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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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die Flaschenetiketten,
denn der überschäumende Luxus im Wohnzimmer betäubte sie, und die Bilder und
Gedanken stürmten auf sie ein, und sie wollte sie sortieren, verstehen,
unbedingt verstehen, denn sie wusste, seit sie die Leopardenfrau getroffen
hatte, dass etwas nicht stimmte, dass etwas von Grund auf nicht stimmte. Wimmerstaler
Hex’, Graf Winkelthal, Wimmerstaler Hex’, Graf Winkelthal, Wimmerstaler Hex’,
Graf Winkelthal, Graf Winkelthal, Wimmerstaler Hex’, Graf Winkelthal. Ihre
Augen huschten über die Etiketten, hin und her, und langsam veränderten sich
ihre wirbelnden Gedanken, sortierten sich, klarten auf und Frau Weinwurm atmete
ruhiger.
    Vorsichtig
schnüffelte sie in die Luft und roch - Misstrauen? Sie sog den Geruch ein und
spürte ihn bis in ihre Fingerspitzen, sie wusste nun mit absoluter Sicherheit,
dass sie Grund hatte, Liliane zutiefst zu misstrauen. Etwas war damals
passiert, dass es ihr ermöglich hatte, dass sie, Frau Weinwurm, der rote
Teppich gewesen war, auf den Liliane nach dem Ereignis einen Fuß gesetzt und
auf dem sie seither entlang geschritten war, ein schuldfreier, energischer
Gang, geeignet, Barrieren und Hindernisse zu überwinden, lästige Personen
hinter sich zu lassen, und sich den Weg zu den Menschen zu bahnen, die sie in
Leopardenfelle und Kaschmirdecken hüllten.
    Rein und unschuldig wie ein Baby? Durch mich? Was
ist ihr Geheimnis?
    In
einer süßlichen Parfumwolke schwebte Liliane in einem pailettenbedeckten,
schwarzen Abendkleid aus einem fernen Teil der Wohnung hinter die Bar.
    »Dein
Gesicht ist ja ganz... rot? Was ist das... schwitzt du? Sind das schon die
Wechseljahre?«  
    Liliane
lachte und öffnete einen kleinen Kühlschrank unter dem Tresen. »Bitte nicht,
dann bin ich wohl auch bald dran, und dafür fühle ich mich ein bisschen zu
jung. Bei dir... also ehrlich... ich könnte dein Alter nicht schätzen, wenn ich
dich nicht kennen würde. Willst du das Bad benutzen und diesen Schweißfilm
abwaschen? Gleich dort hinten im Flur, die erste Tür links. Du solltest mal ein
bisschen was für dich tun! Gehst du denn noch rennen?«
    Verboten!
    »Oder
mal zum Frisör? Wie viel Millionen Haarklammern sind das auf deinem Kopf?«
    Verboten!
    »Ich
glaube, ich muss mich mal wieder ein wenig um dich kümmern, dich unter meine
Fittiche nehmen, so wie damals!«
    Liliane
entkorkte eine Piccolo-Flasche Sekt und goss die perlende Flüssigkeit in ein
hohes Glas. Sie schüttelte ihr langes, schimmerndes Haar über die Schulter, es
glänzte wie das Fell eines seltenen Tieres, durchzogen von rötlichen Streifen,
blutige Striemen nach dem Kampf mit einem gegnerischen Tier.
    »Ich
nehme nicht an, dass du was willst? Wieso eigentlich nicht? Du siehst mir nicht
so aus, als würdest du nie was trinken, oder? Und wenn ich mich recht entsinne,
hast du bei unseren Übernachtungsparties gut mitgehalten, weißt du noch?«
    Liliane
trank einen Schluck und seufzte zufrieden.
    »Das
entspannt mich sofort, meine angespannten Nackenmuskeln lösen sich ratzfatz als
würde ich von zarten Thai-Händen massiert. Vor so einem Abend wie heute habe
ich immer ein bisschen Horror, Rotarier, FDP-Futzis, Wirtschaftsbosse, Tschief
Ekeskjutiffs und so. Aber da muss ich durch, das ist mein Job.«
    Liliane
trat hinter der Bar hervor und stellte sich neben Frau Weinwurm an die Theke,
schielte auf ihr gemeinsames Bild im Spiegel zwischen den Flaschenreihen. Sie
strich sich zufrieden über ihre Büste und den flachen Bauch und ließ ihren
Blick über Frau Weinwurms Rock gleiten.
    »Da
würde ich zweimal oder sogar dreimal reinpassen, Ivonne! Du musst wirklich was
tun, wozu hab ich mich denn damals abgerackert mit dir?«
    Das weißt du ganz genau. Damit ich lerne genau das
zu tun, was du sagst!
    Erstaunt
lauschte Frau Weinwurm ihren Gedanken und fixierte die mit Goldpuder bestäubten
Schultern, die zarten Schlüsselbeine, die sie zwischen die Finger nehmen und...
zerbrechen könnte wie Hühnerbeine? Goldschimmer auf Elfenbein, der Elefant am
Boden mit klaffenden Löchern, die majestätischen Beine von sich gestreckt, die
Füße abgesägt und zu Papierkörben verarbeitet, vielleicht stand auch einer hier
im häuslichen Arbeitszimmer des Zie-Ihh-Ohh oder im Badezimmer, ein Behältnis,
um nachlässig schmutzig braune Wattebäusche hineinzupfeffern?
    »Wir
machen mal einen Wellness-Urlaub zusammen, du gibst mir gleich erst mal deine
Adresse, was hältst du davon? Ich sponsore das Ganze, denn du scheinst mir...
ähh...

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