Die ewige Straße
sollten. »Es wird ihnen überhaupt nicht gefallen.«
»Sieh mal«, sagte Quait, »der Laufsteg ist vier Fuß breit. Schön, es geht ein wenig auf und ab, aber das ist kein Problem. Wären wir unten am Boden, würde niemand ein Wort darüber verlieren.«
Sie überquerten die Fahrbahn, erklommen auf der anderen Seite einen hohen Bordstein, kletterten auf den Laufsteg und stellten sich hintereinander auf. Jeder führte drei oder vier Pferde an unterschiedlich langen Zügeln, so daß die Tiere hintereinander gehen konnten. Quait ging als erster, und Shannon bildete den Abschluß.
Der Laufsteg führte über die Fahrbahn hinaus, und ein Geländer zog sich an der Seite entlang. Maschendraht umgab den Steg wie einen Korridor. Der Boden war stellenweise herausgebrochen und abgefallen, und an diesen Stellen war ein metallenes Gitterwerk zu sehen.
Parallel zum Laufsteg, jedoch fünfzig Fuß tiefer, verlief ein breites grünes Band. Es war ebenfalls mit der Brücke verbunden und bis auf die eine oder andere Bruchstelle intakt.
Tief unter ihnen endete der Wald vor dem Lehmufer, und dann gab es nur noch Wasser. Wind kam auf. Dünne Wolkenfetzen wanderten über den Himmel, und die Sonne schien hell. Trotzdem war es kühl so hoch oben, und Chaka wickelte die Zügel ihrer drei Pferde um das Handgelenk und vergrub die Hände tief in den Taschen.
Sie fragte sich, wer in den glorreichen Tagen der Straßenbauer über den Laufsteg gegangen war. Von hier oben waren Ruinen zu erkennen, so weit das Auge reichte. Hatten Menschen auf dem Laufsteg gestanden, in der Sicherheit hinter dem Maschenzaun, um die Aussicht auf die gigantische Stadt zu beiden Seiten des Ufers zu bestaunen?
Sie konzentrierte sich auf die Esplanade am gegenüberliegenden Ufer. Silas wollte unbedingt dorthin, sobald sie auf der anderen Seite angelangt waren. Er würde keine Ruhe geben, bevor er die Stelle nicht untersucht hatte. Chaka hätte es vorgezogen, den Fluß zu überqueren und weiterzuziehen.
Das Gebiet sah nicht sonderlich bedrohlich aus. Es war flach, und ein paar umgestürzte Pfosten lagen verstreut umher. Auf der Westseite öffnete sich der Wald zu dem Korridor, durch welchen das Ding in der letzten Nacht gekommen war.
Oberhalb der Esplanade blitzte graues Metall im Sonnenlicht.
Eine weitere Schale.
Sie sah jener beim Teufelsauge bemerkenswert ähnlich, nur, daß diese hier noch in ihrer Halterung verankert war, anstatt auf der Seite zu liegen. Sie zeigte in Richtung der Brücke. Wie die andere Schale auch, befand sie sich auf einer Anhöhe. Chakas Blick wanderte weiter.
Der Boden knirschte und schwankte, und die Tiere starrten sie aus angsterfüllten Augen an. Hin und wieder scheute eins der Pferde und zerrte an seinem Zügel. Sie hatten weniger Angst vor der Höhe als vor dem Gefühl eines unsicheren Bodens, erkannte Chaka. Silas hatte Schwierigkeiten mit einem Schecken. Das Tier riß sich immer wieder los, und Silas mußte anhalten und beruhigend auf es einreden und ihm über das Maul streicheln.
Chaka erreichte die Stelle, wo der Maschendraht weggebrochen war, und das Weitergehen kostete sie allen Mut, den sie aufbringen konnte. Nichts mehr lag zwischen ihr und dem Abgrund. Ihr Magen zog sich zu einem Klumpen zusammen. Sie konzentrierte ihre Gedanken auf Quait und starrte geradeaus auf den Horizont (Nur nicht nach unten sehen!), und sie fragte sich, was Raney wohl im Augenblick machte. Genieße die Aussicht auf die Hügellandschaft und den dichten Wald, sagte sie sich immer wieder. Eine bessere Aussicht wirst du nie wieder haben, sagte eine zweite, maliziöse Stimme. Auf der anderen Seite der zerstörten Brücke baumelten Kabel und Träger und zerfetzte Streben herab. Dahinter verlief die Fahrbahn über eine Rampe hinunter zum Ufer, wo sie wieder unter einer Schicht von Mutterboden und Humus und niedrigem Gestrüpp verschwand und in den Wald eintauchte. Chakas Blick folgte ihrem schnurgeraden Verlauf mühelos bis zu der Stelle, wo alles im Dunst verschwand.
Eine Wolke schob sich vor die Sonne. Stromaufwärts war der Fluß mit kleinen Inseln durchsetzt. Chaka erkannte die Überreste alter Hafenanlagen. Pfeiler, die in langen Reihen aus dem Wasser ragten, verfallene Gebäude und eine Maschine von monumentalen Ausmaßen, die wahrscheinlich dazu benutzt worden war, schwere Lasten zu heben. Es gelang ihr einfach nicht, sich zu entspannen, und als ein zweiter Windstoß kam und sie zum Rand hin schob, fiel sie einer Panik nahe auf die Knie.
»Alles
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