jon Shannon nie Lesen und Schreiben gelernt, und deswegen teilte er auch nicht die allgemeine Begeisterung über die Stimme Mark Twains und die anderen Schätze, die vielleicht in Haven auf sie warteten. Er war nur aus einem Grund bei den anderen: Er wußte, daß sie ihn brauchten.
    Gegenüber den beiden Frauen verspürte er eine besondere Verantwortung. Und so überraschte es ihn nicht weiter, daß Sie es waren und nicht ihre männlichen Begleiter, die vorschlugen, den Fluß zu überqueren, und zwar trotz des Wesens, das nach Meinung aller nur ein Inkala sein konnte, ein Walddämon.
    Ihre Motive waren unterschiedlich. Chaka hatte kein Interesse, ohne Antworten nach Hause zurückzukehren. Auch verspürte sie keine Lust, Raney gegenüberzutreten, der sicher von oben herab betonen würde, alles gleich von Anfang an gewußt zu haben. Avila besaß kein Zuhause mehr, in das sie zurückkehren konnte. Ganz gleich, welche Auswirkungen der nächtliche Anblick auf die anderen gehabt haben mochte – Avila war fest entschlossen, notfalls auch alleine weiterzuziehen.
    Ganz anders bei den Männern. Selbst Silas zögerte, die Expedition fortzusetzen angesichts eines Anblicks, der nur

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