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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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nicht so flüssig zu sein, oder?«
    Liliane
zog amüsiert die Augenbrauen hoch und deutete auf Frau Weinwurms fleckigen
Rucksack, der neben einem Sessel lehnte, ein trauriges, unpassendes Stück, fand
Frau Weinwurm, in dieser glitzernden, hellen Eisköniginnen-Landschaft.
    »Ein
schöner Urlaub, nur wir zwei, den ganzen Tag lassen wir uns kneten und pämpern
und gehen rennen, so wie in den guten alten Zeiten, was meinst du?«
    Die guten alten Zeiten, die guten alten Zeiten!
    »Wirst
schon sehen, wie dir das gut tut! Ich hab eine andere Freundin von mir durch
das Weight-Watchers-Programm gepeitscht, jetzt geht sie brav dreimal am Tag auf
die Waage und ist ein völlig neuer Mensch, wird von Männern beachtetet, die
vorher durch sie hindurchgesehen haben. Du kannst mir nicht erzählen, dass dir
Männer egal sind, alles was recht ist, so was gibt es doch gar nicht! Wer will
schon unsichtbar durch das Leben gondeln? Puh, nun antworte doch mal! Was
starrst du mich so an?«
    Liliane
trank das Glas aus und stellte es auf den Tresen, Amalia würde es morgen schon
wegräumen. Frau Weinwurms helle Augen starrten sie immer noch an, die hellen
Wimpern bewegten sich nicht. Liliane spürte plötzlich eine leichte
Verunsicherung, ein Unbehagen, das ihr die glitzernden Schweißperlen auf
Ivonnes Stirn verursachte. Sie schluckte, versuchte dem harten Blick, der so
gar nicht in das weiche, aufgelöste Gesicht passen wollte, auszuweichen und
blinzelte als Erste.
    Wieso
hatte sie diesen Clown überhaupt mit in ihre Wohnung gebracht, welcher Teufel
hatte sie da geritten? Sie war überrumpelt gewesen, fassungslos, aber sie hatte
auch sofort das dringende Bedürfnis verspürt, Ivonne dies alles hier zu zeigen,
diese herrliche Pracht, all das, was sie geschafft hatte, ein menschliches
Bedürfnis, immerhin, denn es gab sonst niemanden mehr aus der Vergangenheit,
den sie hätte beeindrucken können. Und die finanzielle Überlegenheit der
Weinwurm-Familie, die Ivonnes grässliche Mutter durch alle Poren schwitzte, die
aber auch Ivonne durch ihre stets präsente Nachlässigkeit und ihr Desinteresse
an Status und Geld verkörperte, denn nur wenn man schon besaß, konnte man
darauf hinabsehen, es unwichtig finden – all dies hatte sie damals beinahe in
den Wahnsinn getrieben, ihren glühenden Neid wieder und wieder angefacht.
    Gleich
würde sie Ivonne an der Pension absetzen und dann nie wieder von ihr hören, nur
noch ab und an mit freundlichem Mitleid an sie denken, wenn sie irgendeine
fremde unförmige Albinofrau mit Entenarsch und prallen Dingern auf der Straße
sah und an die frühere Freundin erinnert würde. So hatte sie es in den letzten
Jahren gehalten und so war es gut! Liliane lächelte. Wenn der Gatte die Sprache
hören könnte, in der sie dachte!
    »Na
schön, keine Antwort ist auch eine Antwort! Schade, denn damals hat man doch
gesehen, dass man was aus dir machen kann, du warst auf dem besten Wege ein normales,
leidlich anzusehendes Mädchen zu werden. Aber gut.« Liliane zuckte mit den
Schultern. »Meine Schuld ist es nicht, ich hab alles getan, ich wollte dich
sogar einladen. Ganz alleine deine Schuld, meine Süße, ich wasche meine Hände
in Unschuld! Ganz alleine deine Schuld. Du ahnst nicht, was du verpasst!«
    Frau Weinwurm schloss die Augen
und kegelte davon, in einer weißen Welle, in der sie nicht wusste, wo oben und
unten war, wurde sie davongetragen in eine andere Zeit, in ein muffiges Haus
hinein und eine Kellertreppe hinuntergespült, ein Rauschen und Donnern, und sie
konnte nicht atmen, nicht sehen, nur hören, nur hören!
    Ganz – alleine -- alleine --
deine – deine – deine – Schuld -- Schuld
    »Ivonne?
Ivonne, Süße, SÜßE, was? WAS? Was hast du vor?! ... IVO...«
     

Die Flucht von Billy the Kid
    Noch bevor sie den
mittleren Knopf geschlossen hatte hielt Ivonne erstaunt inne, schlurfte dann
mit schlabbernder Hose aus der Umkleidekabine in das grelle Neonlicht der
C&A Jugendabteilung.
    Sie drehte sich vor dem
mannshohen Spiegel vor der Kabine, um ihre Rückfront zu studieren, und sie sah,
dass sie sich nicht geirrt hatte. Langsam knöpfte sie die Jeans zu und zog den
Bund von ihrem Bauch weg – sie hätte gut und gerne eine oder zwei von Herrn
Weinwums »Drei-Engel-für Charlie«-Boxen in den Zwischenraum schieben können.
Sie drehte sich zur Seite. Nun, wenn nicht zwei, dann in jedem Falle eine.
    Beladen mit bunten
Ringelsweatshirts zwängte sich Terese an runden Kleiderstangen vorbei.
    »Na, wie sitzt

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