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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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ich wusste, dass das nicht zuletzt an Sharas Beinahetod in der Kirche lag, so bitter das auch klang. Es hatte im Orden immer wieder Ereignisse gegeben, die uns aufgerüttelt und auch zusammengeschweißt hatten, aber so was wie diese schreckliche Nacht hatte es nie gegeben. Shara gehörte jetzt unabänderlich dazu, war unzweifelhaft eine von uns, zumindest gab es für mich daran keinen Zweifel mehr. Ob sich diese Zugehörigkeit von ihrer Seite her auf das schöne Mal über ihrem Herzen beschränkte oder bis in dieses empfindsame Organ hinein gelangt war, würde die Zeit zeigen - wenn die Prinzessin denn lange genug bei ihren Rittern blieb, um die Zeit ihre Arbeit tun zu lassen.

2. Buch
2.1 Shara Als ich wach wurde, hatte ich die Orientierung verloren und musterte das fremde Schlafzimmer ratlos im verwirrenden Halbdunkel der geschlossenen Vorhänge. Die Burg der Kreuzritter in Südtirol, dämmerte es mir nach ein paar langen, leeren Sekunden, und damit das vierte Schlafzimmer seit einer Woche. Oder doch schon das Fünfte? Das erste Hotel, das zweite Hotel, das Krankenzimmer und schließlich das Gästezimmer im grauen Haus in Rom: Damit war das hier tatsächlich bereits das Fünfte, wenn ich mein eigenes in München mal großzügig übersah - und obwohl dieses Zimmer erklärtermaßen meins war, war es mir absolut fremd.
    Einziges Anzeichen meiner Anwesenheit waren meine Klamotten von gestern, die ich müde wie achtlos auf die Chaiselongue geworfen hatte, um dann in Unterwäsche ins Bett zu krabbeln - die Suche nach einem Schlafanzug hatte ich angesichts dutzender Schubladen und unzähliger Schranktüren im Ankleidezimmer rasch und frustriert aufgegeben. Jetzt tappte ich ins Bad, wo ich zum Thema Zahnbürste und Zahncreme zum Glück schneller fündig wurde, die nagelneuen Handtücher hinterließen feine Flusen auf meiner Haut, als ich mir das Gesicht abgetrocknete. Den Badeanzug zu finden war jedoch wieder eine langwierigere Sache, da Josies Sortierung in den Schränken keiner für mich logischen Ordnung folgte, dann machte ich mich auf den Weg zum Schwimmbad. Es war noch recht früh, draußen ging ein frischer Wind, und ein paar dicke Regentropfen klatschten mir ins Gesicht, als ich über den Rasen lief.
    Drinnen war es warm, aber nicht verlassen, wie ich insgeheim gehofft hatte: Jackson zog seine Bahnen, winkte mir aber nur einen kurzen Gruß zu und kraulte dann in einem Tempo weiter, das mich etwas entmutigte. Dafür legte ich einen halbwegs gekonnten Kopfsprung ins Becken hin und hielt dann tapfer zwanzig Bahnen durch, bis meine Oberarme schmerzten, meine Lunge um Erbarmen winselte und sich ein Krampf im rechten Fuß andeutete. Jackson war schon vor mir aus dem Becken geklettert und warf mir ein Handtuch zu, ich wickelte es mir um und ließ mich mit leicht zitternden Gliedern neben ihn auf eine Liege sinken.
    "Hast du gut geschlafen?", fragte er mich sehr höflich, ich nickte und erschnupperte ein wenig scharfes Chlor über seinem Zimtgeruch, was ihn irgendwie blankgeputzt erscheinen ließ.
    "Ja, super", antwortete ich wahrheitsgemäß, denn in der himmlischen Stille dieses einsamen Tals hatte ich tatsächlich so tief und fest geschlafen wie schon lange nicht mehr.
    Und nicht nur das: Ich fühlte mich heute Morgen endlich wieder richtig gut, gar nicht mehr schlapp oder kränklich - als hätte es das Pantheon und den Dolch in meiner Brust nie gegeben, oder wenn, dann vor sehr, sehr langer Zeit.
    "Deine Ohrlöcher sind übrigens weg", sagte Jackson, was mich überrascht meine Ohrläppchen betasten ließ.
    Er hatte Recht: Ich hatte mir die Löcher mit dreizehn oder vierzehn stechen lassen, weil alle anderen auch welche bekamen, und hatte dann für ungefähr zwei Wochen mit pochenden Ohren scheußliche Plastikkreationen getragen. Die Stecker hatten mich nachts jedoch gepiekt, ich hatte sie also vor dem zu Bett gehen herausgenommen - und irgendwann dann vergessen, sie morgens wieder rein zu tun. Die Löcher waren im Lauf der Jahre zugewachsen, aber sichtbar blieben - jetzt war die Haut unversehrt, der vorher noch spürbare, verhärtete Kanal war weg.
    "Die bist du auch bald los", sagte Jackson und deutete auf mein nasses Knie.
    Er meinte die Narbe, die ich mir bei einem Sturz mit dem Fahrrad zugezogen hatte: Ich war einen Berg runter gerast, in der Kurve unten auf Splitt ausgerutscht und hatte mir das halbe Bein aufgeschürft - ein großflächiges, weißlich-runzeliges Andenken an meinen ersten

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